Выбрать главу

«Das ist Ihnen gelungen«, sagte Tamara.

Ein deutlicher Ausdruck von Bestürzung erschien auf Motos Gesicht.»Sie nehmen mir diesen kleinen Scherz doch nicht übel, Mrs. Jones?«fragte er.»Ich wäre untröstlich, wenn ich Sie verärgert hätte.«

«Keinswegs«, antwortete Tamara, allerdings in wenig freundlichem Ton. Und noch ein wenig schärfer fügte sie hinzu:»Was sollen all die Soldaten?«

«Soldaten?«

Tamaras Gesicht verdüsterte sich.»Halten Sie mich nicht für dümmer, als ich bin, Mr. Moto. Die Männer dort draußen sind keine Gärtner!«

Motos Gesicht schien vor Trauer zu zerfließen.»Sie haben mich schon wieder ertappt, fürchte ich. Es sind tatsächlich Soldaten. Aber der Zwischenfall von vorhin hat Ihnen gezeigt, wie gefährlich das Leben für einen Sohn Nippons momentan in dieser Stadt ist.«

«Weiß die britische Verwaltung von der Anwesenheit dieser kleinen Armee?«fragte Indiana.

«Offiziell nicht«, antwortete Moto.

Indiana beließ es dabei, zumal der Wagen mittlerweile das Hauptgebäude erreicht hatte und anhielt. Sie stiegen aus, während eine ganze Heerschar von japanischem Dienstpersonal erschien. Sein Blick streifte die zerschlagene Seitenscheibe und den eingedrückten Kotflügel des Mercedes.

«Das mit dem Wagen tut mir leid.«

Moto winkte ab.»Das macht nichts, Dr. Jones. Zumal — «er lachte leise,»— er mir ebensowenig gehört wie dieses Haus.«

Indiana sah ihn einen Moment stirnrunzelnd an, raffte sich aber dann doch zu einem Lächeln auf, auch wenn es wenig überzeugend wirkte.

«Wem gehört dieses Haus?«fragte Tamara, während sie die Treppe zu der portalgroßen Tür hinaufgingen.»Dem Tenno?«

Moto machte eine vage Geste.»Früher war es im Besitz der Kaiserlichen Familie«, sagte er.»Aber seit sich die Dinge … geändert haben, dient es der Unterbringung von Diplomaten und anderen Gästen. Im Moment steht es allerdings jeder Person japanischer Herkunft offen; und deren Freunden natürlich. Als eine Art … Fluchtburg, verstehen Sie?«

Nein, Indiana verstand eigentlich nicht. Nicht wirklich. Und es fiel ihm immer schwerer, Moto zu glauben. Er hatte das sichere Gefühl, daß der schlanke Japaner nicht das war, was er zu sein vorgab. Aber er konnte es nicht in Worte fassen. Noch nicht.

Moto machte eine wedelnde Geste, die irgendwie nicht zu ihm paßte.»Aber lassen wir doch dieses unerfreuliche Thema«, sagte er.»Meine Diener werden Ihnen Ihr Zimmer zeigen. Ich schlage vor, Sie und Ihre Gattin ruhen sich ein wenig von den Anstrengungen des Tages aus, und wir treffen uns in einer Stunde zum Abendessen. «Er sah Tamara an, blinzelte ihr zu und verbesserte sich:»Oder sagen wir — in zwei Stunden.«

Tamara spießte ihn mit Blicken regelrecht auf. Aber dann zog sie es vor, zu schweigen.

Im Laufe des Abends änderte Indiana seine Meinung über Toshiro Moto mehrere Male, und am Ende kam er zu dem Schluß, daß Moto wahrscheinlich nichts anderes als ein Trottel, ein Angeber und ein schrecklicher Dummkopf in Personalunion war; noch dazu die gewaltigste Nervensäge, der er jemals begegnet war.

Das Abendessen zog sich über Stunden hin, und Moto wurde nicht müde, Indiana abwechselnd mit Fragen zu löchern und mit dem zu belästigen, was er für sein eigenes archäologisches Wissen hielt. Seine Behauptung, die Archäologie nur als Hobby zu betreiben, war so ziemlich das einzige, was Indiana ihm uneingeschränkt abnahm — was Moto zum besten gab, war zum größten Teil unausgegorenes Halbwissen, das er sich in irgendwelchen obskuren Magazinen angelesen haben mochte und das jeder Student Indianas schon nach dem ersten Semester hätte widerlegen können. Es fiel Indiana immer schwerer, weiter gute Miene zu diesem albernen Spiel zu machen und Moto nicht zu sagen, was er wirklich von ihm hielt.

Es ging auf Mittemacht zu, bis Moto sie endlich entließ und ein schweigsamer japanischer Diener sie zurück auf ihr Zimmer geleitete. Indiana war nicht mehr ganz sicher auf den Beinen. Der Tag war anstrengend gewesen, und sowohl Tamara als auch er hatten entschieden mehr Sake getrunken, als eigentlich gut war. Mehr taumelnd als gehend erreichten sie aneinandergelehnt das großzügige Zimmer, das Moto ihnen zugewiesen hatte: eine ganze Suite, die wahrscheinlich einer durchschnittlichen Familie unten in der Stadt bequem als — große — Wohnung hätte dienen können. Es gab einen Schlafraum mit einem japanischen Futon, auf den sich Tamara mit einem albernen, halb betrunkenen Kichern sinken ließ. Indiana selbst hatte sich einen Schlafplatz im Wohnraum auserkoren; es gab zwar nur dieses eine Bett, aber Indiana Jones war es gewohnt, auf unbequemeren Unterlagen als einer Bastmatte zu schlafen, wenn es sein mußte.

Als er Tamaras Hand loslassen wollte, hielt sie ihn fest.»Wohin so eilig, Dr. Jones?«fragte sie kichernd.»Wollen Sie nicht Ihren ehelichen Pflichten nachkommen und über Ihr frisch angetrautes Eheweib wachen, bis es eingeschlafen ist?«

Nichts, was Indiana lieber getan hätte. Trotzdem zögerte er.

«Bist du … ganz sicher, daß du das willst?«fragte er.»Ich meine … du hast getrunken. Wir sind beide nicht mehr ganz nüchtern …«

«Eben!«kicherte Tamara.»Dann macht es doppelt soviel Spaß. «Sie zog Indiana mit einem Ruck zu sich herab und hielt ihn mit erstaunlicher Kraft fest. Indiana versuchte, sich mit sanfter Gewalt aus ihrem Griff zu befreien, aber es gelang ihm nicht.

«Du könntest mir morgen früh ziemlich böse sein«, sagte er.

«Vielleicht«, antwortete Tamara und biß ihn spielerisch ins Ohr.»Aber dieses Risiko sollte ich Ihnen doch wohl wert sein, Dr. Jones, oder? Außerdem bekommt man nichts im Leben geschenkt. «Sie küßte ihn stürmisch, dann legte sie die Hände auf seine Brust und schob ihn ein Stück von sich fort.

«Meine Mappe«, sagte sie, wieder ein wenig ernster.»Sie liegt noch im Nebenzimmer. Sei so lieb und hol sie, ja?«

«Glaubst du, daß das jetzt wichtig ist?«fragte Indiana.

«Ich fühle mich sicherer, wenn ich sie in Sichtweite habe«, antwortete Tamara. Dann blinzelte sie ihm verschwörerisch zu.»Außerdem könntest du bei dieser Gelegenheit das entzückende schwarze Nichts mitbringen, das du in San Francisco gekauft hast.«

«Brauchst du das jetzt?«fragte Indiana.

«Unbedingt«, antwortete Tamara ernst.»Du könntest mir helfen, es anzuziehen. Irgend etwas mache ich nämlich immer falsch damit.«

«Ich eile!«versprach Indiana, machte sich aus ihrer Umarmung los und setzte zum Spurt an, um direkt in etwas von der Härte und dem Gewicht des Felsens von Gibraltar hineinzulaufen, kaum daß er halb durch die Tür war.

Der Schlag raubte Indiana nicht das Bewußtsein, aber für Sekunden nahm er von seiner Umgebung nichts mehr wahr außer einem ungeheuren Dröhnen und Klingeln direkt hinter seiner Stirn und einem betäubenden Schmerz, der ihn über die Klippe einer schwarzen Bewußtlosigkeit zu treiben drohte. Hilflos sank er auf die Knie, kippte nach vorn und schlug mit der Stirn auf dem Boden auf. Wie von weit, weit her hörte er Lärm, ein dumpfes Poltern und Krachen — und dann einen schrillen, spitzen Schrei, der ihn jäh in die Wirklichkeit zurückriß!

«Tamara!«

Mit einem einzigen Satz war Indiana auf den Füßen, sah einen Schatten vor sich und schlug zu, ohne nachzudenken. Er traf. Ein gedämpfter Schrei antwortete aus der Dunkelheit auf seinen Hieb, dann hörte er das dumpfe Poltern eines zu Boden stürzenden Körpers, ohne weiter darauf zu achten, denn genau in diesem Moment hörte er Tamara erneut diesen schrillen, schrecklichen Schrei ausstoßen.

Als er auf die Tür zuspringen wollte, kam ihm diese entgegengeflogen; zusammen mit dem größten Teil der Wand aus Balsaholz und Papier, in die sie eingebettet war. Und mit einem dunkelhaarigen Burschen in einem schwarzen Pyjama, der wie eine Kanonenkugel hindurchgeflogen kam.