Выбрать главу

Indy setzte seine Lesebrille auf, öffnete die Aktentasche und begann nach den Notizen für die Morgenvorlesung zu

kramen. Da er sie dort nicht fand, suchte er in der Schreibtischschublade weiter. Gerade als er die unterste Schublade durchforstete, klopfte jemand an seine Bürotür.

»Verschwinden Sie, Harold«, rief er.

Das Klopfen setzte erneut ein.

»Dr. Jones?« rief eine Stimme.

Indy murrte leise, warf einen Blick auf die Schreibtischplatte und auf den Boden unter dem Möbelstück, ehe er sich erhob und die Tür aufschloß.

Die drei Männer aus dem V-8 Ford warteten auf der anderen Seite der Tür. Die beiden vorn stehenden Männer trugen dunkle Anzüge, während der Mann hinter ihnen die Uniform eines Armee-Offiziers trug.

»Indiana Jones?«

»Ja«, sagte Indy ungeduldig.

»Entschuldigen Sie die Stör ...«, begann der vierschrötige Mann und hielt dann inne, als er sah, daß Indy sich abklopfte und damit versuchte, die verschwundenen Karten aufzuspüren. »Stimmt was nicht?«

»Was? Oh«, sagte Indy und grinste einfältig. »Ich habe meine Notizen für die Vorlesung heute morgen verlegt. Bitte verzeihen Sie meine Zerstreutheit.«

»Nun, ich denke, sie geht mit Ihrem Beruf Hand in Hand«, räumte der Vierschrötige ein, Indys Socken skeptisch musternd. »Dürfen wir vielleicht reinkommen?«

Die Glocke in der Kuppel auf der Nassau Hall begann in einem glasklaren D zu läuten, als Aufforderung an die Studenten, sich in ihre jeweiligen Unterrichtsräume zu begeben.

»Ich habe nicht viel Zeit«, sagte Indy.

»Wir auch nicht«, sagte der Mann. »Uns beschäftigt eine Angelegenheit von nicht unbeträchtlicher Wichtigkeit, und wir haben den ganzen langen Weg aus Washington zurückgelegt, um Sie zu treffen. Sicherlich können Sie uns ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit schenken.«

Indy warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

»Warum nicht?« lud er sie ein.

Das Trio quetschte sich ins Büro, während Indy schon damit beschäftigt war, Kisten und Schachteln von Stühlen zu räumen und Platz zu schaffen, damit sie sich setzen konnten. Dann trat er hinter seinen Schreibtisch und hob den Telefonhörer ab.

»Es hat sich etwas Wichtiges ergeben«, erklärte er Pene-lope Angstrom, der Abteilungssekretärin. »Hätten Sie die Freundlichkeit, meine Neun-Uhr-Studenten zu informieren? Ja. Ich werde gleich kommen. Oh, und Miss Angstrom? Bitten Sie sie, die Unterlagen über Troja nochmals durchzusehen. Vielen Dank.«

Indy legte den Hörer wieder auf die Gabel zurück.

»Ich bin Agent Bieber«, sagte der muskulöse Mann und streckte ihm die Hand entgegen. »Der Name meines Partners lautet Yartz. Wir sind beim FBI. Das hier ist unser Berater, Major John M. Manly.«

Indy schüttelte allen dreien die Hand. Yartz war ein schlanker, angenehm wirkender Mann. Manly war älter als die beiden, hatte ein markantes Kinn und klare braune Augen.

»Ich kenne Ihre Arbeiten, Major«, verriet Indy. »Ihre Kritik an Newbolds Lösung im Speculum hat mich beeindruckt. Aber hätten Sie eventuell die Freundlichkeit, mir zu erklären, wie es dazu kam, daß der fähigste Chaucer-Ge-lehrte dieses Landes vom Militärischen Geheimdienst angeheuert wurde?«

Manly lächelte.

»Ich verfüge über Talent, was das Zusammensetzen von Puzzles angeht«, sagte Manly. »Kurz bevor Amerika in den Krieg eingetreten ist, wurde ich vom Kryptographiekorps rekrutiert. Und nun stelle ich ihnen hin und wieder meine Dienste zur Verfügung, in der Hoffnung, so den nächsten Krieg verhindern helfen zu können. Sagen Sie, ich glaube, ich habe Ihren Vater Henry Jones kennengelernt, als ich vor dem Krieg an der Universität von Chicago arbeitete. Damals war er hier in Princeton. Wie geht es dem alten Herrn?«

»Dad und ich haben uns seit Jahren nicht gesehen.«

Bieber zündete sich eine Lucky Strike an und streckte Indy das Päckchen hin.

»Ich rauche nicht«, sagte Indy.

Bieber zuckte mit den Achseln und zupfte einen Tabakkrümel von der Unterlippe, ehe er die Zigaretten an Yartz weiterreichte.

»Gentlemen, ich möchte nicht Ihre Zeit verschwenden«, führte Indy aus und legte die Brille ab. »Mein Kollege Marcus Brody hat mir verraten, daß ich mit Ihrem Besuch rechnen darf. Ich fürchte leider, daß ich Ihnen mit dem Voynich-Manuskript nicht behilflich sein kann, weil Verbrechen nicht zu meinem Betätigungsfeld gehören. Diese Dinge, die Sie in diesem Raum aufbewahrt sehen, diese Gegenstände, die der Erde abgetrotzt wurden, das ist es, worin ich gut bin. Falls Sie einen Experten suchen, steht Ihnen ja Professor Manly zur Verfügung.«

»Ein Schritt nach dem anderen«, sagte Bieber und grinste ihn über eine blaue Rauchwolke hinweg an. Er zog einen Bleistift und einen billigen Notizblock aus der Tasche. »Wir werden gern bei Ihnen anfangen, Dr. Jones. Können Sie Ihr Interesse am Okkulten erläutern?«

»Wie bitte, ich verstehe nicht?«

»Man hat mir gesagt, daß Sie eine Nische geschaffen haben in den dunkleren Ecken der Archäologie. Hexen, schwarze Magie, ja selbst Menschenopfer. Einem normalen, durchschnittlichen Menschen muß das etwas ... befremdlich vorkommen.«

Indy lachte.

»Das ist ganz einfach. In alten Kulturen wurde Magie als real angesehen. Sie gehörte zum Alltag der Menschen. Die Magie verriet ihnen, wann sie auf Jagd gehen, wann sie aus -säen, wann sie Städte bauen sollten. Falls man vorhat, diese Kulturen ernsthaft zu studieren, ist die Kenntnis dieser Glaubensformen dringend erforderlich - was aber noch lange nicht heißt, daß ich persönlich ein Anhänger der Schwarzen Magie bin.«

Bieber grunzte.

»Wie verhält es sich mit Ihrer Verbindung zu diesem Museum in New York?« fragte er. »Allem Anschein nach hat es mehrere Beschwerden über Ihre zwielichtigen archäologischen Ausgrabungen gegeben. Ihr Vorgehen, wurde uns gesagt, kann nicht gerade als exemplarisch angesehen werden. Das Britische Konsulat hat ziemlich sauer auf Ihre letzte Eskapade reagiert.«

»Sie haben sich mit Gruber unterhalten, nicht wahr?« wollte Indy erfahren.

»Vielleicht wäre das ein Punkt, wo wir nachhaken sollten«, meinte Bieber. Die Asche seiner Zigarette war auf ein gefährliches Maß angewachsen, und er hatte die Frechheit, sie in Indys Zeremonienschale auf dem Schreibtisch abzustreifen.

Da verzog Indy angewidert die Miene und entfernte die Asche wieder.

»Benutzen Sie bitte den Aschenbecher auf dem Regal hinter Ihnen«, sagte er, »und nicht dieses dreitausend Jahre alte Artefakt aus Ägypten.«

»Entschuldigung«, murmelte Bieber.

»Ich möchte mich für die Ungeschicklichkeit meines Kollegen entschuldigen«, ließ Yartz verlauten und grinste übers ganze Gesicht. »Manchmal verwendet er einen Bulldozer, wo ein herkömmlicher Spaten ausreichen würde. Worauf wir hinauswollen, Dr. Jones, ist der Umstand, daß das Büro bereit wäre, ein paar Ihrer ... Überschreitungen zu übersehen, falls Sie gewillt sind, uns beim Voynich-Manu-skript behilflich zu sein.«

»Wieso ich?« wollte Indy wissen.

»Ihr Ruf eilt Ihnen voraus«, sagte Yartz. »Soweit wir wissen, können Ihre unkonventionellen Vorgehensweisen ziemlich erfolgreich sein. Uns geht es nicht so sehr darum, dieses Verbrechen zu lösen, sondern wir möchten das Manuskript zurückhaben, egal, welche Mittel dazu nötig sind.«

»Egal, welche Mittel dazu nötig sind?« wiederholte Indy. »Das klingt nicht logisch. Warum ist die Regierung so scharf auf ein uraltes, unlesbares Manuskript?«