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»Es ist gut, daß es nicht so ist«, gab Sallah zu bedenken. »Sie würden nur gierig trinken, und dann schwellen ihre Bäuche an, bis sie straucheln und sterben.«

»Ich wünschte, wir hätten mehr Wasser für uns«, sagte Indy. »Die beiden Wasserflaschen, die Sallah mitgebracht hat, haben während der Auseinandersetzung mit den Faschisten Kugeln abgekriegt. In jeder von beiden ist noch etwas übrig, aber nicht viel.«

Der Blick des Prinzen schweifte über die Tempelruinen. Er dachte angestrengt nach. »Diese Steine werden uns ein gewisses Maß an Deckung und Schutz bieten«, sagte er nach einer Weile.

»Aber nicht viel«, wandte Alistair ein. »Und außerdem können die anderen uns ohne Schwierigkeiten einkreisen.«

»Keinen Schutz vor den römischen Schweinen«, klagte Farqhuar. »Vor dem Sturm, der aus Osten heranzieht. Haben Sie ihn nicht gesehen? Wenn die Zeit kommt - und das wird so schnell passieren, wie wenn ein Blitz einschlägt -ziehen Sie Ihre Pferde mit nach unten und halten Sie sie dort fest.«

»Sie meinen einen Sandsturm?« fragte Indy.

»Sturm ist Sturm.«

Indy stellte sich auf einen zerbrochenen Pfeiler. Der Wind zerrte an seinen Kleidern und Sand kratzte über das Leder seiner Jacke.

»Möchtest du das Fernglas?« bot Sallah an.

»Ich brauche es nicht«, sagte er. »Die sind knapp eine Meile hinter uns und kommen schnell voran. Fünf Panzerfahrzeuge und ein paar Lastwagen. Ich könnte schwören, die sind bis zum Rand vollgestopft mit Soldaten.«

Farqhuar nahm seine Thompson von der Schulter und gab dem Nomadentrio ein Zeichen, hinter den Steinen Position zu beziehen.

»In ein paar Minuten wird die Entscheidung fallen«, sagte der Prinz, »ob wir uns zuerst der Natur oder den Menschen stellen müssen. Falls wir zuerst gegen die Faschisten kämpfen, wartet ab, bis sie nah genug sind. Jeder Schuß zählt. Falls es die Natur sein sollte, konzentriert euch auf eure Gebete. Das ist das erste Gebot der Wüste.«

»Und ich dachte, das erste Gebot lautet: Haltet zusammen«, sagte Indy.

Farqhuar grinste.

Der Wind wurde immer stärker, und dann - von einer Minute auf die andere - stellte sich Windstille ein.

»Seht doch«, sagte Alecia und zeigte nach Osten.

Eine dunkle Wolke wälzte sich anscheinend im Zeitlupentempo über den Wüstenboden. Aus der anderen Richtung näherte sich die Kolonne der Faschisten. Nun konnte Indy die Nummern der Einheiten lesen, die auf die Motorhauben der Wagen gepinselt waren.

Die Kolonne hielt an. Kurz darauf drehte das erste Fahrzeug, beschrieb einen Kreis und bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung. Die anderen Fahrzeuge folgten dem Beispiel.

»Sie versuchen also, dem Sturm zu entkommen«, schloß Indy aus dem, was er sah.

»Die Pferde«, sagte Sallah. »Sorgt dafür, daß sie sich hinlegen und legt euch dann auf die Hälse.«

Farqhuar wickelte ein Tuch über Nase und Mund, griff nach Arcturus Zaumzeug und verdrehte dem Tier vorsichtig den Hals, bis es sich in den Sand legte. So verfuhren auch die anderen, und als das letzte Tier auf dem Boden lag, fiel der Sturm mit der Gewalt eines Güterzuges über sie her.

Indy steckte seinen Hut in die Lederjacke und preßte Alecia an sich. Sie hielten sich hinter ihrem Pferd versteckt. Überall war Sand. Der Wind trieb ihnen den Sand in Augen, Mund, Nase und vor allem in die Ohren.

»Ich ersticke«, jammerte Alecia.

»Denk an etwas anderes«, riet Indy ihr. »Drück den Kopf nach unten und schiebe ihn in deine Armbeuge, dann fällt dir das Atmen leichter.«

Trotz der Tempelsteine, die einen Teil des Sturmes abhielten, wuchsen die Sandmassen schnell an und drohten, sie lebendig zu begraben. Mit den Händen schaufelte Indy Sand weg, aber das war so, als schöpfe man einen Swimmingpool mit einer Teetasse aus.

Nach sieben Minuten war der Sturm vorüber.

Indy befreite sich und half dann Alecia. Er gab ihr eine Ohrfeige, und sie schnappte nach Luft.

»Seid ihr beide in Ordnung?« fragte Sallah, der den Sand von seinen Gewändern bürstete.

»Ja, ich denke schon«, antwortete Indy.

Alecias und Indys weißes Pferd stand auf. Mehrere hundert Pfund Sand rutschten vom Rücken des Tieres. Voller Mitgefühl tätschelte Indy die Flanke der Stute.

»Wo steckt Alistair?« fragte Alecia.

»Hier«, rief er und streckte die Hand hoch. »Doch mein Pferd ist leider tot.«

Prinz Farqhuar fiel auf einen Sandhaufen und hielt die Hände vors Gesicht. »Einer meiner Männer ist tot«, klagte er. »Und die Wüste hat auch das Leben meines armen Arc-turus, des Sterns des Westens, gefordert.«

»Und wie steht es mit unseren Verfolgern?« wollte Alecia erfahren.

Indy stieg wieder auf die Tempelsteine und suchte mit dem Fernglas die Wüste ab. Sallah gesellte sich zu ihm.

»Was siehst du?«

»Nichts«, sagte Indy. »Absolut gar nichts, nirgendwo eine Spur von ihnen.«

»Die Wüste«, sagte Farqhuar. Zusammen mit seinen beiden Nomaden begann er, den Leichnam des dritten auszugraben. »Sie gibt, sie nimmt. Das eine verbirgt sie, das andere legt sie frei. Und sie verändert sich fortlaufend.«

»Wenn wir nur wüßten, wo die stecken«, sagte Indy.

»Es tut mir leid, daß ich Ihnen nicht helfen kann«, entschuldigte Farqhuar sich. »In diesem Teil des Landes hält sich mein Volk nur selten auf, weil diejenigen, die hierherkommen, nur selten zurückkehren.«

»Aber Indy«, meinte Sallah, »wir befinden uns etwa zehn Kilometer hinter der ägyptischen Grenze. Das müßte hinkommen, wenn man die Richtung und das Tempo, mit dem wir uns fortbewegt haben, bei der Schätzung berücksichtigt.«

»Ich muß es aber genau wissen«, sagte Indy. »Ich weiß, daß wir in einem Radius von ungefähr fünfzehn Meilen vom Standort des Grabs des Hermes sein müßten - der laut Überlieferung in der Nähe einer Oase liegt -, aber das heißt leider, daß wir - wenn es hart auf hart kommt - mehr als zweihundert Quadratmeilen Wüste durchzukämmen haben.«

»Du machst dir immer das Leben schwer, Indy«, fand Sallah. »Warum hast du das nicht gleich gesagt? Bevor ich Kairo verlassen habe, habe ich ein paar Sachen eingepackt, von denen ich meinte, daß wir sie vielleicht gebrauchen könnten: Karten, einen Kompaß, eine Flasche Brandy. Natürlich nur zum medizinischen Gebrauch.«

»Sallah, ich könnte dich vor Freude küssen.«

»Es wäre mir angenehmer, wenn du das unterläßt«, sagte Sallah mit todernster Miene. Er kramte den Kompaß und eine Rolle Karten aus seiner Satteltasche heraus.

Indy warf einen Blick auf die Karten, entschied sich für eine und breitete sie auf einem Steinquader aus. Auf die Ek-ken legte er kleinere Steine.

»Diese Karte ist nicht besonders genau, aber für unsere Zwecke reicht sie. Seht euch das einmal an. Das hier sind die zwei höchsten Gipfel. Und wie lauten der Längen- und Breitengrad?«

Alistair drehte sich, um sich besser zu orientieren, und zeigte dann nach Norden. »Dort liegt einer der Gipfel«, sagte er, ehe er nach Südwesten zeigte. »Und da der andere.«

»Gut«, sagte Indy. Er zog sein Feldnotizbuch aus dem Jakkenfutter und nahm einen Bleistift in die Hand. Dann öffnete er den Kompaß, richtete ihn aus und las die Richtung ab. Die Gradzahlen notierte er sich. So verfuhr er auch mit dem zweiten Gipfel. »Ich brauche den Winkelmesser und das Lineal.«

Sallah brachte ihm die geforderten Gegenstände.

Nachdem er die Abweichung vom geographischen Norden miteinbezogen hatte, errechnete Indy die Gradzahl mit dem Winkelmesser und zog mit dem Lineal eine Linie südlich vom ersten Berggipfel. Eine zweite Linie verlief nordöstlich vom zweiten Gipfel.