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Ein scharfer, betäubender Schmerz fuhr durch Indianas Faust und lähmte seinen Arm bis zur Schulter hinauf. Er taumelte zurück, umklammerte seine rechte mit der linken Hand und starrte seine Knöchel an, die bereits anzuschwellen begannen.

Van Hesling schien den Schlag nicht einmal gespürt zu haben. Er stand einfach da, starrte Indiana Jones aus zusammengekniffenen, vor mörderischem Zorn funkelnden Augen an und streckte die linke Hand nach ihm aus. Seine rechte Schulter hing noch immer in der Tür fest, aber die hatte er mittlerweile vollends aus dem Rahmen gerissen, so daß er sie einfach hinter sich herschleifte. Er machte einen Schritt, öffnete den Mund, stammelte:»Odin!«und fiel stocksteif nach vorne. Indiana Jones mußte sich abermals mit einem hastigen Sprung zur Seite in Sicherheit bringen, um diesmal nicht von der herausgerissenen Tür erschlagen zu werden, die van Hesling dabei mit sich riß.

«O mein Gott! Der arme Mann!«

Dr. Rosenfeld kam mit weit ausgestreckten Armen und vor Entsetzen geweiteten Augen auf Indiana zu. Indiana nickte, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und betrachtete wehleidig seine immer stärker anschwellende Rechte.»Das können Sie laut sagen«, jammerte er.»Der Kerl hat — «

Dr. Rosenfeld lief einfach an ihm vorbei, kniete neben van Hesling nieder und versuchte ächzend, ihn auf den Rücken zu wälzen.

«Sie armer Kerl«, sagte sie.»Oh, Sie Ärmster. Was hat er Ihnen nur angetan?«In ihren Augen flammte die pure Mordlust auf, als sie den Blick hob und Indiana anstarrte.

«Sie Ungeheuer!«zischte sie vorwurfsvoll.»Wie konnten Sie nur mit diesem armen kranken Mann so umspringen?«

Indiana öffnete den Mund, starrte sie an und klappte ihn wieder zu. Er war… fassungslos. Seine rechte Hand pochte, als würde sie jeden Moment auseinanderplatzen, und er konnte von Glück sagen, daß er den Kopf noch auf den Schultern trug.

«Sie… Sie Monster!«rief Dr. Rosenfeld.»Wie konnten Sie nur?«

Indiana hatte seine Selbstbeherrschung mittlerweile so weit wieder-gefunden, um antworten zu können, aber inzwischen waren auch die anderen herangeeilt. Loben und von Ludolf standen einfach nur da und blickten mit steinernen Gesichtern auf Dr. Rosenfeld und den Bewußtlosen hinab, während die beiden Dänen und Bates versuchten, der jungen Ärztin dabei zu helfen, van Hesling auf den Rücken zu wälzen und seinen Arm aus der zerschmetterten Tür zu befreien. Browning war ein Dutzend Schritte entfernt stehengeblieben und blickte mit finsterem Gesichtsausdruck auf die Szene, während Mor-ton langsam neben Indiana trat und sichtlich Mühe hatte, nicht vor Lachen laut herauszuplatzen — was Indianas Laune auch nicht unbedingt hob.

«Das ist skandalös!«sagte Dr. Rosenfeld.»So etwas habe ich ja noch nie erlebt. Der Mann ist krank. Haben Sie das denn nicht gesehen?«

«Doch«, antwortete Indiana wütend.»Und zwar ziemlich krank. Offensichtlich bildet er sich ein, ein Vogel zu sein oder ein Hochseilartist. Dummerweise ist er keins von beiden.«

Dr. Rosenfeld starrte ihn an und schwieg.

Vielleicht war es gerade dieses Schweigen, das Indiana noch mehr in Rage brachte. Anklagend streckte er seine mittlerweile rot und blau angelaufene Hand vor und sagte:»Zum Teufel, Gnädigste — falls es Ihnen entgangen sein sollte: Ich habe Ihrem Zwei-Zentner-Baby gerade das Leben gerettet! Und mir um ein Haar den Hals und höchstwahrscheinlich wirklich die Hand gebrochen.«

«Sie hätten ihm fast den Schädel eingeschlagen«, erwiderte Dr. Rosenfeld gereizt.»Sehen Sie denn nicht, daß dieser Mann krank ist? Wie konnten Sie nur so grob mit ihm sein? Er wollte doch nur heim zu seinen Göttern.«

«Das habe ich gemerkt!«knurrte Indiana.»Aber ich hatte keine besondere Lust, ihm dabei Gesellschaft zu leisten. Ich halte nicht viel von der Bifröst. «Er ballte die Faust, obwohl ihm die Bewegung schon fast Tränen des Schmerzes in die Augen trieb, und fügte hinzu:»Wenn überhaupt, dann halte ich es mehr mit Thors Hammer.«

Morton lachte unterdrückt, und auch über Bates’ Gesicht huschte ein Grinsen, während Dr. Rosenfeld wohl endgültig zu dem Entschluß kam, daß es keinen Zweck hatte, sich weiter mit Jones zu streiten. Mit einem Ruck wandte sie sich wieder ihrem Schützling zu.

Morton berührte Indiana an der Schulter.»Kommen Sie«, sagte er.»Im Moment können wir hier nicht mehr ausrichten. Sie haben getan, was Sie konnten.«

«Ja!«meinte Dr. Rosenfeld, gerade so leise, daß die anderen es hören mußten, ohne sicher zu sein, daß sie es auch sollten.»Das kann man wirklich sagen.«

Vor der zudringlich gewordenen Presse blieb nur die Flucht aus dem Hotel. Keiner der Beteiligten hatte auch nur die geringste Ahnung, wie es den Journalisten gelungen war, so schnell Wind von dem zu bekommen, was sich im Hilton abgespielt hatte — aber als Indiana, Morton und Bates weniger als zehn Minuten danach aus dem Aufzug im Erdgeschoß traten, um sich auf den Schrecken an der Hotelbar einen Drink zu genehmigen, wurden sie nicht nur von einem sehr aufgebrachten Manager, sondern auch von einer ganzen Meute mit Stenoblöcken und Fotoapparaten bewaffneter Journalisten empfangen. Sie hatten sich sehr hastig wieder in den Aufzug zurückgezogen und sogar das Kunststück fertiggebracht, die Türen zu schließen (nachdem Bates zwei- oder dreimal auf vorwitzige Finger geschlagen hatte, die versuchten, sich dazwischenzudrängen), aber ein Mann, der eine Treppe hinaufrennt, ist allemal schneller als ein Aufzug — vor allem, wenn es sich um einen Reporter handelt, der auf der Jagd nach einer Story ist. Der Weg zurück in das oberste, von Browning angemietete und von seinen Leuten hermetisch abgeriegelte Stockwerk des Hilton war zu einem Spießrutenlauf geworden; wobei Indiana hinterher selbst nicht mehr genau wußte, wie sie ihn überlebt hatten.

Brownings Kommentar über das, was geschehen war, hatte die nächsten zehn Minuten beansprucht.

Und wiederum zehn Minuten später fand sich die ganze Gruppe — einschließlich Dr. Rosenfeld, die den mittlerweile wieder zur Besinnung gekommenen, aber noch immer sehr benommen dreinblicken-den van Hesling wie ein zu groß geratenes Baby an der Hand führte und Indiana Jones mit Blicken begrüßte, die einen Eisberg binnen einer Sekunde in eine Dampfwolke verwandelt hätten — auf einem schmuddeligen, mit Mülltonnen und überquellenden Wäschecontainern vollgestopften Hinterhof des Hilton wieder, den garantiert noch kein zahlender Gast des Hotels zu Gesicht bekommen hatte. Eine Ratte huschte quiekend davon, als Indiana aus der Tür trat, und der Deckel eines übergroßen Müllbehälters flog plötzlich hoch, und eine schmutzstarrende, gebeugte Gestalt sprang ins Freie und rannte davon.

Indiana sah sich stirnrunzelnd um, ließ seinen Blick einen Moment lang auf Dr. Rosenfeld und ihrem Begleiter verweilen, und murmelte dann:»Reizend.«

«Was meinen Sie damit?«fragte Morton, der neben ihm ging. Indiana grinste, zuckte mit den Schultern und wandte sich mit einem fragenden Blick zu Browning.

Der Regierungsbeauftragte starrte ihn finster an und tat so, als begriffe er nicht, was Indiana von ihm wollte. Indiana hätte in diesem Moment eine Menge dafür gegeben, Brownings Gedanken lesen zu können.

Seine schadenfrohen Überlegungen wurden unterbrochen, als das Brummen eines Motors näher kam. Alle wandten sich um, und nicht nur Indiana runzelte überrascht die Stirn, als ein riesiger weißgestrichener Kastenwagen mit der Aufschrift einer Wäscherei in den Hof rumpelte.

Browning hob die Hand, der Wagen vollführte eine enge Kurve und kam unmittelbar vor dem Regierungsbeauftragten zum Stehen. Die Tür flog auf, und ein junger Mann in der weißen Kleidung eines Reinigungsangestellten sprang heraus, ging um den Wagen herum und öffnete die beiden großen rückwärtigen Türen. Dahinter verbarg sich nicht das Innere eines Transporters, sondern eine doppelte Reihe gepolsterter, durchaus bequem aussehender Sitzbänke, zwischen denen sogar ein schmaler Tisch auf dem Boden des Wagens festgeschraubt war.