Nur das Wort böse konnte das beschreiben, was ich als Nächstes hörte, und um einen direkten Vergleich zu ziehen, müsste ich sagen, es klang, als würde jemand einem rohen Huhn die Gelenke auskugeln, nur dass das »Huhn« in diesem Fall Zalen war. Ein heftigeres, reißendes Geräusch ertönte, anschließend ein lautes, feuchtes Platschen, als die inneren Organe des langhaarigen Strolchs aus dem Wagen geworfen wurden, gefolgt von dem abgenutzten schwarzen Regenmantel des Süchtigen.
Danach folgten die Arme, an den Schultergelenken entwurzelt.
Dann die Beine.
Das Ding nimmt ihn Stück für Stück auseinander, wurde mir bewusst.
Zuletzt folgte der Torso, doch Zalens Genitalien schienen sich nicht an der Leiste zu befinden. Ich konnte nur hoffen, dass ich mir das Kaugeräusch, das ich aus dem Wagen hörte, bloß einbildete.
Ich betrachte mich nicht als Feigling, dass ich allerdings nicht versucht habe, mit meiner Pistole dazwischenzugehen, dazu müssen Sie wissen, dass die oben beschriebene Zerlegung von Cyrus Zalen eine Angelegenheit von lediglich ein paar Sekunden gewesen ist. Stattdessen rollte ich hinter einen verrotteten Baumstumpf von beträchtlicher Breite. Eher Reflex denn bewusste Entscheidung lenkte meine Positionierung; ich lag auf dem Bauch, die Hände ausgestreckt und die Waffe haltend, tat ich mein Bestes, um eine Schussbahn zu etablieren zu dem Bereich, von dem ich wusste, dass die Kreatur ihn durchqueren müsste, falls sie mir nachjagte. Mit meinem Schussauge zielte ich über den Lauf der Waffe hinweg und wartete.
Und wartete.
Komm raus!, flehte ich.
Innerhalb des Wagens war keine bedeutsame Bewegung zu erkennen, wenngleich ich glaubte, ein geringfügiges Zucken darin bemerkt zu haben. Einen Augenblick später – und nur für einen Augenblick – schien ein ganz schwaches grünliches Leuchten darin zu fluoreszieren, und ich kann nur schätzen, dass es vom Beifahrersitz ausgegangen war. Eine Sekunde später war es fort.
Was mich dazu bewogen hat, Zalens Torso zu untersuchen, liegt außerhalb meiner Vorstellungskraft, aber als ich es tat, hatte ich die abscheuliche Offenbarung, dass der Kopf des Schuftes nicht länger Anschluss an dessen Hals besaß. Warum hatte das froschartige Monstrum alles herauskatapultiert bis auf den Kopf?
Etwas beschrieb in der Dunkelheit einen Bogen, schlug auf und rollte dann herbei, um meine Frage zu beantworten.
Zalens Kopf.
Der Kopf grinste auf eine Art und Weise, der Zalens abfälligen Ausdruck perfekt widerspiegelte. Das Weiß in seinen Augen glühte schwach und weniger als eine Minute lang in demselben grünlichen, geisterhaften Licht, dass ich im Wagen bemerkt hatte. »Überlegen Sie sich gut, was Sie tun, Morley«, sagte Zalens zerstörte Stimme, die von einem feuchten, matschigen Kichern begleitet wurde. »Sie haben nicht genug Kugeln, um die alle in Angriff zu nehmen, aber Sie haben eine Wahl.«
Die Worte des Toten paralysierten mich nahezu. Zalens Kopf kicherte, als ich mit der Waffe zitternd auf seine Stirn zielte. Mir fiel außerdem auf, dass der abgerissene und blutige Stumpf seines Halses phosphoreszierend glühte; ganz feine, rankenartige Spuren des Unterweltelixiers, das man dem Kopf verabreicht hatte – ich vermutete, das Elixier hatte auch Mr. Nowry, Candace und Gott weiß wie viele andere wiederbelebt.
»Was für eine … Wahl?«, brachte ich schließlich heraus.
»Schließen Sie sich dem Stadtkollektiv von Olmstead an …«
»Bombast«, stieß ich ungeachtet meines Ekels und meiner Furcht hervor. »Ich werde mich nicht am Kindsmord beteiligen noch werde ich den Feinden meiner Rasse Behilfe leisten.«
»Großer Gott, Mann. Wenn Sie sich ihnen nicht anschließen, sind Sie tot. Oh, sicher, vielleicht können Sie ein paar von denen niederschießen mit ihrem Pusterohr, aber letzten Endes werden die Sie kriegen.« Er zwinkerte. »Und wenn sie das tun, dann wird das kein schöner Anblick.«
»Eher würde ich mich selbst erschießen.«
»Nun, das ist die einzige andere Wahl, die Sie haben. Wenn Sie sich ihnen nicht anschließen wollen, dann tun Sie sich einen großen Gefallen, halten sich gleich jetzt die Waffe an den Kopf und betätigen den Abzug, Morley. Das Ding im Wagen hat mich in kürzerer Zeit auseinandergerissen, als man für einen Lidschlag braucht. Haben Sie eine Ahnung, wie weh das getan hat?« Dann begann der tote Mund bellend, feucht und matschig zu lachen.
Als ich aufblickte, sah ich die Silhouette des Dings direkt neben dem Wagen stehen, von wo aus es mich aufmerksam anstarrte. Seine Augen, die in der Dunkelheit leuchteten, hatten eine goldene Iris und schienen von der Größe von Fäusten eines Erwachsenen. Seine bösartig schwimmhäutigen Hände hingen weit runter bis unterhalb der Gelenke, die als Knie fungierten.
»Allerdings«, fuhr der verfluchte Kopf fort, »falls Sie sich umbringen wollen, müssen Sie zuerst Mary umbringen …«
»Mary?«, rief ich aus.
»Wenn Sie sich nicht dem Kollektiv anschließen, werden die ihr Dinge antun, gegen die die Heilige Inquisition wie zwei Kinder wirken würde, die im Sandkasten spielen. Sie werden sie bis zum Gehtnichtmehr foltern, Morley, mit ihren Chemikalien und ihren Werkzeugen, und dann bringen sie sie um. Und danach holen sie sie einfach zurück und fangen von vorne an.«
»Seien Sie still!«, schrie ich und hielt ihm die Waffe vor ein Auge.
»Aber nichts davon wird geschehen, wenn Sie sich dem Kollektiv anschließen. Sie werden mit Ihrer Mary zusammen sein bis an Ihr seliges Ende.«
So verlockend das sein mochte, wusste ich, dass ich seinen Versprechungen nicht anheimfallen durfte. Falls ich zustimmte, würden sie mich trotzdem umbringen, wegen dem, was ich wusste. Ich machte Ausflüchten, wartete die rechte Zeit ab – da war noch immer der Vollblütige am Wagen, um den ich mich kümmern musste –: »Lassen Sie mich darüber nachdenken«, wich ich aus, doch dann sah ich zurück zum Wagen und bemerkte, dass die abscheuliche, schlammhäutige Kreatur nicht länger dort war.
»Zu spät«, meinte Zalen und kicherte.
Von hinten kam eine schleimige Hand und umfasste mein ganzes Gesicht. Ich wurde zurückgerissen, konnte nicht mehr atmen, und die Pistole fiel mir aus der Hand. Die rund 30 cm langen Finger hüllten meinen Kopf vollständig ein, und so dünn sie sein mochten, übten sie doch solche Kraft aus, dass ich wusste, es konnte nur Sekunden dauern, bis mein Schädel wie ein Kürbis unter Druck platzen würde. Zalens scheußlicher Kopf fuhr fort zu gackern, während meine Anstrengungen schwächer wurden; schlimmer, die andere schändliche Hand dieser Abnormität glitt unter meinen Gürtel und in meine Hose. Das, wessen ich sie verdächtigte, mit Zalens Genitalien getan zu haben, wollte sie mit meinen anscheinend wiederholen.
»Sieht so aus, als hätte sich Ihr Gott vom Acker gemacht, Morley«, kommentierte der abgetrennte Kopf und lachte böse. »Ich kann es ihm nicht verdenken …«
Es war beinahe eine Gnade, dass mein Bewusstsein sich trübte, als die marodierende Hand meine Genitalien ergriff und zu verdrehen begann. Würde mein Schädel platzen, bevor ich letztendlich erstickte? Ich spürte die dünnen, knochigen, von Froschschleim bedeckten Finger sich straffen. Dann schien das Wesen sich zu mäßigen, als ob es simultan mein Gemächt entwurzeln und mein Kopf zum Platzen bringen wollte; doch als ich fühlte, was ich sicher für meine letzten Herzschläge hielt, ließ mich die Abscheulichkeit los, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen, sprang hoch auf ihre widerlichen Füße und stieß einen Schrei aus, so misstönend und unmenschlich, dass ich glaubte, allein durch den Klang den Verstand zu verlieren.