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»Grillt alle gottlosen Weiber!« schrie er. Eine Kugel pfiff an seiner Schulter vorbei; eine zweite bohrte sich rechts von ihm in den Fensterrahmen, ein Splitter prallte an das Horngestell seiner Brille. Der Gedanke, daß er beschützt wurde, drängte sich Ralph wieder auf, diesmal mit der Macht einer Überzeugung. »Lesbenbraten! Sollen sie ihre eigene Medizin kosten! Damit sie selbst sehen, wie das ist!«

[»Bleib oben, Lois-genau da, wo du jetzt bist.«]

[»Was hast du vor?«]

[»Mich um ihn kümmern,«]

[»Töte ihn nicht, Ralph! Bitte töte ihn nicht!«]

Warum nicht? dachte Ralph verbittert. Ich würde der Welt einen Gefallen tun. Das stimmte zweifellos, aber jetzt war keine Zeit zum Streiten.

[»Na gut, ich werde ihn nicht töten! Und jetzt bleib hier, Lois da fliegen so viele Kugeln herum, daß wir es nicht beide riskieren können, nach unten zu gehen.«]

Bevor sie antworten konnte, konzentrierte Ralph sich, beschwor das Blinzeln herauf und ließ sich auf die Ebene der Kurzfristigen zurückfallen. Diesmal passierte es so schnell und brutal, daß ihm die Luft wegblieb, als wäre er aus einem Fenster im ersten Stock auf harten Beton gesprungen. Teilweise verschwand die Farbe aus der Welt, was durch gesteigerten Lärm wettgemacht wurde: das Prasseln von Feuer, nicht mehr gedämpft, sondern deutlich und nahe; das Knallen eines Schrotschusses; das Knattern von rasch hintereinander abgegebenen Pistolenschüssen. Die Luft roch nach Ruß, und es war unerträglich heiß in dem Zimmer. Etwas, das sich wie ein Insekt anhörte, sauste an Ralphs Ohr vorbei. Er hatte eine Ahnung, als wäre es ein Insekt Kaliber.4 5 gewesen.

Solltest dich besser beeilen, Liebling, riet Carolyn. Vergiß nicht, wenn dich auf dieser Ebene Kugeln treffen, sind sie tödlich.

Er vergaß es nicht.

Ralph lief geduckt auf Pickering zu, der ihm den Rücken zuwandte. Seine Füße knirschten auf Glas und Splittern, aber Pickering drehte sich nicht um. Neben der automatischen Waffe in seiner Hand hatte er einen Revolver an der Hüfte und eine kleine grüne Tragetasche neben dem linken Fuß stehen. Der Reißverschluß der Tasche war offen, und Ralph sah eine Anzahl Weinflaschen darin. Die Öffnungen der Flaschen waren mit feuchten Stoffetzen zugestopft worden.

»Tötet die Weiber!« schrie Pickering und überzog den Hof mit einer erneuten Salve. Er nahm das Magazin heraus, zog das T-Shirt hoch und ließ drei oder vier weitere erkennen, die er in den Gürtel gesteckt hatte. Ralph griff in die offene Tragetasche, ergriff eine der benzingefüllten Weinflaschen am Hals und schwang sie nach Pickerings Schläfe. Dabei sah er den Grund, weshalb Pickering ihn nicht hören konnte, obwohl Ralph jede Menge Lärm gemacht hatte: Der Mann trug Ohrenstöpsel. Bevor Ralph darüber nachdenken konnte, welche Ironie darin lag, daß ein Mann auf einer Selbstmordmission sich die Mühe machte, seine Ohren zu schützen, knallte die Flasche an Pickerings Schläfe und übergoß ihn mit bernsteinfarbener Flüssigkeit und grünem Glas. Pickering taumelte rückwärts und griff sich mit einer Hand zum Kopf, wo die Haut an zwei Stellen aufgeplatzt war. Blut quoll zwischen seinen langen Fingern hervor - Finger, die einem Pianisten oder Maler gehören sollten, dachte Ralph - und lief an seinem Hals hinunter. Als er sich umdrehte, waren seine Augen hinter der verschmierten Brille groß und erschrocken, und die Haare standen ihm zu Berge, wodurch er wie die Karikatur eines Mannes aussah, der gerade einen schweren Stromschlag bekommen hat.

»Du!« schrie er. »Verdammter Zenturio, dich hat der Teufel geschickt! Gottloser Babymörder!«

Ralph dachte an die beiden Frauen im Zimmer nebenan und wurde erneut von Zorn überwältigt... nur war Zorn ein zu mildes Wort, viel zu milde. Er fühlte sich, als würden seine Nerven unter der Haut brennen. Und der Gedanke, der in seinem Gehirn trommelte, war: Eine von ihnen war schwanger, also wer ist der Babymörder, eine von ihnen war schwanger, also wer ist der Babymörder, eine von ihnen war schwanger, also wer ist der Babymörder.

Ein weiteres hochkalibriges Insekt zischte an seinem Kopf vorbei. Ralph bemerkte es gar nicht. Pickering versuchte, das Gewehr zu heben, mit dem er zweifellos Gretchen Tillbury und ihre schwangere Freundin getötet hatte. Ralph riß es ihm aus den Händen und richtete es auf ihn. Pickering winselte vor Angst. Dieser Laut brachte Ralph noch mehr auf, und er vergaß das Versprechen, das er Lois gegeben hatte. Er hob das Gewehr in der vollen Absicht, es auf den Mann leerzufeuern, der winselnd an der Wand kauerte (in der Hitze des Gefechts dachte keiner von beiden daran, daß sich gar kein Magazin darin befand), aber bevor er abdrücken konnte, wurde er von einem gleißenden Lichterspiel abgelenkt, das sich wie Blut neben ihm in die Luft ergoß. Zuerst war es formlos, ein sagenhaftes Kaleidoskop, dessen Farben irgendwie der Röhre entkommen waren, die sie umhüllen sollte, doch dann nahm es die Gestalt einer Frau an, aus deren Kopf ein langer, gazeartiger grauer Streifen aufragte.

»[Töte ihn nicht]

Ralph, bitte töte ihn nicht!«

Einen Augenblick konnte er die Tafel und das darauf geschriebene Zitat durch sie hindurch sehen, und dann wurden die Farben zu ihrer Kleidung und ihrem Haar und ihrer Haut, als sie völlig auf diese Ebene herunterkam. Pickering sah sie vor Entsetzen schielend an. Er schrie noch einmal, und der Schritt seiner Drillichhose färbte sich dunkel. Er streckte sich die Finger in den Mund, als wollte er den Schrei unterdrücken, den er ausstieß. »Ein Gesehenst!« kreischte er mit den Fingern im Mund. »Ein Hennurion und ein Gesehenst!«

Lois beachtete ihn gar nicht, sondern hielt den Lauf der Waffe fest. »Töte ihn nicht, Ralph! Nicht!«

Plötzlich war Ralph auch wütend auf sie. »Verstehst du denn nicht, Lois? Kapierst du nicht? Er hat genau gewußt, was er tat! Auf einer bestimmten Ebene hat er es gewußt - ich habe es in seiner gottverdammten Aura gesehen!«

»Das spielt keine Rolle«, sagte sie und hielt den Lauf der Waffe weiterhin so, daß er auf den Boden zeigte. »Es spielt keine Rolle, was er gewußt hat oder nicht. Wir dürfen nicht so vorgehen wie sie. Wir dürfen nicht sein, was sie sind.«

»Aber -«

»Ralph, ich will diesen Gewehrlauf loslassen. Er ist heiß und verbrennt mir die Finger.«

»Gut«, sagte er und ließ im selben Augenblick los wie sie. Das Gewehr fiel zwischen ihnen auf den Boden, und Pickering, der mit den Fingern im Mund und glänzenden, glasigen Augen, die er unablässig auf Lois gerichtet hielt, an der Wand hinuntergerutscht war, stürzte sich mit der Schnelligkeit einer zustoßenden Klapperschlange darauf.

Was Ralph nun tat, tat er ohne Vorbedacht und mit Sicherheit ohne Wut - er handelte rein instinktiv, griff mit beiden Händen nach Pickerings Gesicht und drückte sie ihm gegen die Wangen. Dabei erstrahlte etwas grell in seinem Verstand, das sich wie die Linse eines gewaltigen Vergrößerungsglases anfühlte. Dann raste er durch die verschiedenen Ebenen hinauf, und zwar den Bruchteil einer Sekunde lang höher, als sie jemals zuvor gewesen waren. Auf dem Höhepunkt seines Aufstiegs spürte er, wie eine gigantische Kraft in seinen Kopf einströmte und explosionsgleich seine Arme entlangraste. Als er wieder tiefer sank, hörte er dann den Knall, ein hohles, aber nachdrückliches Geräusch, das sich völlig anders anhörte als die Waffen, die draußen noch feuerten.