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Motos Gesicht verlor jedes bißchen Farbe, als er dies hörte, und auch Indiana — der wieder hereingekommen war, nachdem der Gefangene zu schreien aufgehört und zu reden begonnen hatte — erging es kaum anders, nachdem Moto ihm die Worte des Chinesen übersetzte.

«Ich wußte, daß man diesen Burschen nicht trauen kann«, sagte Moto grollend.»Aber Sie wollten ja nicht auf mich hören, Dr. Jones.«

«Das … muß gar nichts zu bedeuten haben«, sagte Indiana nervös.»Es war ein buddhistisches Kloster. Was ist so außergewöhnlich daran, wenn in einem buddhistischen Kloster ein buddhistischer Mönch auftaucht?«

Moto würdigte ihn nicht einmal einer Antwort, sondern gab einem der Soldaten einen Wink.»Bringt den Tibeter!«

Indiana entging der Unterton in Motos Stimme keineswegs, aber er hielt es im Moment einfach für klüger, sich der Stimme zu enthalten. Außerdem war auch sein Vertrauen in Lobsang angeschlagen. Daß der Tibeter ein lustiges Kerlchen war und ihm so ganz nebenbei das Leben gerettet hatte, mußte nicht bedeuten, daß er nicht in Wirklichkeit auf der Gegenseite stand — wie immer diese Gegenseite aussehen mochte. Ein Feind mußte nicht notwendigerweise auch unsympathisch sein.

Lobsang lächelte freundlich und nichtssagend wie immer, als er nach einigen Minuten von zwei japanischen Soldaten in den Raum geführt wurde. Ein Ausdruck von Schrecken huschte über sein Gesicht, als er den gefangenen Chinesen sah, aber der konnte genausogut den Spuren der Schläge im Antlitz des Chinesen gelten. Als er sich wieder zu Moto umwandte, sah er jedenfalls sehr mißbilligend, aber kein bißchen beunruhigt aus.

«Ich sehe«, begann er,»es ist Ihnen gelungen, einen von Dzo-Lins Soldaten in Gewahrsam zu nehmen.«

Moto ging sofort zum Angriff über.»Hören Sie mit dem Blödsinn auf, Lobsang«, sagte er hart.»Wir wissen alles. «Er deutete herausfordernd auf den Chinesen, der sofort erschrocken zusammenfuhr und sich duckte.»Er hat geredet.«

«Das nehme ich an, so, wie Sie offensichtlich mit ihm umgesprungen sind«, antwortete Lobsang, noch immer lächelnd, aber deutlich kälter als bisher.»Ist Ihnen der neue Aufenthaltsort von General Dzo-Lin und Miss Jaglova bekannt?«

«Nein«, antwortete Moto lauernd.»Aber die gleiche Frage wollte ich dir gerade stellen.«

«Mir?«

Moto war anzusehen, daß er sich kaum noch in der Gewalt hatte.»Ein Mann sollte wissen, wenn er verloren hat, Lobsang«, sagte er kalt.»Das Theater hat keinen Sinn mehr. Wir wissen, daß du und deine Brüder auf Dzo-Lins Seite stehen.«

Lobsang schüttelte lächelnd den Kopf.»Aber das ist doch Unsinn«, sagte er sanft.

«So!?«Moto beugte sich wütend vor, packte Lobsang mit der linken Hand grob an der Schulter und deutete mit der anderen abermals auf den Gefangenen.»Dann erklär’ mir, was einer deiner Brüder bei Dzo-Lin zu suchen hatte, und wieso er ihm zur Flucht verholfen hat?«

Das Gehörte schien Lobsang nicht im mindesten zu überraschen. Sanft, aber nachdrücklich löste er Motos Hand von seiner Schulter, streifte Indiana mit einem flüchtigen und undeutbaren Blick, und antwortete dann:»Um ihn zu warnen, nehme ich an. Vor den drei Männern, die auch uns beinahe zum Verhängnis geworden wären.«

«Du weißt also, wer sie sind?«fragte Indiana leise.

«So gut wie Sie, Dr. Jones«, antwortete der Tibeter.»Oder Ihr, göttlicher Sohn. Temujins Erben. Die Männer, die gekommen sind, um sich dem Träger des Zauberschwertes anzuschließen. Oder zu verhindern, daß es in falsche Hände gerät.«

«Temujins Erben! Zauberschwert!«ereiferte sich Moto.»Ich habe allmählich genug von diesem Blödsinn!«Wieder streckte er die Hand aus und packte Lobsang, und diesmal schüttelte er ihn so heftig, daß Indiana hören konnte, wie die Zähne des Tibeters klappernd aufeinanderschlugen.»Du wirst mir jetzt die Wahrheit sagen, du alter Narr, oder ich prügele sie aus dir heraus. Wer sind diese Kerle?«

«Lassen Sie das sein, Moto«, sagte Indiana.»Das ist doch sinnlos.«

Erstaunlicherweise ließ Moto Lobsang tatsächlich los, aber nur, um plötzlich herumzufahren und seine ganze Wut auf Indiana zu konzentrieren.»So?«schrie er.»Dann sagen Sie mir, wer diese Kerle waren.«

«Ich nehme an, dieselben, die auch schon die russische Infanterie-Einheit aufgerieben haben, von der Tamara erzählte«, sagte Indy. Er deutete mit einer Kopfbewegung auf Lobsang.

«Ich glaube, er sagt die Wahrheit. Anscheinend wollen sie mit aller Macht verhindern, daß das Schwert in falsche Hände gerät.«

«Und anscheinend sind sie verdammt gut informiert«, fügte Moto mit einem drohenden Blick auf Lobsang hinzu.»Vielleicht haben sie das Schwert auch schon längst gefunden.«

«Wenn es so wäre, wären sie kaum das Risiko eingegangen, die Grenze zu überschreiten, um Dzo-Lin anzugreifen«, sagte Indiana.»Aber ich nehme an, sie sind ihm dicht auf der Spur.

Nicht wahr?«

Die letzten Worte galten Lobsang. Der Tibeter hielt seinem Blick noch einen Herzschlag lang stand, aber er schien auch zu begreifen, daß sich weder Indiana noch Moto länger mit einem Lächeln abspeisen lassen würden, denn plötzlich schüttelte er den Kopf.

«Sie werden es niemals finden«, sagte er.»Ebensowenig wie General Dzo-Lin oder ihr.«

«Was soll das heißen?«fragte Indiana.»Du weißt, wo das Schwert ist?«

Lobsang setzte zu einer Antwort an, aber Moto brachte ihn mit einer raschen Handbewegung zum Verstummen, warf Indiana einen fast beschwörenden Blick zu und wandte sich dann mit erhobener Stimme an die Soldaten. Zusammen mit dem Gefangenen verließen die Männer den Raum. Moto überzeugte sich davon, daß keiner hinter der Tür stehengeblieben war, um zu lauschen, legte höchstpersönlich den Riegel vor und wiederholte erst dann und mit leiser, schneidender Stimme Indianas Frage:»Du weißt, wo es ist?«

«Nein«, antwortete Lobsang.»Aber ich weiß, wo es nicht ist.«

«Bitte, Lobsang«, sagte Indiana.»Genug der Spielchen. Weißt du, wo sich Dschingis Khans Grab befindet oder nicht?«

«Das weiß ich«, bestätigte Lobsang mit einem angedeuteten Nicken.»Doch das Schwert ist nicht mehr dort. Es wurde schon vor langer Zeit aus dem Grab geholt und an einen sicheren Ort gebracht, wo es von niemandem gefunden werden kann.«

«Heißt dieser Ort zufällig Shambala?«fragte Moto ruhig.

Hätte er plötzlich eine giftige Spinne aus der Tasche gezogen und sie Lobsang auf die Schulter gesetzt, nachdem er ihr vorher ein Bein ausgerissen hatte, um sie richtig wütend zu machen, wäre die Reaktion des Tibeters kaum anders ausgefallen. Lobsang wurde kreideweiß im Gesicht. Seine Hände begannen zu zittern, die Augen wurden groß und quollen schier aus den Höhlen, und sein Unterkiefer sackte haltlos herab.

«So furchtbar geheim scheint dieser Ort nicht mehr zu sein«, fuhr Moto gelassen fort.

«Woher … kennt Ihr diesen Namen?«flüsterte Lobsang. Er kämpfte sichtlich um seine Fassung, fand sie aber noch nicht ganz wieder.

Moto lächelte, zuckte mit den Schultern und sagte beinahe schadenfroh:»Es war nur eine Vermutung, Lobsang. Der Gefangene hat das Wort aufgeschnappt, wußte aber nichts damit anzufangen. Und ehrlich gesagt — ich auch nicht.«

Lobsangs Hände hörten allmählich auf zu zittern.»Ich gebe zu, es ist Euch gelungen, mich zu überraschen«, sagte er.»Doch ich muß Euch trotzdem enttäuschen, göttlicher Sohn. Auch mir ist die genaue Lage Shambalas nicht bekannt. Es ist ein geheimer Ort im Himalaya, den niemals das Auge eines Ungläubigen gesehen hat. Nur wenige wissen, wo er liegt, und ich gehöre nicht dazu. Und wüßte ich es, so würde ich mir eher das Herz aus dem Leib reißen lassen, ehe ich es Euch sagte.«