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»Gehen Sie zum Teufel«, schimpfte Indy.

»Aber sicher«, sagte Sarducci. »Nur wird das noch eine ganze Weile dauern. Wie Faust habe ich einen Handel abgeschlossen und warte nur darauf, daß der Teufel meinen Teil der Abmachung einfordert. Aber Sie, mein Freund, sind jetzt schon soweit.«

»Und dennoch gibt es eine Alternative«, schlug er vor. »Schließen Sie sich mir an, dann können Sie alle Liebe in Ihrem Herzen ausradieren. Liebe ist eine mitleidserregende menschliche Gefühlsregung. Sie ermutigt uns zur Schwäche, zu Opfern, dazu, daß man das Wohlergehen anderer höher schätzt als das eigene. Im krassen Widerspruch zu den Regeln des Überlebens. Miss Dunstins Bruder hat erkannt, daß Wahrheit in meinen Worten liegt. Zuerst verhielt er sich widerspenstig, aber jetzt wartet die Welt auf ihn. Wählen Sie den dunklen Pfad, Dr. Jones. Dann können Sie sich an ihr erfreuen und müssen nicht ein einziges Mal zurückblicken.«

»Sie sind krank«, sagte Indy. »Ich meine, wirklich krank. Sie tun mir leid, Leonardo, denn ich weiß, daß Sie frisier einmal lieben konnten. Begreifen Sie denn nicht, daß Sie krank sind, daß es an der Kopfverletzung liegt -«

»Halt«, rief Sarducci und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Er legte die Hand auf die Stirn. »Es ist überall dokumentiert, daß der Manifestation eines Genies oftmals ein gewalttätiges Trauma vorangeht.« Er holte tief Luft und lächelte. »Wenn Sie nun die Freundlichkeit hätten«, wandte er sich an Alecia.

»Sie sind geisteskrank«, behauptete sie. Alecia nahm das Kopftuch und die Sonnenbrille ab. »Hier. Sind Sie nun zufrieden? Jetzt können Sie sich vorstellen, wie ich aussehen werde, wenn ich tot, tot, tot bin! Und nun verraten Sie mir, wo mein Bruder ist!«

Sarducci stand einen Moment wie gebannt da. Schockiert versuchte er, ihren Anblick zu verkraften. Er legte die Hand auf den Mund, taumelte nach hinten und lehnte sich mit wackeligen Knien an seinen Schreibtisch.

»Mona«, keuchte er.

Alecia warf Indy einen fragenden Blick zu.

»Mona«, wiederholte Sarducci.

Indy nahm Alecia am Arm und ging mit ihr zur Tür.

»Aber wir wissen nicht, wo Alistair steckt«, protestierte sie.

»Doch, das wissen wir. Er gehört zu ihnen. Mehr brauchen wir nicht zu wissen«, sagte Indy. »Bitte ihn, die Tür auf zuschließen.«

Sarducci schien sich langsam zu erholen.

»Ich werde Sie gehen lassen«, murmelte er mit zittriger Stimme. »Um meiner Mona willen. Aber sobald Sie über die Türschwelle schreiten, beginnt das Spiel von vorn. Miss Dunstin, wir werden uns Wiedersehen. Das kann ich traurigerweise von Ihnen nicht behaupten, Dr. Jones. Wie sagte einer Ihrer Dichter: Sie sind derjenige, dessen Name auf dem Wasser geschrieben steht. Auf Wiedersehen.« Sarducci hielt inne.

»Noch eine letzte Sache«, sagte er, »damit Sie hier nicht mit leeren Händen weggehen müssen. Ich weiß, daß der kleinste Hoffnungsschimmer den Verzweifelten Mut machen kann. Und diesen Hoffnungsschimmer möchte ich Ihnen schenken, nicht aus Freundschaft, sondern in der Hoffnung, Ihr Leid zu verlängern. Alistair ist unter der roten Sonne.« Dann drückte er auf einen Knopf auf der Gegensprechanlage.

»Caramia. Schließen Sie die Tür auf.«

Indy zog Alecia durch den Vorraum auf den Flur hinaus. Der Marmor unter ihren Füßen war spiegelglatt.

»Auf Wiedersehen«, rief Caramia ihnen hinterher.

»Das war ein formidabler Plan, Jones«, schnaubte Alecia vor Wut. »Und er hat wirklich gut funktioniert. Er hatte alles, was er braucht - das Element der Überraschung, Einfallsreichtum, absolute Dummheit. Was hast du dir dabei nur gedacht?«

Sie stürmten in die Haupthalle, vorbei an der Guillotine, und hatten schon fast die Lobby erreicht, als das Telefon auf dem Empfangspult klingelte. Der Wächter nahm den Hörer ab.

»Nicht da entlang«, sagte Indy und zog sie in einen anderen Korridor. Ihre Schritte hallten auf dem Steinfußboden wider.

»Zieh deine Schuhe aus«, ordnete er an.

»Was?«

»Zieh sie aus!«

In Strumpfsocken liefen sie einen Gang hinunter, eine Treppe hoch und durch eine Ausstellung über das alte Rom. Einen römischen Legionär aus Wachs erleichterte Indy um sein Schwert.

»Weißt du, wie man damit umgeht?«

»Theoretisch ja«, antwortete Indy.

»Wie gut tanzt du?« wollte Alecia wissen.

»Was hat das damit zu tun?«

»In einem alten keltischen Sprichwort heißt es: Gib niemals einem Mann ein Schwert, der nicht tanzen kann«, sagte sie. »Nun, kannst du tanzen?«

»Du kannst nicht schwimmen«, verteidigte er sich. »Jeder hat etwas, das er nicht kann.«

»Gib mir das Schwert«, forderte sie.

Am Ende des Flurs tauchte ein Wächter auf und versperrte ihnen den Weg. Wegen des rutschigen Marmorbodens dauerte es eine Weile, bis sie kehrtmachen konnten.

»Fermata!« rief der Wächter. In Händen hielt er ein kurzläufiges Maschinengewehr mit großem Munitionsclip.

»Die haben hier aber wirklich einen Narren an Maschinengewehren gefressen«, fand Indy, während sie im Laufschritt um die Ecke bogen. Alecia packte ihn beim Kragen und drückte ihn gegen die Wand.

Sie legte einen Finger auf den Mund.

Das Absatzklacken des Wächters kam auf sie zu. Alecia hielt das Schwert über der rechten Schulter. Als der Gewehrlauf um die Ecke kam, führte Alecia das Schwert nach unten. Funken stoben, als die schwere Klinge dem Mann die Waffe aus der Hand riß.

Verblüfft blieb der Wächter vor ihr stehen. Alecia schlug zum zweiten Mal zu und haute ihm die flache Seite der Klinge auf die Stirn. Bewußtlos ging er zu Boden.

Indy nahm das Gewehr.

»Ich nehme an, das willst du auch für dich haben?« fragte

er.

»Schußwaffen kann ich nicht leiden«, entgegnete sie.

Mit einem großen Schritt stiegen sie über die bewußtlose Wache und begaben sich in eine andere Halle. Der große Raum war den Kulturen Zentral- und Südamerikas gewidmet. Alecia zupfte an Indys Ärmel und zeigte auf eine Reihe Fenster auf der gegenüberliegenden Seite. Jenseits der Glasscheiben konnte Indy die Steinbalustrade eines Balkons ausmachen, der auf die Straße hinausging.

Aus dem Stockwerk unter ihnen drang Geschrei hoch. Sie rannten an Glasvitrinen mit Kunstgegenständen der Inkas, Mayas und Azteken vorbei. »Nicht schlecht«, rief Indy, als sie unter einem rekonstruierten, in Tulum ausgegrabenen Steinbogen durchrannten.

Und dann blieb Indy ganz unvermittelt stehen.

»Was ist denn?« rief Alecia. »Laß uns weitergehen.«

Auf einem Steinsockel - umschlossen von einem Würfel aus dickem Glas - lag der Kristallschädel. Durch eine von unten angebrachte Lampe leuchteten die Augenhöhlen in einem unirdischen Licht.

Alecia stellte sich neben ihn.

»Das ist er, nicht wahr?« fragte sie.

Indy machte sich an dem Glaswürfel zu schaffen, versuchte, den Sockel umzustoßen, aber er gab keinen Millimeter nach. Nun hieb er mit dem Gewehrgriff auf das Glas ein, dem er trotz aller Anstrengung nicht einmal einen Riß zufügte.

»Jones, sie kommen«, warnte Alecia ihn.

»Aber ich muß ihn haben. Das ist unsere einzige Chance.«

»Wir haben keine Zeit.«

Indy trat ein paar Schritte zurück, entsicherte das Maschinengewehr und zielte auf das obere Drittel des Würfels. Insgeheim hoffte er, Glück zu haben und nicht aus Versehen auch noch den Kristallschädel zum Bersten zu bringen.

»Geh zurück«, rief er Alecia zu.

Sie suchte hinter einer Säule Deckung. Indy drückte ab. Das Stakkato des Maschinengewehrfeuers war ohrenbetäubend. Jammernd und pfeifend prallten die Kugeln vom Glas ab.