Выбрать главу

Moto kam mit einer kräftigen Bewegung wieder auf die Füße, bückte sich zu einem toten Soldaten herab und hielt plötzlich wieder ein Schwert in der Hand. Mit einem Wutschrei attak-kierte er Indiana erneut, und er hatte aus seinem ersten Zusammenstoß gelernt. Er versuchte nicht mehr, ihn mit bloßer Kraft zu überrennen und ihm das Schwert aus der Hand zu schlagen, sondern wich der blitzenden Klinge aus und suchte nach einer Lücke in Indianas Deckung. Dschingis Khans Schwert zuckte immer wieder im letzten Moment herab und schlug Motos Waffe beiseite, und auch diese Klinge zerbrach unter dem vierten oder fünften Treffer des Mongolenschwertes. Moto sprang mit einem Wutschrei zurück, bückte sich nach einer anderen Waffe und winkte gleichzeitig seinen Soldaten.

Die Ninjas griffen Indiana aus drei oder vier Richtungen gleichzeitig an. Ein Messer flog auf ihn zu und fiel klirrend zu Boden, als Dschingis Khans Schwert es in der Luft traf, und einer der Ninjas stieß sich ab und zielte mit einem Karate-Tritt nach Indianas Kopf. Eine Sekunde später stürzte er schreiend zu Boden und umklammerte den Stumpf seines linken Beines.

Und etwas Fürchterliches durchflutete Indiana Jones. Es war wie ein elektrischer Schlag, der aber nicht schmerzte, nicht zerstörte, sondern ihn mit einem berauschenden Gefühl von Macht und Unverwundbarkeit erfüllte. Das Schwert hatte Blut geschmeckt, und plötzlich glaubte er noch einmal Lobsangs Worte zu hören:»Das Schwert frißt wieder Menschen, Dr. Jones.«

Als Moto und die Ninjas erneut heranstürmten, verschaffte sich Indiana mit einem kraftvollen Hieb Luft, wirbelte herum und rannte davon, so schnell er konnte. Das Schwert in seiner rechten Hand zuckte, als versuche es, ihn zurückzuhalten, aber noch war er stärker als die verlockende Macht, die aus dem Griff in seine Hand floß und seine Seele zu vergiften begann. Er wußte nur nicht, wie lange noch.

«Bleiben Sie stehen, Sie Feigling!«schrie Moto hinter ihm her.»Das Schwert! Geben Sie mir das Schwert!«

Indiana griff nur noch schneller aus. Blindlings stürmte er den Gang hinab, eine Treppe hinunter und durch eine weitere Halle, deren Boden voller Blut und den Einschlägen von Gewehrkugeln war. Moto und seine Ninja-Soldaten waren dicht hinter ihm.

Indiana rannte blindlings nach rechts und sah sich einem weiteren Ninja gegenüber, der wie aus dem Boden gewachsen vor ihm auftauchte. Doch bevor er auch nur Gelegenheit fand, Schrecken zu verspüren, zuckte das Schwert in seiner Hand wie von selbst hoch und streckte den Japaner nieder. Ohne auch nur im Schritt innezuhalten, setzte Indiana über den zusammenbrechenden Ninja hinweg, warf sich durch eine weitere Tür — und fand sich plötzlich auf einer schmalen, an drei Seiten nur von einem hüfthohen Geländer aus Eis umgebenen Terrasse wieder. Hinter dem Eisgeländer ging es Hunderte von Metern senkrecht in die Tiefe, über der ein Meer aus grauem, wattigem Nebel lag und alles verhüllte.

Indiana drehte sich verzweifelt um. Moto und vier seiner Ninja-Krieger waren hinter ihm aus der Tür gestürmt und stehengeblieben, und auf Motos Gesicht breitete sich ein häßliches, triumphierendes Lachen aus. Er trug wieder ein Schwert, hielt es aber nun in der linken Hand. In der rechten lag eine Maschinenpistole, deren Lauf auf Indianas Brust gerichtet war.

«Sie waren sehr tapfer, Dr. Jones«, sagte er.»Aber ein tapferer Mann sollte auch wissen, wann er verloren hat. Geben Sie mir das Schwert!«

Indiana schüttelte den Kopf, wich einen Schritt zurück und spürte, wie er gegen das Geländer stieß. Moto machte einen weiteren Schritt in seine Richtung und blieb abrupt stehen, als Indiana den Arm ausstreckte und Dschingis Khans Schwert über den Abgrund hielt.

«Halt!«sagte Indiana, leise, aber in einem sehr entschlossenen Ton.»Noch einen Schritt, und ich werfe es hinunter.«

Motos Reaktion war anders als er erwartet hatte. Er kam nicht näher, aber er wirkte nicht erschrocken oder gar besorgt, sondern lachte nur noch breiter.»Das kannst du gar nicht, Amerikaner«, sagte er.»Versuch es. Laß es los. Wirf es in die Tiefe, und ich schenke dir das Leben.«

Indiana starrte ihn eine Sekunde lang ungläubig an — und ließ das Schwert los.

Wenigstens versuchte er es.

Es ging nicht. Seine Finger weigerten sich, sich zu öffnen. Die gleiche, unvorstellbare Kraft, die ihn befähigt hatte, Motos furchtbaren Schlägen standzuhalten und sich gegen seine Soldaten zu wehren, hinderte ihn jetzt daran, das Schwert loszulassen und es für alle Zeiten zu vernichten.

Der Japaner kam ganz langsam näher.»Sehen Sie, Dr. Jones?«sagte Moto mit einem neuerlichen häßlichen Lachen.»Es gibt eben Dinge, die nicht einmal der berühmte Dr. Indiana Jones weiß. Es gibt nur einen Weg, sich von diesem Schwert zu trennen.«

«Und … welcher ist das?«fragte Indiana stockend, obwohl er das unangenehme Gefühl hatte, die Antwort auf diese Frage sehr genau zu kennen.

«Du kannst dich nur von ihm trennen, indem du stirbst«, sagte Moto.»Und dabei helfen wir dir jetzt.«

Er trat zurück und machte eine befehlende Geste, und einer seiner Soldaten hob sein Gewehr und legte auf Indiana an. Ein Schuß krachte. Der Ninja taumelte, ließ seine Waffe fallen und sank wie in Zeitlupe auf die Knie. Auf seiner Brust breitete sich ein roter, rasch größer werdender Fleck aus.

Moto und die drei anderen Ninjas fuhren im gleichen Moment herum — und erstarrten, als sie die blutüberströmte Gestalt erblickten, die in der Tür hinter ihnen erschienen war.

Es war Dzo-Lin. Seine schwarze Uniform hing in Fetzen, und er blutete aus einem Dutzend Wunden, so daß es Indiana wie ein Wunder vorkam, daß er überhaupt noch die Kraft hatte, sich auf den Beinen zu halten. Ein irrer Ausdruck hatte sich auf seinem Gesicht ausgebreitet. Rotgefärbter Speichel lief über seine Lippen. Trotzdem trug er das schwere Maschinengewehr, mit dem er sich in der Heiligen Halle verteidigt hatte, jetzt nur in einem Arm. Mit der anderen Hand umklammerte er Tamara, die sich ebenso verzweifelt wie ergebnislos aus seinem Griff zu winden versuchte.

«Keiner rührt sich!«schrie er. Er schwenkte das Maschinengewehr, um seine Worte zu unterstreichen, und weder Moto noch seine drei Soldaten wagten auch nur zu atmen.

«Amerikaner!«sagte Dzo-Lin.»Wirf das Schwert zu mir!«

Indiana reagierte nicht. Er hätte die Klinge nicht einmal dann losgelassen, wenn er es gekonnt hätte, denn er wußte, daß dies sein Todesurteil gewesen wäre. Und auch das Tamaras.

«Das Schwert!«sagte Dzo-Lin noch einmal, und das Maschinengewehr richtete sich jetzt auf Indy.»Gib es mir, oder ich hole es mir!«

Tamara bäumte sich mit verzweifelter Kraft im Griff des Chinesen auf, aber es gelang ihr nicht, sich loszureißen. Verzweifelt sah sie Indiana an.»Spring, Indy!«schrie sie.»Rette die Welt vor diesen Ungeheuern! Spring und nimm das Schwert mit!«

Und Indiana Jones tat etwas, das ihn selbst am meisten überraschte. Mit einer einzigen schnellen Bewegung schwang er sich auf die Brüstung des schmalen Eisgeländers und breitete die Arme aus.

Dzo-Lin, Moto und die drei Ninja-Soldaten erstarrten zur Reglosigkeit.

«Das wagen Sie nicht!«flüsterte Moto.»Dazu haben Sie nicht genug Mut!«

«Probieren Sie es aus«, sagte Indiana. Der Wind zerrte an ihm, als wolle er ihn mit unsichtbaren Händen in die Tiefe reißen, und er spürte, wie seine Kräfte zu schwinden begannen.

Vielleicht hatte Tamara recht. Vielleicht war sein Tod der einzige Weg, den von Zehn-, wenn nicht Hunderttausenden anderer Menschen zu verhindern. Vielleicht mußte er sein Leben geben, um den Blutdurst dieses Schwertes zu stillen, ehe seine uralte böse Macht vollends wieder erwachte und ganz Asien in einem Ozean von Blut ertränkte.

«Dr. Jones!«

Indiana sah mit einem Ruck auf und gewahrte eine winzige, in ein schmuckloses, graubraunes Gewand gehüllte Gestalt auf einem schmalen Balkon hoch über seinem Kopf. Lobsang!