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Schließlich machte Moto eine besänftigende Geste, auf die die Tibeter mit einem Nicken antworteten und verstummten, streifte Indy mit einem zutiefst verwirrten Blick und drehte sich dann wieder zu Hondo um. Er sagte etwas auf japanisch.

Hondo schwieg einen Moment. Indiana konnte sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Dann antwortete er, und jetzt war es Motos Gesicht, das sich verdüsterte.

Seine nächsten Worte klangen schon weitaus weniger freundlich, und Hondo schrumpfte sichtlich zusammen und senkte wieder den Blick. Aber Motos Gesichtsausdruck nach zu schließen, widersprach er auch jetzt noch.

Schließlich trat Moto wütend auf ihn zu und streckte den Arm aus, als wolle er ihn packen und schütteln, und endlich gab der japanische Major klein bei, wenn auch widerwillig, wie aus seinem Blick zu schließen war. Mit gesenktem Haupt verließ er das Zimmer. Moto schickte auch seinen Diener und die Soldaten aus dem Raum.

«Idiot!«knurrte er halblaut und auf englisch, als Indiana, die beiden Tibeter und er allein waren. Dann sah er Indy an.»Sie können reden, Dr. Jones«, sagte er.»Lobsang und Tsangpo wissen, wer Sie sind.«

Indiana maß die beiden Tibeter mit neuem Erstaunen.»Aber woher …«

«Sie behaupten«, sagte Moto mit einem Ausdruck tiefster Verstörtheit in den Augen,»eine Vision von Ihrem und meinem Kommen gehabt zu haben. Ich persönlich halte sie eher für Spione, die Dzo-Lin geschickt hat. Aber sie wissen etwas.«

«Ich kann Euch versichern, göttlicher Sohn«, sagte der kleinere der beiden Tibeter in beinahe akzentfreiem Englisch und mit einem milden Lächeln,»daß wir nicht zu General Dzo-Lins Vertrauten zählen. Weltliche Dinge sind uns völlig fremd. Euer Krieg ist schrecklich, aber es ist nicht unsere Sache, zu entscheiden, wer im Recht und wer im Unrecht ist.«

«Sie sprechen … englisch?«murmelte Indiana überrascht.

Auch Moto sah völlig perplex aus.

«Ein wenig«, sagte der Tibeter bescheiden.»Mein Bruder Tsangpo und ich hatten die Ehre, einige Jahre einen Ihrer Landsmänner zu beherbergen, der in unseren Tempel kam, um die Lehren des buddhistischen Glaubens zu studieren.«

«Was für ein Zufall«, knurrte Moto.

«So etwas wie Zufall gibt es nicht, göttlicher Sohn«, sagte Lobsang lächelnd.»Alles ist vorbestimmt und geschieht ganz nach dem Willen der Götter.«

Moto verzichtete vorsichtshalber auf die Antwort, die ihm deutlich ins Gesicht geschrieben stand.»Also gut«, knurrte er statt dessen.»Was war das für ein Unsinn mit dem Zauberschwert?«

«Ich bitte Euch, göttlicher Sohn«, sagte Lobsang. Er wurde von Moto unterbrochen.

«Laß diesen Unsinn!«sagte er.»Mein Name ist Moto. Das reicht.«

«Moto. «Lobsang nickte und lächelte wieder dieses sonderbare, wissende Lächeln.»Es ist nicht nötig, daß Ihr Euch weiter verstellt. Unsere Vision war klar. Ihr und der Doktor aus dem großen Land jenseits des Meeres seid aus dem gleichen Grund hier wie mein Bruder Tsangpo und ich. Um das Schwert des Temujin zu finden, es davor zu bewahren, in falsche Hände zu geraten.«

Während Moto sichtlich erbleichte, konnte Indiana ein amüsiertes Kichern nicht mehr ganz unterdrücken.»Dann wären wir ja schon zu viert«, sagte er.»Tamara und Dzo-Lin noch nicht einmal mitgerechnet.«

Moto starrte ihn an.»Sie glauben doch nicht, daß ich diese beiden Verrückten mitnehme?«

«Doch«, antwortete Indiana.»Das glaube ich. Und Sie auch. Sie haben zu wenig Trümpfe im Ärmel, als daß Sie es sich leisten könnten, es nicht zu tun, göttlicher Sohn. «Moto erbleichte noch ein bißchen mehr, jetzt allerdings vor Zorn, schluckte aber jedes weitere Wort tapfer herunter und beließ es dabei, abwechselnd Indiana und die beiden Tibeter mit Blicken regelrecht aufzuspießen.

«Also gut«, murmelte er nach einer Weile.»Es gibt ein paar Schwierigkeiten.«

«Welche?«fragte Indiana.

«Hondo«, antwortete Moto.»Er besteht darauf, daß die beiden auf der Stelle hingerichtet werden. Er behauptet, eindeutige Beweise dafür zu haben, daß sie Spione sind.«

«Hat er sie?«fragte Indiana.

Moto schüttelte den Kopf.»Das ist nicht die Frage«, sagte er.

«Major Hondo ist der militärische Oberbefehlshaber dieser Garnison. Er respektiert mich zwar, aber Tatsache ist, daß ich ihm nichts zu befehlen habe.«

«Aber ein Sohn des Himmels wird doch wohl einflußreicher sein als ein kleiner Major«, sagte Indiana spöttisch.

Es fiel Moto immer schwerer, seinen Zorn zu unterdrücken.

«Vermutlich«, sagte er.»Ich könnte dafür sorgen, daß er für den Rest seines Lebens damit beschäftigt ist, die Große Mauer neu zu streichen. «Er deutete auf Lobsang und Tsangpo.»Aber bis dahin wären die beiden längst tot.«

«Es muß einen Weg geben«, sagte Indiana.

«Den gibt es«, sagte Lobsang.

Indiana und Moto sahen beide gleichermaßen fragend wie überrascht auf.»Welchen?«fragten sie wie mit einer Stimme.

Diesmal antwortete der Tibeter nicht sofort, sondern sah Indiana für einige Sekunden nachdenklich und auf eine schwer zu deutende Weise an.»Es wird nicht leicht werden«, sagte er,»aber es liegt in Ihrer Macht, Dr. Jones, unsere Leben zu — «

Er kam nicht weiter. Hondo stürmte in den Raum, Schultern und Kinn kampflustig vorgereckt, die rechte Hand auf dem Griff seines Katana, das aus seinem Gürtel ragte. Moto kam nicht einmal dazu, ihn anzufahren, denn Hondo überschüttete ihn sofort mit einem Schwall erregter japanischer Worte, wobei er heftig gestikulierend auf Lobsang und Tsangpo deutete. Zwischen Motos Augenbrauen erschien eine steile Falte, während die beiden Tibeter eher amüsiert als irgendwie erschrocken aussahen.

Schließlich wandte sich Moto in beinahe hilflos anmutendem Ton an Indiana.»Er behauptet, ungefähr ein Dutzend Zeugen dafür zu haben, daß die beiden Fotografien von den Unterkünften seiner Truppe gemacht hätten. Natürlich sind diese Zeugen so falsch wie das Kleid, das Sie tragen, Jones, aber ich fürchte, ich kann nichts dagegen tun.«

Indiana seinerseits konnte nicht antworten. Er sah Hondo an, und was er im Gesicht des kahlköpfigen japanischen Majors erblickte, das machte ihm klar, wie ernst es diesem war. Es ging ihm keineswegs um die beiden Tibeter. Vermutlich war ihm ihr Schicksal ungefähr so wichtig wie der Schmutz unter seinen Fingernägeln. Aber Indiana kannte den Blick, der in Hondos Augen lag. Einen Moment lang überlegte er, ob er Moto raten sollte, Hondo einfach die Wahrheit zu sagen, verwarf aber diesen Gedanken fast im selben Augenblick wieder. Der Major war Vernunftsgründen gegenüber in diesem Moment ganz gewiß nicht aufgeschlossen. Dann begegnete sein Blick dem Lobsangs, und er las die Frage darin. Eine Sekunde lang zögerte er noch. Lobsang hatte nicht gesagt, was er tun mußte, um ihm und Tsangpo das Leben zu retten. Aber eigentlich, dachte Indiana, spielte das auch keine Rolle. Zwei Menschenleben waren eine kleine Unannehmlichkeit immer wert. Er nickte beinahe unmerklich.

Lobsang räusperte sich, um Hondos Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und es gelang ihm. Mit einem Ruck fuhr der Japaner herum und starrte ihn an, und Lobsang reagierte mit einem gleichmütigen Lächeln, deutete auf Indiana und sagte gleichzeitig einige halblaute Worte.

Das Ergebnis war erstaunlich. Moto sog überrascht die Luft ein, und Hondo starrte ungläubig zuerst den tibetischen Mönch, dann Indiana und dann wieder Lobsang an.

Lobsang wiederholte seine Worte und die deutende Geste auf Indiana, und Hondo überlegte nur noch eine Sekunde. Dann nickte er abgehackt, wandte sich auf der Stelle um und verließ das Zimmer wieder — aber nicht, ohne Indiana Jones noch einen raschen, durch und durch schadenfrohen Blick zuzuwerfen.

Die Tür fiel mit einem Knall hinter ihm ins Schloß.