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Mit leerem Blick reichte ich ihm eine Zehndollarnote.

»Wofür ist denn das?« Er riss mir den Geldschein aus den Fingern und schimpfte weiter. »Ich steh nicht auf Tricks, Mann! Ich bin keine Schwuchtel. Wenn Sie ein Mädchen ficken wollen, okay, ich hab eins hier, aber lassen Sie den Scheiß! Sie fangen langsam an, mir Angst zu machen …« Dann brüllte er in Richtung der Tür, die anscheinend zum Schlafzimmer führte: »Candace! Komm da raus!«

Bevor ich widersprechen konnte, öffnete sich die Tür und eine scheue und sehr nackte Frau Mitte zwanzig kam hindurch. Sie bedeckte mit einer Hand ihren bloßen Schamhügel und mit der anderen versuchte sie, die beiden angeschwollenen Brüste zu verdecken. Was sie jedoch ganz und gar nicht verbergen konnte, war ihr riesiger Bauch, der ihre Schwangerschaft im letzten Trimester deutlich zutage treten ließ. Beiläufig hörte ich, dass im Nebenzimmer ein Radio lief, aus dem, glaube ich, »Heaven Can Wait« von Glen Gray ertönte.

Das Mädchen lächelte mich schief an, was ich trotz der Haare, die ihr ins Gesicht fielen, erkennen konnte. »Hallo. Wir … wir werden eine schöne Zeit zusammen haben, Sir …«

Noch mehr von der realen Welt, die mir immer weniger gefiel. Inzwischen hatte ich den Schreck über diesen furchtbaren Irrtum halbwegs verdaut und runzelte die Stirn, um mich dann direkt an Zalen zu wenden. »Ich habe Ihnen das Geld gegeben, damit Sie nicht das Gefühl haben, Ihre kostbare Zeit wäre vergeudet. Ich habe kein Interesse an Prostitution oder Pornografie.«

Zalen kicherte. »Ach, kommen Sie, Mr. Morley. Hatten Sie Ihren Schniedel jemals in einer schwangeren Frau? Ich wette nicht!«

»Sie sind ein gottloser Strolch!«, schrie ich ihn an.

»… und Sie können sie noch nicht mal schwängern.«

In diesem Moment wünschte ich mir nichts mehr, als dass Blicke töten konnten; mein angewiderter Blick hätte ihn vermutlich in zwei Teile geteilt. »Ich interessiere mich für ein ganz bestimmtes Foto, das sich, wie mir gesagt wurde, in Ihrem Besitz befindet, und falls das der Fall ist, bezahle ich Ihnen weitere einhundert Dollar dafür.«

Zalen blieb bei meinen Worten der Mund offen stehen, dann scheuchte er das Mädchen mit einer Handbewegung zurück ins Schlafzimmer. »Einhundert Dollar, sagen Sie?«

»Einhundert Dollar.« Nun bemerkte ich kleine schwarze Pünktchen in den Ellenbeugen des Mannes, die ich erst für Pfeffer hielt, bis meine Naivität nachließ und mir mein Verstand sagte, dass es sich um Narben von Nadeleinstichen handelte. »Meine Geduld schwindet, Mr. Zalen. Haben Sie nun eine Fotografie eines Autors namens Howard Phillips Lovecraft oder nicht?«

Zum ersten Mal zeichnete sich ein echtes Lächeln auf Zalens Gesicht ab. Die Couch quietschte, als er sich hinsetzte und seine langen weißen Beine verschränkte. »Ja, ich erinnere mich an ihn. Er hatte eine Stimme wie ein Kazoo und hat nie was anderes gegessen als Ingwerplätzchen.« Auf einmal sprang er auf und zog etwas aus dem Bücherregal. Er zeigte es mir mit einem Grinsen, das seine Zahnlücken entblößte.

Es war ein Exemplar der Visionary-Publications-Edition von Schatten über Innsmouth.

Ich zog meines aus der Jacke und zeigte sie ihm ebenfalls.

»Ich hätte nicht gedacht, dass irgendjemand tatsächlich was von dem Kerl lesen würde, aber ich sag Ihnen, viele Leute taten es, nachdem das hier rausgekommen war, und sie waren nicht gerade glücklich über das, was er über unsere Stadt zu sagen hatte. Der Großteil von Olmstead lebte damals am Innswich Point, also hat er einfach den Namen zu Innsmouth geändert. Großer Gott. Hat alle Namen verändert, aber nur ein wenig, wissen Sie? Als ob er uns wissen lassen wollte, worüber er tatsächlich geschrieben hat.«

»Um Himmels willen, Mr. Zalen«, erwiderte ich. »Er hat einfach seine Eindrücke von dieser Stadt als Schauplatz für eine fantasievolle Geschichte genutzt. Sie bezichtigen ihn praktisch der Verleumdung. Alle Autoren tun etwas Derartiges.« Ich räusperte mich. »Also. Haben Sie das Foto?«

»Ja, ich habe es, aber nur das Negativ. Ich kann es Ihnen bis morgen entwickeln.« Sein Lächeln wirkte auf einmal verschlagen. »Aber den Hunderter nehme ich im Voraus.«

Ich bin kein Mann, der zu Konfrontationen oder brüskem Benehmen neigt, aber das wollte ich nicht hinnehmen. »Ich gebe Ihnen fünf Dollar als Bearbeitungsgebühr, und die restlichen fünfundneunzig bekommen Sie, wenn ich habe, was ich will«, entgegnete ich und warf ihm weitere fünf Dollar zu.

Er nahm sie nur zu begierig an sich. »Abgemacht. Morgen, so gegen vier.« Seine Augen verengten sich. »Wer hat Ihnen gesagt, dass ich das Bild habe?«

»Eine Freundin«, entgegnete ich. »Eine Frau namens Mary Simpson …«

Daraufhin warf er sich mit dem Rücken gegen die Lehne und heulte fast schon auf. »Ach, jetzt versteh ich! Sie ist eine Freundin von Ihnen, ja? Dann sind Sie wohl doch nicht der Saubermann, für den ich Sie gehalten habe.«

Bei der Bemerkung zuckte ich zusammen. »Was in aller Welt meinen Sie damit?«

»Mary Simpson war früher die Stadtschlampe. Jetzt ist diese Stadt voller Schlampen, aber Mary war die erste. Sie war eine Hure, Mr. Morley, eine Hure erster Klasse, wie mein Großvater zu sagen pflegte.«

»Sie lügen«, entgegnete ich entrüstet. »Sie versuchen nur, mich wütend zu machen, weil Sie Leute mit Geld verabscheuen. Ich sehe Ihr verschlagenes Grinsen, Mr. Zalen, aber ich hätte Lust, es Ihnen aus dem Gesicht zu wischen, indem ich doch kein Geschäft mit Ihnen mache, sondern diese Höhle aus Drogen und Liederlichkeit verlasse, die Sie Ihr Zuhause nennen.«

»Aber das werden Sie nicht tun, Mr. Morley, denn Typen wie Sie bekommen immer das, was sie haben wollen. Sie werden morgen wiederkommen und das restliche Geld bei sich haben. Sie wollen die Wahrheit eigentlich gar nicht wissen.«

»Und welche Wahrheit soll das sein?«

»Vor nicht allzu vielen Jahren war Mary Simpson die beste Hafenhure von ganz Innswich. Mann, sie hat acht oder zehn Babys gekriegt. Und durch sie habe ich eine Menge Kohle verdient.«

Bei der Prahlerei konnte ich nur noch grinsen. »Ich soll jetzt wohl glauben, dass Sie ihr Zuhälter sind, was?«

»Nicht bin, war. Vor etwa fünf Jahren hat mich die Schlampe verlassen.«

»Ich glaube Ihnen immer noch nicht. Sie hat mich über ihre Situation aufgeklärt und dass sie von ihrem Ehemann verlassen worden ist. Dieser Mann war gewiss von noch zweifelhafterem Ruf als Sie.«

»Ehemann, Jesus.« Er schüttelte den Kopf und grinste noch immer. »Wenn Sie das glauben, dann sind Sie bestimmt auch überzeugt davon, dass der Krieg der Welten aus dem Radio letzten Oktober tatsächlich stattgefunden hat.«

Natürlich hatte ich kein Wort davon geglaubt, ich hatte schließlich das Buch gelesen! Aber worauf wollte Zalen hinaus? Mir war klar, dass er versuchte, sein Spielchen mit mir zu spielen. »Und jetzt wollen Sie mir vermutlich auch noch erzählen, dass sie eine Drogenabhängige war, so wie Sie.«

»Nein, auf dem Trip ist sie nie gewesen, sie war nur verrückt nach Schwänzen.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Na ja, nach Schwänzen und Geld.«

»Und das soll ich einem Drogenabhängigen abnehmen, der so tief gesunken ist, dass er Bilder von unschuldigen jungen schwangeren Frauen an Degenerierte verkauft.«

»Es gibt eine Menge ›Degenerierter‹ in der Welt, Morley. Angebot und Nachfrage – das hat Ihr Kapitalismus hervorgerufen.« Er sah mir direkt in die Augen. »Sie wären überrascht, wie viele kranke Typen da draußen herumlaufen, die sich gern schwangere Mädchen ansehen.«

»Und Sie sind der Lieferant – zweifellos, um Ihren Drogenkonsum zu finanzieren«, fuhr ich ihn an. »Ohne das Angebot gäbe es keine Nachfrage, und dann würde die Sittlichkeit wieder Einzug halten. Doch das wird nie geschehen, solange Raubtiere wie Sie im Geschäft bleiben. Sie verkaufen Verzweiflung, Mr. Zalen, indem Sie die Unterdrückten und die von Armut Geplagten ausnutzen.«