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Indiana atmete hörbar auf. Reuben sah ihn verwirrt an, und Indiana stieß keuchend hervor:»Es ist alles in Ordnung. Ich dachte nur für einen Moment, ich — «

Das Wasser zwischen ihnen schien regelrecht zu explodieren. Keuchend und wasserspuckend tauchte der Soldat zwischen ihnen auf, warf sich mit einem gellenden Schrei zurück und überschüttete sie dabei mit einem weiteren Schwall eiskalten Wassers.»Ein Ungeheuer!«brüllte er.»Da ist irgend so ein verdammtes Monster!«

Wieder erklang ein dröhnender Schlag, und obwohl die Tür völlig unter Wasser lag, konnten Indiana und die anderen regelrecht spüren, wie sie mit furchtbarer Gewalt aufgerissen wurde und irgend etwas zu ihnen hereinkam.

Ein monströser Schatten erschien unter der Wasseroberfläche und glitt mit fantastischer Schnelligkeit auf Reuben zu, der gelähmt vor Schrecken und mit weit aufgerissenen Augen dastand und das formlose Etwas anstarrte, das sich ihm näherte. Reuben taumelte zurück, und plötzlich griff ein schuppiger Arm mit einer monströsen, sechsfingrigen Hand nach seiner Schulter, grub sich hinein — und zerrte den FBI-Beamten mit unvorstellbarer Kraft unter Wasser!

Indiana erwachte endlich aus seiner Erstarrung und warf sich vor. Aber seine Hilfe kam zu spät. Schaum und Wellen brodelten dort, wo Reuben verschwunden war. Für einen winzigen Moment glaubte er noch, zwei ineinander verschlungene, kämpfende Schatten zu sehen, aber als er anlangte, fanden seine tastenden Hände nichts mehr.

Auch einige der anderen Männer begannen zu schreien.

Plötzlich stürzten und rannten alle durcheinander. Das Wasser im Lagerraum begann Wellen zu schlagen, und das Licht flak-kerte.

«Die Lampe!«schrie Indiana entsetzt.»Paßt auf die Lampe auf!«

Niemand reagierte auf seine Worte. Ganz im Gegenteiclass="underline" Die Panik wurde nur noch schlimmer. Und eine Sekunde später vergaß auch Indiana die Petroleumlampe, die kopflos durcheinanderstürzenden Männer und überhaupt alles andere rings um sich herum, denn er starrte ebenso entsetzt wie Reuben zuvor auf eine Stelle dicht neben der Tür, an der plötzlich ein geschuppter, auf entsetzliche Weise mißgestalteter Schädel durch die Wasseroberfläche brach!

Indiana war nicht sicher, ob es ein Mensch war. Das Gesicht war eine verzerrte, glänzende Fratze, aus der ihm Augen wie aus einem Alptraum entgegenstarrten. Die Nase des Wesens war praktisch nicht vorhanden, der Mund ein lippenloser, dünner Schlitz wie der eines Fisches, und der Schädel war nur auf einer Seite behaart; die andere war von Geschwüren und Warzen bedeckt, und hier und da schimmerte es weiß, als träte der blanke Knochen zutage. Als das Wesen den Mund öffnete, erblickte Indiana eine doppelte Reihe nadelspitzer, nach innen gebogener Zähne.

Wieder begann das Wasser zu brodeln, und neben dem Ungeheuer erschien ein zweites, womöglich noch entsetzlicher anzusehendes Ding, das Indiana und die anderen aus riesigen, verquollenen Augen anglotzte. Ein verkrüppelter Arm hob sich aus dem Wasser und griff mit einer Hand, die diesmal zu wenige Finger hatte, nach Indiana.

Der schrie auf und warf sich zurück, aber seine Reaktion kam zu spät, denn er konnte sich in dem brusthohen Wasser nicht schnell genug bewegen. Die Hand packte ihn, zerrte ihn mit furchtbarer Gewalt herum und auf die beiden Ungeheuer zu. Indiana fand gerade noch Zeit, ein letztes Mal Atem zu schöpfen, dann wurde er unter Wasser gezogen und von zwei, drei weiteren unmenschlichen Händen gepackt und auf die Tür zu-gezerrt. Das letzte, was er klar registrierte, war, daß eine weitere Welle die Lampe traf und auslöschte, während mehr und mehr der fürchterlichen Kreaturen in den Laderaum des gekenterten Schiffes eindrangen und über die Männer herfielen.

Er verlor nicht wirklich das Bewußtsein, aber für einen Moment, kurz bevor er draußen durch die Wasseroberfläche brach und wieder atmen konnte, war er dem Tod sehr nahe gewesen; so nahe wie vielleicht niemals zuvor im Leben. Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen und was in diesen Minuten mit ihm geschehen war, bis sich seine Gedanken endlich wieder klärten und er sich keuchend und qualvoll nach Atem ringend, halb gegen einen Felsen am Ufer gelehnt wiederfand. Nur allmählich gewöhnte er sich an den Gedanken, noch am Leben zu sein. Er zitterte am ganzen Leib, und in seiner Brust tobte ein furchtbarer Schmerz, der nicht aufhören wollte, sondern mit jedem Atemzug nur schlimmer zu werden schien. Laute und verzerrte Schatten nahm er um sich wahr, die so fremdartig und nichtmenschlich waren, daß er im ersten Moment bemüht war, nicht hinzusehen und auch die Ohren zu verschließen.

Natürlich ging beides nicht. Er hörte nicht nur weiter das Dröhnen der Stromschnellen, sondern auch Worte, die er nicht nur nicht verstand, sondern die auch gar nicht wie eine Sprache klangen, sondern wie etwas völlig Fremdes, für das es keinen Ausdruck gab. Irgend etwas berührte ihn im Gesicht, etwas Kaltes und Hartes, das sich wie Metall anfühlte, und obwohl er die Augen fest geschlossen hielt, fiel es ihm nicht schwer, sich die zu diesem Gefühl passende Hand vorzustellen: riesig und verkrümmt, eine Kralle mit nur zwei oder drei Fingern, die von stahlharten Schuppen bedeckt war.

Das ist doch verrückt, dachte er. Er mußte sich das alles nur eingebildet haben. Das schlechte Licht und der Sauerstoffmangel hatten ihn Dinge sehen lassen, die es einfach nicht gab. Es gibt keine Monster, dachte er. Weder hier noch sonst wo auf der Welt. Er hämmerte sich diesen Gedanken immer wieder ein, während er sich dazu zwang, mit einer langsamen Bewegung zuerst den Kopf und dann die Lider zu heben. Es gibt keine Monster.

Es gab sie doch. Eines davon stand vor ihm, ein zwei Meter großer Koloß mit einem winzigen Kopf und Schultern, die so breit waren, daß es schon fast mißgestaltet wirkte. Seine Arme waren zu lang, und die Hände hatten tatsächlich nur drei Finger, aber sie waren zumindest nicht mit Schuppen bedeckt, sondern mit einer Haut, die wie Leder wirkte und von zahllosen Geschwüren und entzündeten Wunden übersät war. Obwohl er wie Indiana selbst gerade aus dem Wasser gekommen war und vor Nässe troff, strömte er einen durchdringenden Geruch nach Krankheit und Tod aus.

Das Ding stand einige Augenblicke lang reglos über Indiana gebeugt, dann schien es sich davon überzeugt zu haben, daß er am Leben und halbwegs unverletzt war, denn es wandte sich mit einer Grimasse um, von der Indiana erst sehr viel später begreifen sollte, daß sie ein Lächeln darstellte, und watete wieder ins Wasser zurück. Indianas Blick folgte der bizarren Gestalt wie hypnotisiert. Obwohl ihn der Anblick mit kaltem Entsetzen erfüllte, war es ihm gleichzeitig unmöglich, wegzusehen. Er starrte dem Koloß nach, bis er das gekenterte Schiff fast erreicht hatte und untertauchte.

Wenige Augenblicke später erschien dort, wo das Monster verschwunden war, eine andere, fast ebenso bizarr aussehende Gestalt. Und sie war nicht allein. Als sie sich mit grotesk aussehenden, aber sehr kräftigen Schwimmbewegungen dem Ufer näherte, erkannte Indiana, daß sie einen der Männer aus dem Lagerraum mit sich schleppte. Der Soldat mußte das Bewußtsein verloren haben, aber die bizarre Kreatur transportierte ihn auf die Art eines geübten Rettungsschwimmers — auf dem Rücken liegend und seinen Kopf auf die eigene Brust gebettet, so daß er atmen konnte.

«Sie holen alle raus«, sagte eine Stimme neben ihm.

Indiana wandte den Kopf und bemerkte erst jetzt, daß er nicht allein war. Neben ihm, zitternd, die Knie an den Körper gezogen und mit den Armen umschlungen und mit einer noch immer blutenden Platzwunde unter dem linken Auge, die bewies, daß er sich heftiger als Indiana gewehrt haben mußte, hockte ein kreidebleicher Reuben.»Ich verstehe es nicht — aber es sieht so aus, als wollten sie uns das Leben retten.«