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Ein Loch, grübelte ich. In der Wand …

Ein Guckloch?

Der Gedanke erschien absurd, jedoch konnte ich meinen früheren Eindruck nicht vergessen: Als ich gebadet hatte, hätte ich nicht nur schwören können, einen Menschen hinter der Wand atmen zu hören, sondern war erfüllt gewesen von dem Verdacht, beobachtet zu werden …

Mit Logik ließ sich mein nächstes Unterfangen nicht erklären. Zurück im Schrank entfernte ich vorsichtig weitere Stücke des Putzes. Der Schaden war bereits angerichtet, also machte eine weitere Beschädigung der Wand wenig aus; ich würde dafür bezahlen, unabhängig von der Größe des Loches. Ich schätze, meine Motive zu diesem frühen Zeitpunkt waren von meinem Unterbewusstsein bestimmt, doch nachdem ich weitere Putzstücke von der Wand entfernt hatte und mit meiner kleinen Taschenlampe in das Loch leuchtete, entdeckte ich einen Zwischenraum dahinter, der leicht für einen schmalen Gang gehalten werden konnte. Freilich hätte es sich dabei auch nur um einen Wartungsgang handeln können, für Zugang zu Rohren, elektrischen Leitungen oder so. Dennoch …

Ich entfernte noch einige Stücke, bis das Loch groß genug war, damit ich hindurchsteigen konnte, und dann krabbelte ich hinein.

Im Inneren wieder auf die Beine gekommen, näherte ich mich dem fadengleichen Lichtstrahl. Der Instinkt, selbstredend, führte mein Auge spornstreichs an ihn heran.

Ich blickte direkt in mein Badezimmer.

Es IST ein Guckloch, war mein erster Gedanke, doch dann: Nein, das ist lächerlich! Das Hilman war offenkundig eine respektable Herberge. Für das Loch konnte es eine Reihe vernünftiger Erklärungen geben: ein einfacher Baufehler, ein Nagelloch, wo ein Bild gehangen hatte.

Tiefer in der Dunkelheit bemerkte ich allerdings einen weiteren Lichtfaden.

Jede Vorsichtsmaßnahme ergreifend, um nicht zu stolpern, ging ich zu dieser Stelle und entdeckte zu meiner Bestürzung ein weiteres Loch, durch das ich direkt in das Schlafzimmer der Suite neben der meinen sehen konnte.

Jetzt war ich ratlos, was ich davon halten sollte. Ein leises Klappern drang an meine Ohren und, das Auge an das Loch gepresst, bemerkte ich Bewegung.

Es war das Zimmermädchen, mit dem ich gerade gesprochen hatte und das an diesem Morgen noch schwanger gewesen war. Mit ernstem Gesicht und leerem Blick nahm sie lethargisch die Aufgaben in Angriff, das Bett zu machen und das Zimmer aufzuräumen. Auf einem Stuhl neben der Tür bemerkte ich jedoch eine kleine Reisetasche, die offen stand und mit Kleidung gefüllt war. Und auf der Kommode?

Da lag ein schöner beigefarbener Koko-Kooler-Hut, identisch zu dem, den William Garret heute Morgen getragen hatte, als ich ihm begegnet war. Nahe der Tür stand zudem ein Aktenkoffer, der seinem allzu ähnlich erschien.

Aber Garret und sein Freund sind bereits abgereist, entsann ich mich.

Sobald das Zimmermädchen das Bett gemacht hatte, stopfte sie den Hut in die Reisetasche, schloss diese und trug sie und den Aktenkoffer aus dem Zimmer …

Nur die nüchternsten und sachlichsten Gedanken beschäftigten nun meinen Geist. Ich glaubte, dass sich auf dieser Seite des Flurs zwei weitere Zimmer befanden, und als ich in diese Richtung schaute – tatsächlich –, machte ich zwei weitere der dünnen Lichtstrahlen aus, die die Existenz zweier weiterer Gucklöcher anzeigten. In der entgegengesetzten Richtung dieses verborgenen Ganges waren einige mehr solcher Lichtstrahlen zu entdecken …

Ich hielt die Taschenlampe nach unten auf den Boden gerichtet. Falls dieser Gang in der Tat zu einem üblen Zweck existierte – entweder aus Perversität oder um sich aus der Ferne einen Eindruck von den Wertsachen eines Gastes zu verschaffen –, dann musste es eine Art unbeobachtbaren Zugang geben. Ganz am Ende des Ganges stieß ich auf etwas am Boden, das nur eine Falltür sein konnte.

Ich öffnete sie, entdeckte eine Sprossenleiter und ohne großartige bewusste Entscheidung fand ich mich als Nächstes die Leiter herunterklettern in den zweiten Stock des Hotels …

Der Abstieg geschah in völliger Finsternis, und ich glaubte mich schon in der Speiseröhre einer mesozoischen Kreatur auf dem Weg zu deren Magen. Eine türlose Öffnung kennzeichnete den verborgenen Gang parallel zum Flur des zweiten Stocks. Ich betrat ihn und sah mich ähnlicher Dunkelheit gegenüber. Ein Lichtfaden markierte jedes Zimmer in diesem Stockwerk, doch als ich einen schnellen Blick hineinwarf, sah ich nur unbewohnte Räume.

Also stieg ich weiter hinab zur nächsten Etage. Dem ersten Stock. Durch die Öffnung gelangte ich in einen anderen Korridor, dessen Dunkelheit nur durch weitere periodisch auftretende Lichtfäden erhellt wurde. Hier allerdings nahm ich schwach Stimmen wahr.

Ich schlich so langsam – und leise – wie möglich zum ersten Guckloch.

Aus meinem Blickwinkel konnte ich nur einen Teil des einfachen, sauberen Raumes dahinter erkennen und sah Regale mit Dosen, Schwämmen, Eimern, Handtüchern und anderen derartigen Dingen. Die Stimmen waren eindeutig weiblich und klangen ungezwungen. Mehrere junge Frauen befanden sich in dem Raum, die ich nur teilweise sehen konnte; sie schienen auf verschiedenen Sofas zu sitzen. Alle befanden sich in irgendeiner Phase der Schwangerschaft.

»… aus Providence, glaube ich, und er sieht ziemlich gut aus«, sagte eine.

»Oh, den kenne ich – er ist ziemlich schüchtern«, bemerkte eine andere.

»Und ziemlich reich! Habe ich zumindest gehört. Aus diesem Grund wollen sie ihn auch nicht nehmen.«

Mein Verstand geriet ins Stocken, während mein Auge auf dem Loch verblieb. Sprachen sie etwa … über mich?

Eine Dritte, kaum sichtbar, fügte hinzu: »Oh, ich weiß, wen du meinst.« Ein Kichern. »Ich war oben, habe durch die Gucklöcher geschaut und gesehen, wie er – ihr wisst schon – an sich herumgespielt hat!«

»Nein!«

»Er hat sich einen runtergeholt! In der Badewanne …«

Die anderen lachten, während ich, wie zu erwarten, meine Stimmung in den Keller rutschen spürte. Sie konnten nur über mich sprechen.

»… und du hast recht, er sieht recht gut aus, aber mir haben die anderen beiden viel besser gefallen.«

»Die Männer aus Boston?«

»Genau. Ich hätte nichts dagegen gehabt, es mal mit einem von ihnen zu tun zu bekommen.«

»Aber, Lisa! Von denen sieht jetzt keiner mehr besonders gut aus!« Daraufhin kicherten sie alle los.

Ich konnte nur durch das Loch starren, mehr mit meinen konfusen Gedanken beschäftigt als mit der Szene im Raum. Das war unerhört, Frauen, die überaus wahrscheinlich Zimmermädchen waren, spionierten Hotelgäste aus. Das war sicher strafbar, und ich hatte ganz sicher einen Anwalt, der das Hotel nur zu gern verklagen würde, aber …

Was war der Grund für all das?, fragte ich mich trotz meiner Beschämung und meines Schrecks. Frauen waren nicht gerade als Voyeure bekannt; diese Verirrung war allein Männern vorbehalten. Und der Verweis auf zwei Männer aus Boston konnte sich nur auf Mr. Garret und Mr. Poynter bezogen haben. Von denen sieht jetzt keiner mehr besonders gut aus?

»Gott, es ist nur so deprimierend, es tun zu müssen, wenn sie so sind«, kam eine andere Anmerkung. »Ich bin froh, dass ich schwanger bin.«

»Genau. Und sie werden den Mann aus Providence nicht behalten.«

»Warum nicht?«

»Ich hab doch gesagt, dass er reich ist. Die anderen sind immer arme Schlucker – keiner weiß, dass sie hier sind –, aber der Mann aus Providence …«

»Der ist kein armer Schlucker, wenn er reich ist. Jemand würde kommen und nach ihm suchen …«