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Motos Lächeln blieb undurchschaubar.»Wir sind in gewisser Hinsicht Kollegen«, sagte er.»Auch mein Hobby ist Archäologie und das Wissen um versunkene Völker und Kulturen. Allerdings betreibe ich es nur als Passion, so weit meine Zeit dazu reicht.«

«Aha«, sagte Indiana. Er sah Moto scharf an. Sein Mißtrauen nahm zu, auch wenn es eigentlich keinen konkreten Grund dafür gab.

«Als ich Ihren Hut und die berühmte Peitsche sah«, fuhr Moto mit einer Geste auf beides fort,»da dachte ich mir, daß es sich eigentlich nur um den berühmten Dr. Jones handeln kann.

Und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, Sie einmal persönlich kennenzulernen. Sie sind beruflich in Hongkong?«

«Privat«, antwortete Indiana automatisch.»Rein privat.«

Moto sah ihn forschend an und taxierte Tamara mit einem raschen, schon beinahe anzüglichen Blick; für einen Japaner ein eigentlich sehr untypisches Benehmen, fand Indiana.

«Ich verstehe«, sagte Moto.

«Das glaube ich kaum«, antwortete Indiana eine Spur schärfer als angebracht. Er legte Tamara demonstrativ den Arm um die Schulter.»Darf ich vorstellen — Mrs. Tamara Jones. Meine Frau.«

Tamara beherrschte sich meisterhaft, während Moto sich keine Mühe gab, seine Überraschung zu verbergen.»Ihre …

Frau?«sagte er.»Ich wußte nicht, daß Sie verheiratet sind, Dr. Jones.«

«Kaum jemand weiß das«, antwortete Indiana.»Wir sind es auch erst seit zwei Wochen.«

«Oh, jetzt verstehe ich. «Moto warf Tamara einen entschuldigenden Blick zu und seufzte.»Dann ist das so etwas wie Ihre Hochzeitsreise, nehme ich an.«

«So ungefähr«, bestätigte Indiana. Sein Mißtrauen hatte sich etwas gelegt, aber allmählich begann ihm Moto einfach auf die Nerven zu gehen. Was wollte dieser Kerl von ihm?

«Ich fürchte, Sie haben sich einen sehr unglücklichen Zeitpunkt dafür ausgewählt, Dr. Jones«, fuhr der Japaner fort.

«Hongkong ist im Moment nicht der richtige Ort, um den — wie nennt ihr Amerikaner es doch gleich? — Honeymoon zu feiern.«

«Das ist mir auch schon aufgefallen«, sagte Indiana mit einem wehleidigen Blick auf die Menschenmenge in der Halle. Er seufzte ebenfalls.»Aus diesem Grund muß ich mich auch leider von Ihnen verabschieden, Mr. Moto. Wir — «

«Aber das kommt überhaupt nicht in Frage«, unterbrach ihn Moto.»Sehen Sie, Dr. Jones, in Hongkong ist seit Wochen — wie man in Ihrem Land sagt — der Teufel los. Das liegt an gewissen … unerfreulichen Entwicklungen der weltpolitischen Lage, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und das wird sich sicher kaum bis morgen ändern. Ich fürchte, Sie werden in der ganzen Stadt kein Hotelzimmer bekommen. Zumindest keines, das Ihnen und Ihrer entzückenden jungen Gattin zuzumuten wäre.«

Er lächelte wieder.»Erweisen Sie mir die Ehre, meine bescheidene Hilfe anzunehmen, Dr. Jones. Ich kenne eine Anzahl Leute in der Stadt, die möglicherweise in der Lage sind, Ihnen und Ihrer Gattin ein angemessenes Quartier zur Verfügung zu stellen.«

Indiana wollte instinktiv ablehnen, aber dann zögerte er.

Moto war vermutlich nur ein aufdringlicher Trottel, aber sowohl er als auch Tamara waren mit ihren Nerven so ziemlich am Ende.»Wir möchten Ihnen keine Umstände machen — «, begann er, aber Moto unterbrach ihn mit ganz und gar unasiatischer Unhöflichkeit.

«Unsinn!«sagte er.»Ich war hier mit einem Bekannten verabredet, aber wie ich die Sache sehe, wird er wohl ohnehin nicht mehr kommen. Mein Diener wird sich um die Angelegenheit kümmern. Kommen Sie, meine Liebe. «Plötzlich wieder ganz und gar der höfliche Asiat, bot er Tamara seinen Arm und führte sie galant auf die Straße zurück. Wie aus dem Nichts erschien plötzlich eine schwere deutsche Limousine am Straßenrand. Moto öffnete die hintere Tür, half Tamara beim Einsteigen und sah Indiana fragend an.»Ihr Gepäck ist noch im Hotel, vermute ich?«

«Wir … reisen mit kleinem Gepäck«, antwortete Indiana ausweichend.

Moto lächelte wissend, sagte aber nichts mehr, sondern trat einen Schritt zurück, damit Indiana Tamara folgen konnte.

«Was sollte dieser Unsinn, mich als deine Frau vorzustellen?«zischte Tamara, während Indiana auf die ledergepolsterte Sitzbank neben ihr rutschte. Sie sprach leise und fast ohne die Lippen zu bewegen, aber ihre Augen blitzten, und ihre Stimme bebte vor Zorn.

Indiana lächelte zurück. Ebenso leise wie sie, aber in eindeutig amüsiertem Ton antwortete er:»Wieso regst du dich so auf?

Ich wollte nur deine Ehre retten, Liebling. Hast du seine anzüglichen Blicke nicht bemerkt?«

«Und ob«, grollte Tamara.»Allerdings waren es eher auszügliche Blicke.«

«Genau deshalb habe ich dich als Mrs. Indiana Jones vorgestellt«, sagte Indiana.

Tamara wollte antworten, aber sie kam nicht dazu. Mr. Moto hatte den Wagenschlag hinter Indiana geschlossen und war um den Daimler-Benz herumgegangen, um vorn neben dem Fahrer Platz zu nehmen. Er war ein wenig ungeschickt dabei, vielleicht auch abgelenkt durch Tamaras Anblick; auf jeden Fall rempelte er versehentlich einen Passanten an, der mit gesenktem Blick und vorgebeugten Schultern herangestürmt kam. Es war wirklich nur ein Versehen, das sah Indiana ganz deutlich.

Moto taumelte gegen den Kotflügel, allerdings wohl mehr vor Schrecken, und der andere blieb einfach stehen. Aber als Indiana in sein Gesicht sah, wußte er sofort, was Sache war.

«Das gibt Ärger!«sagte er. Mit einer hastigen Bewegung glitt er über den Sitz, riß die Tür auf und sprang aus dem Wagen; gerade in dem Moment, in dem der Bursche Moto bei den Aufschlägen seines maßgeschneiderten Anzuges packte und mit einem Ruck in die Höhe zerrte.

«Verdammtes Schlitzauge!«knurrte er.»Suchst du vielleicht Streit?«

Moto hätte nicht einmal antworten können, wenn er gewollt hätte, denn der andere hatte ihn so gepackt, daß sich ihre Gesichter auf gleicher Höhe befanden; mit dem Ergebnis, daß Motos Füße hilflos fünfzehn Zentimeter über dem Boden strampelten. Moto ächzte und hatte die Handgelenke des Mannes gepackt, aber ebensogut hätte er versuchen können, einen Baum mit bloßen Händen auszureißen. Der Kerl war dreißig Zentimeter größer als er und mußte fast doppelt soviel wiegen. Und nicht nur das.

Das Gesicht des Kerls sprach Bände. Zu sagen, daß es brutal war, wäre untertrieben gewesen. Es war ein typisches Schlägergesicht; breit und voller Narben und mit einer Nase, die mindestens schon ein Dutzend Mal gebrochen gewesen sein mußte.

Kerle wie er fanden immer einen Grund, Streit anzufangen, dachte Indiana.

«Was ist los?«fauchte der Bursche, als Moto — verständlicherweise — nur mit einem Röcheln antwortete.»Hast du die Hosen voll, gelber Scheißer?«

«Ich glaube, das reicht«, sagte Indiana ruhig.

Der Schläger wandte ruckartig den Kopf, starrte Indiana an — und ließ Moto so abrupt los, daß er hilflos zurück- und erneut gegen den Wagen taumelte. Seine Augen funkelten tückisch, während er sich mit wiegenden Schritten auf Indiana zubewegte, in dem er anscheinend das lohnendere Opfer entdeckt zu haben glaubte.»Was mischst du dich denn ein, Blödmann?«knurrte er.

«Es liegt mir fern, mich irgendwo einzumischen«, sagte Indiana in aller Höflichkeit.»Aber ich habe den Zwischenfall zufällig beobachtet, und ich kann Ihnen versichern, daß Mr. Moto Sie bestimmt nicht absichtlich angerempelt hat.«

«So?«knurrte der Bursche und kam einen weiteren Schritt auf Indiana zu. Indiana sah sich rasch um. Der Zwischenfall war nicht unbemerkt geblieben. Einige Passanten waren stehengeblieben und blickten aufmerksam in ihre Richtung.

«Was bist du denn für einer?«fragte der Große lauernd.»So ‘n elender Japsenfreund, wie?«

Allmählich wurde es Indiana doch ein wenig mulmig zumute.

Der Bursche war auch ein gutes Stück größer als er — und er machte nicht den Eindruck, als ließe er sich durch ein paar freundliche Worte beruhigen. Indiana behielt vor allem seine Hände im Auge. Sie waren nicht mehr zu Fäusten geballt, sondern leicht geöffnet, aber angespannt; zum Zupacken bereit.