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«Mit… mit diesen Morden!«antwortete er.»Das war ein kriegerischer Akt, Erich! Das wird Konsequenzen haben. Sie werden sich persönlich für den Tod jedes einzelnen meiner Männer verantworten müssen!«

«Ihrer Männer?«wiederholte Erich nachdenklich.»Also geben Sie zu, daß Sie Mitglied dieser Verschwörung hier sind.«

«Verschwörung!?«krächzte Browning.

Erich nickte.»Natürlich. Oder wie würden Sie es nennen, wenn ein Staat mitten im Frieden eine schwer bewaffnete Einheit losschickt, um die Forschungsstation eines anderen Landes zu überfallen.«

«Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden!«knurrte Browning.

Erich setzte zu einer scharfen Antwort an, aber Indiana fiel ihm ins Wort:»Hören Sie doch auf. Dieses kindische Theater hilft keinem von uns weiter.«

Die Worte galten eher Browning, aber es war Erich, der darauf antwortete.»Wenigstens sind Sie vernünftig, Dr. Jones«, sagte er.»Daran habe ich auch niemals gezweifelt. Sie wußten wirklich nicht, welchem Zweck diese Expedition diente, nicht wahr? So wenig wie Dr. Rosenfeld, nehme ich an.«

Indiana antwortete nicht, und Browning sagte abermals:»Damit kommen Sie nicht durch. Das war Mord.«

Erich zuckte gelassen mit den Schultern.»Möglicherweise«, gestand er.»Aber ich glaube nicht, daß das noch eine Rolle spielt.«

Es dauerte noch eine Weile, bis auch Browning begriff. Er wurde bleich.»Sie wollen uns… ermorden?«fragte er fassungslos.

«Das ist ein häßliches Wort, Dr. Browning«, antwortete Erich lächelnd.»Ich würde den Begriff exekutieren vorziehen.«

«Das können Sie nicht tun!«

Überrascht sah Indiana auf. Es war von Ludolf gewesen, der die Worte gesprochen hatte. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er Erich an.

«Das verbiete ich«, sagte er.»Die meisten Männer hier sind verletzt. Und die, die noch leben, sind Kriegsgefangene. Ich lasse nicht zu, daß Sie sie einfach ermorden!«

«Die Männer hier«, erwiderte Erich kalt,»sind nichts anderes als gemeine Piraten. Fragen Sie doch Dr. Browning, wozu die Dragon wirklich unterwegs war.«

Er deutete mit einer herrischen Geste auf den Regierungsbeauftragten und fuhr fort:»Das Schiff war bis unters Dach mit Waffen vollgestopft. Und diese sogenannten Besatzungsmitglieder waren nichts anderes als eine Eliteeinheit der US-Navy, die in der Nähe unserer Basis abgesetzt werden sollte, falls der erste Angriff fehlgeschlagen wäre.«

Von Ludolf blickte Browning irritiert an.»Stimmt das?«fragte er leise.

Browning wich seinem Blick aus, aber Erich fuhr fort:»Natürlich stimmt es! Sind Sie so dumm, oder wollen Sie es nur nicht einsehen? Diese Männer hier sind Verbrecher. Sie bekommen nur, was sie verdienen!«

«Trotzdem wäre es Mord!«beharrte von Ludolf.»Ich lasse nicht zu, daß so etwas im Namen der Deutschen Wehrmacht geschieht!«

Erich machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten. Aber der Blick, mit dem er den Major maß, verriet Indiana, daß es ihm nicht unbedingt darauf ankam, einen Mann mehr oder weniger erschießen zu lassen.

Nach einer Weile wandte Erich sich wieder an Indiana.»Ich nehme an, Dr. Jones, daß ich es mir ersparen kann, Ihnen den Vorschlag zu machen, zu unserer Seite überzuwechseln? Wir können Männer wie Sie gebrauchen.«

«Sie haben recht«, antwortete Indiana.»Sie können sich die Frage wirklich sparen. «Aber dann fügte er hinzu:»Lassen Sie wenigstens Dr. Rosenfeld laufen. Sie hat wirklich nichts mit all dem zu tun.«

Erich drehte den Kopf und maß Mabel mit einem langen abschätzenden Blick. Ein dünnes, durch und durch böses Lächeln erschien auf seinen Lippen.»Dr. Rosenfeld«, meinte er nachdenklich.»Ein interessanter Name. Sagen Sie, Doktor, haben Sie irgendwelche jüdischen Vorfahren, oder woher stammt dieser Name?«

Mabels Gesicht schien zu Eis zu erstarren. Aber sie sagte kein Wort, sondern starrte Erich nur so durchdringend an, daß es nach einer Weile der deutsche Offizier war, der den Blick senkte.

«Was haben Sie jetzt mit uns vor?«fragte Browning.

Erich zuckte mit den Achseln.»Im Augenblick nichts«, antwortete er.»Im Gegenteil, ich gebe Ihnen mein Wort, daß Ihnen im Moment nichts geschehen wird. Solange Sie vernünftig sind, heißt das.«

«Und was verstehen Sie unter vernünftig?«fragte Mabel herausfordernd.

«Das liegt ganz bei Ihnen, Frau Doktor«, antwortete Erich freundlich.

«Wir werden eine Weile gemeinsam hier ausharren müssen, wie es aussieht. In zwei Tagen kommt ein Schiff, das uns abholt. Sie haben die Wahl, ob Sie die beiden Tage als Gefangene in diesem Zelt verbringen oder mit uns zusammenarbeiten möchten. Sollten Sie sich dazu entschließen«, fügte er nach einer winzigen Pause hinzu,»könnte ich vielleicht sogar vergessen, daß Sie Jüdin sind.«

«Sie Schwein!«sagte Mabel ruhig.

Erichs Gesichtszüge entgleisten. Für einen Moment wurde sein Gesicht zu einer Fratze aus purem Haß, aber er fand seine Selbstbeherrschung fast ebenso schnell wieder, wie er sie verloren hatte.»Ganz wie Sie wollen«, meinte er.

Er stand auf, dann wandte er sich wieder an Indiana.»Ich gebe Ihnen bis morgen Zeit, über meinen Vorschlag nachzudenken, Dr. Jones«, sagte er.»Und vielleicht versuchen Sie, auch auf Ihre reizende Freundin einzuwirken. Wissen Sie, Stolz ist etwas Schönes. Aber der Tod ist etwas sehr Häßliches. Und er ist so endgültig.«

«Sie werden alle sterben«, sagte Morton in diesem Moment.

Es waren die ersten Worte, die er überhaupt sprach, seit sie zurückgekommen waren. Und nicht nur Indiana wandte überrascht den Blick; auch Erich starrte den Kapitän mit einer Mischung aus Zorn und Überraschung an und legte den Kopf schräg.

«Ich fürchte, Sie verdrehen da ein bißchen die Tatsachen«, sagte er.»Im Augenblick sind Sie unsere Gefangenen.«

«Sie werden alle sterben«, wiederholte Morton.»Und wir auch. Niemand kommt lebend von hier weg. Ich weiß es.«

«Halten Sie doch endlich den Mund«, erwiderte Browning müde, aber zu Indianas Überraschung war es Erich, der den Regierungsbeauftragten mit einer barschen Geste unterbrach.

«Lassen Sie ihn reden, Dr. Browning«, sagte er.»Vielleicht hat er ja gar nicht so unrecht.«

«Dieser Ort ist verflucht!«behauptete Morton. Browning warf ihm einen wütenden Blick zu, aber Erich lächelte plötzlich auf sonderbar wissende Art.»In gewissem Sinne stimmt das sogar«, sagte er.

«Was soll das heißen?«fragte Indiana.

Erichs Lächeln wurde noch ein wenig breiter.»Vielleicht beantworte ich diese Frage morgen früh«, sagte er.»Vielleicht auch nicht. Das hängt ganz von Ihren Antworten auf meine Fragen ab. «Er stand auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Zelt, und nach kurzem Zögern folgten ihm auch die drei Soldaten — allerdings nicht, ohne Indiana und Mabel vorher auf die gleiche Art an Hand- und Fußgelenken zu fesseln wie die anderen.

Irgendwo am Polarkreis: Odinsland

2. April 1939

Es dauerte bis zum nächsten Morgen, ehe Indiana dazu kam, eine erste schreckliche Bilanz des Tieffliegerangriffs zu ziehen. Das Wrack der Dragon war mitsamt allem, was es noch enthalten hatte, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, und das Lager war vollständig verwüstet. Aber auch diesmal hatten sie trotz allem noch Glück im Unglück gehabt: Mit Ausnahme der beiden Wächter, die dem Feuer des Unterseebootes zum Opfer gefallen waren, hatte es nur drei weitere Tote unter den Soldaten gegeben, und die meisten anderen waren mit dem Schrecken und mit leichten Verletzungen davongekommen. Die Deutschen hatten die ganze Nacht emsig gearbeitet, und als Indiana und Mabel am frühen Morgen von zwei Soldaten abgeholt wurden und das Zelt verließen, sahen sie auch, woran: Nur wenige Meter neben dem zerbombten Zeltlager waren zwei flache, aus vorgefertigten Teilen zusammengesetzte Baracken erstellt worden. Es waren niedrige fensterlose Wellblechhütten, in denen eine unerträgliche Enge herrschen mußte, die aber zumindest Schutz vor dem Wind und der eisigen Kälte boten. Rund zwanzig Soldaten in weißen Schneeuniformen eilten geschäftig hin und her oder standen einfach herum, und einige von ihnen hielten mit erhobenen Gewehren Wache vor der geschlossenen Tür einer Baracke. Indiana vermutete, daß dort die überlebenden Marinesoldaten gefangengehalten wurden. Mabel wollte hingehen, um sich um die Verwundeten zu kümmern, aber der Soldat, an den sie diese Bitte richtete, schüttelte nur den Kopf und deutete mit seinem Gewehr in die entgegengesetzte Richtung. Indiana sah, daß sich die Aktivitäten der Soldaten nicht nur auf das Lager beschränkt hatten. Auch am Rande des gewaltigen Kraters, der in der Oberfläche des Eisbergs gähnte, war ein heftiges Arbeiten und Werken im Gange. Dicht neben dem Punkt, an dem Mabel und er am vergangenen Abend beinahe abgestürzt wären, entstand eine große stelzbeinige Konstruktion aus Balken und Stahlträgern. Eine dritte, etwas kleinere Wellblechhütte war wenige Meter daneben entstanden, und als Mabel und er sich näherten, wurde die Tür geöffnet und Erich trat heraus.