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«Nein«, antwortete Erich,»das konnten wir eben nicht. Uns blieb einfach keine Zeit dazu. Sie sehen es selbst. «Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Krater und den See.»Der Berg beginnt sich aufzulösen. Er treibt zwar wieder nach Norden, aber irgend etwas geht hier vor. Das Eis schmilzt. Ihn zu suchen, hätte Wochen gedauert, wenn nicht Monate — falls wir ihn überhaupt gefunden hätten. Bis dahin wäre das Schiff vielleicht nicht mehr dagewesen.«

«Aber was ist denn an diesem verdammten Wrack so Besonderes? Es… es ist doch nur ein altes Schiff.«

«Nein, genau das ist es nicht«, widersprach Erich so heftig, daß Indiana ihn erneut überrascht anblickte.»Sie haben ja keine Ahnung, was das da unten wirklich ist, Dr. Rosenfeld. Das ist nicht irgendein Schiff.«

«Sondern?»

«Es ist das Nagelfahr«, flüsterte Indiana. Er sah Erich an.»Odins Schiff, das die Seelen gefallener Krieger nach Walhall bringt. Nicht wahr?«

Erich nickte.

«Aber das… das ist doch Unsinn! Das ist doch weiter nichts als eine uralte Legende!«

«O nein, meine Liebe«, sagte Erich kopfschüttelnd. In seiner Stimme schwang Stolz. Seine Augen leuchteten.»Das ist es ganz und gar nicht. Erinnern Sie sich an die Geschichte, die ich Ihnen an Bord der Dragon erzählt habe? Die Geschichte von der ersten Besiedelung Grönlands?«

Mabel starrte ihn an und nickte schließlich mühsam.

«Auch das war keine Legende«, fuhr Erich fort.»Es gibt genügend Beweise, daß die Wikinger tatsächlich in Grönland waren. Und auch dafür, daß sie eines Tages alle verschwanden, und zwar alle auf einmal. Und wir wissen jetzt auch, warum. Es war dieses Schiff, das sie abgeholt hat. Das Schiff der Götter.«

«Das ist doch Unsinn!«murmelte Mabel.

Erich war in viel zu euphorischer Stimmung, um sie überhaupt wahrzunehmen.»Wir werden es bergen, Dr. Rosenfeld«, sagte er aufgeregt.»Begreifen Sie, was das bedeutet? Wir werden Odins eigenes Schiff bergen! Wir werden die Macht der alten Götter auf unserer Seite haben!«

«Sie wissen ja nicht, was Sie da reden, Mann«, flüsterte Indiana erschüttert. Die Vorstellung ließ ihn schaudern. Er sah den Wahnsinn in Erichs Blick, und er dachte an einen anderen, noch viel Wahnsinnigeren, der etliche tausend Meilen entfernt in Berlin über ein unterdrücktes Volk regierte und sich gerade eben darauf vorbereitete, die Nachbarländer und vielleicht die ganze Welt mit Krieg zu überziehen. Wenn das dort unten wirklich das Nagelfahr war und es Erich und seinen Begleitern gelang, es in ihre Gewalt zu bringen, wenn es den Deutschen glückte, auch nur einen Teil der uralten Kräfte zu wecken, die in seinem schwarzen Rumpf schlummerten, dann bedeutete das…

«Ragnarök«, flüsterte er.

Erich starrte ihn nur an, während Mabel fragend die Brauen hob.

«Die Götterdämmerung«, erklärte Indiana.

«Jetzt übertreiben Sie, Dr. Jones«, sagte Erich mit sanftem Spott.»Wir haben keineswegs vor, die Welt zu zerstören. Wir wollen nur ein wenig Ordnung in sie bringen. Und sie hat es weiß Gott nötig.«

«Das stimmt sogar«, erwiderte Indiana.»Ich wüßte einen bestimmten Ort in Europa, an dem man damit beginnen sollte.«

Erich lachte und machte dann eine knappe Handbewegung, mit der er das Thema für beendet erklärte.»Genug«, sagte er.»Wie Sie sehen, werden wir bereits in den nächsten Stunden in der Lage sein, das Schiff zu erreichen. Ich frage Sie jetzt zum letztenmal, ob Sie mit uns zusammenarbeiten wollen oder es vorziehen, mit den anderen zu sterben.«

Mabel wollte auffahren, aber Indiana legte ihr rasch und beruhigend die Hand auf den Unterarm.»Warte«, warnte er.

Erich grinste.»Ich sehe, Sie kommen allmählich zur Vernunft, Dr. Jones«, sagte er.

«Habe ich gesagt, daß ich Ihr Angebot annehme?«fragte Indiana.

«Nein. Aber ich habe eine Menge über Sie gehört, Dr. Jones. Unter anderem, daß Sie ein gutes Spiel zu schätzen wissen. Das stimmt doch?«

Indiana nickte, und Erich fuhr fort.»Ich schlage Ihnen ein Spiel vor, Dr. Jones. Der Einsatz ist Ihr Leben — und das Ihrer Freundin.«

«Und die Regeln bestimmen Sie, nehme ich an«, knurrte Indiana.

Erich nickte.»Selbstverständlich. Interessieren sie Sie? Ich will Ihnen nichts vormachen, Dr. Jones. Wir brauchen Sie. Professor Bal-durson war leider der einzige Archäologe, über den ich hätte verfügen können. Und wie Sie wissen, ist er bedauerlicherweise beim Absturz Ihres Luftschiffs ums Leben gekommen. Es ist nicht so, daß wir unbedingt auf Ihre Mitarbeit angewiesen wären, aber es würde manches erleichtern. Für Sie, und auch für uns. Ich schlage Ihnen vor, Sie helfen uns, das Schiff zu bergen, und als Gegenleistung schenke ich Ihnen und Dr. Rosenfeld das Leben.«

«Oh, und Sie meinen, darauf würde ich eingehen?«

«Natürlich nicht«, antwortete Erich.»Halten Sie mich bitte nicht für einen Narren, Dr. Jones. Selbstverständlich ist mir klar, daß Sie jede Gelegenheit nutzen werden, zu fliehen oder gegen uns zu arbeiten. Aber so, wie die Dinge im Moment liegen, gibt es nicht besonders viele Möglichkeiten, wohin Sie fliehen könnten. Und sollten Sie versuchen, unsere Arbeit zu sabotieren oder uns irgendwie aufzuhalten, verspreche ich Ihnen, daß Ihre Kameraden dafür bezahlen werden.«

Indiana starrte den Deutschen haßerfüllt an. Aber er wußte auch, daß ihm gar keine andere Wahl blieb. Und trotz allem war da auch noch der Wissenschaftler in ihm, der Archäologe, der die vielleicht größte Entdeckung aller Zeiten zum Greifen nahe vor sich sah.

«Ich bin einverstanden«, sagte er schweren Herzens.»Aber ich sage Ihnen gleich, daß Sie scheitern werden. Wenn dieses Schiff dort unten wirklich das ist, wofür Sie es halten, dann kann kein lebender Mensch es betreten.«

«Professor van Hesling hat es getan«, erwiderte Erich.

«Woher wollen Sie das wissen?«fragte Indiana.»Er kann genausogut die ganze Zeit in einer Höhle oder in seinem Zelt unten am Strand überlebt haben.«

Erich seufzte.»Sie selbst haben den Beweis dafür in Händen gehalten«, sagte er.»Ist Ihnen an den Waffen und der Rüstung, die Dr. Browning uns an Bord des Luftschiffs gezeigt hat, nichts aufgefallen?«

Indiana schüttelte den Kopf.

«Mir auch nicht«, gestand Erich.»Aber ich habe mit Dr. Baldurson gesprochen, als wir allein waren. Ich bin nicht erstaunt, daß es Ihnen entgangen ist — Sie sind zwar eine Kapazität auf Ihrem Gebiet, aber Baldurson war wahrscheinlich der größte Kenner auf der Welt, was die Nordmeervölker anging. Er versicherte mir, daß er Dinge wie diese niemals zuvor gesehen habe. Sie müssen von diesem Schiff stammen. Alles andere, was wir je gefunden haben, waren nichts als schlechte Imitationen davon.«

«Selbst wenn«, sagte Mabel erregt.»Sie wissen, was mit van Hes-ling geschehen ist. Er verlor den Verstand.«

«Dafür kann es hundert Gründe geben«, entgegnete Erich.»Er war monatelang auf dieser Insel allein. Und ich bin nicht so sicher wie Sie, daß er wirklich verrückt war.«

«Oh«, meinte Mabel bissig.»Von Ihrem Standpunkt aus vielleicht nicht, aber — «Sie verstummte, als sie ein eisiger Blick aus Erichs Augen traf.

«Möglicherweise haben Sie auch recht«, sagte Erich plötzlich.»Es kann sein, daß dieses Schiff tatsächlich gefährlich ist. Aber um uns davor zu schützen, haben wir ja Sie und Dr. Jones, nicht wahr?«

«Das ist alles ein Alptraum«, murmelte Browning später, als sie wieder im Zelt waren. Indiana und Mabel hatten ihm und den anderen von ihrem Gespräch mit Erich erzählt. Der einzige, der nicht überrascht gewesen war, war Morton. Dafür war der Ausdruck von Entsetzen auf seinem Gesicht ungleich heftiger. Er sah aus wie ein Mann, der bereits mit dem Leben abgeschlossen hat und auf Schlimmeres wartet als nur den Tod.

«Es ist… Irrsinn«, sagte Browning.»Ich meine — selbst wenn es sich bei diesem Wrack wirklich um das sagenhafte Schiff handelt, was, um alles in der Welt, wollen Sie damit? Die Wehrmacht um ein Bataillon berittener Walküren aufstocken?«