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Die Nachbildungen waren Platzhalter, die die Form des Ka erhielten, so wie Speichen, die von einer Nabe ausgingen, die Form des Rads erhielten. Aber das Original...

Ralph dachte, das Original war die Nabe: ein Ring, sie zu binden.

Er hielt den Goldreif fest in der Hand und spürte, wie die Kante sich in seine Finger und die Handfläche grub. Dann ließ er ihn in seiner Uhrtasche verschwinden.

Eines am Ka haben sie uns nicht erzählt, dachte er. Es ist schlüpfrig. Schlüpfrig wie ein böser alter Fisch, der sich nicht vom Haken losmachen lassen will, sondern einem in der Hand herumschnalzt.

Und es war auch, als würde man eine Sanddüne hinaufklettern

- für zwei Schritte, die man vorwärts schaffte, rutschte man einen zurück. Sie waren nach High Ridge gegangen und hatten etwas erreicht - was genau, das wußte Ralph nicht, aber Dorrance hatte ihnen versichert, daß es so war; ihm zufolge hatten sie ihre Aufgabe dort erfüllt. Jetzt waren sie hierher gekommen und hatten Eds Souvenir zurückgeholt, aber das reichte immer noch nicht aus, und warum? Weil Ka wie ein Fisch war, weil Ka wie eine Sanddüne war, weil Ka wie ein Rad war, das nicht stehenbleiben, sondern sich immer weiter und weiter drehen wollte, um alles zu zerquetschten, was sich in seinem Weg befand. Ein Rad mit vielen Speichen.

Aber am allermeisten war Ka wahrscheinlich wie ein Ring.

Wie ein Trauring.

Plötzlich begriff er, was das lange Gespräch auf dem Dach des Krankenhauses und Dorrance' Versuche, es zu erklären, nicht vermitteln konnten: Eds unbestimmter Status und die Tatsache, daß Atropos den armen, verwirrten Mann aufgespürt hatte, hatten ihn mit einer ungeheuren Macht ausgestattet. Eine Tür war aufgegangen, und ein Dämon, der der Scharlachrote König genannt wurde, war herausgekommen - einer, der mächtiger war als Klotho, Lachesis, Atropos, als alle drei zusammen. Und der hatte nicht die Absicht, sich von einem von Derrys Altvorderen wie Ralph Roberts aufhalten zu lassen.

[»Ralph?«]

[»Ein Ring, sie zu knechten, Lois - sie alle zu finden.«]

[»Wovon redest du? Was meinst du damit?«]

Er klopfte auf seine Uhrtasche und spürte die winzige, aber unendlich bedeutsame Wölbung von Eds Ring. Dann streckte er die Hände aus und packte Lois an den Schultern.

[ »Die Ersatzstücke - die falschen Ringe - sind Speichen, aber der hier ist die Nabe. Nimm die Nabe weg, und ein Rad kann sich nicht mehr drehen.«]

[»Bist du sicher?«]

Er war ganz sicher. Er wußte nur nicht, wie er es anstellen sollte.

[»Ja. Komm jetzt - verschwinden wir von hier, solange wir es noch können.«]

Ralph ließ sie zuerst unter dem vollbeladenen Eßzimmertisch durchkriechen, dann ging er in die Knie und folgte ihr. Auf halbem Weg hielt er inne und sah noch einmal über die Schulter. Er sah etwas Seltsames und Schreckliches: Das summende Geräusch hatte sich nicht wieder eingestellt, aber ein neues Leichentuch entstand um den Ersatzehering herum. Das glänzende Gold war bereits zu einem geisterhaften Reif geworden, der wie eine winzige Sonne hinter einer dichten Smogschicht aussah.

Er betrachtete das Bild ein paar Sekunden fasziniert, fast hypnotisiert, dann wandte er den Blick mühsam ab und kroch hinter Lois her.

Ralph hatte Angst, sie würden wertvolle Zeit vergeuden, wenn sie versuchten, den Rückweg durch das Labyrinth der Gänge zu finden, die sich kreuz und quer durch Atropos Lagerhalle der Andenken zogen, aber wie sich herausstellte, war das kein Problem. Ihre eigenen Fußspuren, die zwar verblaßten, aber immer noch sichtbar waren, wiesen ihnen den Weg.

Als sie die schreckliche kleine Kammer hinter sich gelassen hatten, fühlte er sich ein wenig kräftiger, aber jetzt machte Lois beinahe schlapp. Als sie den Torbogen zwischen der Lagerhalle und der schmutzigen Behausung von Atropos erreichten, mußte sie sich auf ihn stützen. Er fragte sie, ob sie es schaffen würde. Lois brachte ein Schulterzucken und ein kleines, müdes Lächeln zustande.

[»Mein größtes Problem ist dieser Ort. Es spielt keine Rolle, wie weit wir emporsteigen, er ist und bleibt schrecklich, und ich hasse ihn. Ich glaube, wenn ich etwas frische Luft bekommen habe, geht es mir besser. Ehrlich.«]

Ralph hoffte, daß sie recht hatte. Als er sich unter dem Torbogen hindurch in Atropos' Zimmer duckte, versuchte er, sich einen Vorwand auszudenken, unter dem er Lois voraus schicken konnte. Das würde ihm die Möglichkeit geben, die Behausung rasch zu durchsuchen. Wenn er die Ohrringe nicht finden konnte, mußte er davon ausgehen, daß Atropos sie noch trug.

Er bemerkte, daß ihr Slip wieder unter dem Rocksaum hervorhing, wollte sie darauf ansprechen und sah eine Bewegung aus dem linken Augenwinkel. Ihm wurde bewußt, daß sie auf dem Rückweg längst nicht so vorsichtig gewesen waren - was teilweise an ihrer Erschöpfung lag -, und daß sie jetzt möglicherweise einen hohen Preis für diese Sorglosigkeit zahlen mußten.

[»Lois, paß auf!«]

Zu spät. Ralph spürte, wie Lois Arm von ihm weggerissen wurde, als die Kreatur im schmutzigen Gewand sie an der Taille packte und rückwärts zog. Atropos' Kopf reichte nur bis zu ihrer Achselhöhle, aber das genügte, daß er das rostige Skalpell über sie halten konnte. Als Ralph sich instinktiv auf ihn stürzen wollte, ließ Atropos die scharfe Klinge sinken, bis sie die perlgraue Schnur berührte, die von ihrem Scheitel emporschwebte. Er entblößte die Zähne zu einem unsäglichen Grinsen.

[Keinen Schritt weiter, Kurzer... keinen einzigen!]

Nun, jetzt mußte er sich zumindest keine Gedanken wegen Lois' fehlender Ohrringe mehr machen. Sie funkelten trübe rötlich-rosa an Atropos Ohrläppchen. Ihr Anblick bewirkte mehr als die Aufforderung, daß Ralph stehenblieb.

Das Skalpell wurde ein wenig zurückgezogen... aber nur ein wenig.

[Also gut, Kurzer - du hast etwas genommen, was mir gehört, richtig? Versuch nicht, es zu leugnen; ich weiß es. Und jetzt wirst du es mir wiedergeben.]

Das Skalpell kehrte zu Lois' Ballonschnur zurück; Atropos liebkoste sie mit der flachen Seite der Schneide.

[Du gibt es mir zurück, oder dieses Flittchen hier wird vor deinen Augen sterben - du kannst da stehen und zusehen, wie ihre Aura schwarz wird. Also, was sagst du, Kurzer? Her damit!]

Kapitel 26

Atropos' Lächeln leuchtete regelrecht, erfüllt von widerlichem Triumph, erfüllt von -

Von Angst. Er hat dich kalt erwischt, er hält das Skalpell an Lois' Ballonschnur und die Hand um ihre Kehle, und trotzdem hat er Todesangst. Warum?

[Komm schon! Hör auf, meine Zeit zu vergeuden, Pißkopf Gib mir den Ring!]

Ralph griff langsam in die Tasche und ergriff den Ring, während er sich fragte, warum Atropos Lois nicht gleich getötet hatte. Sicher hatte er nicht vor, sie - sie beide - gehen zu lassen.

Er hat Angst, ich könnte ihn mit einem dieser telepathischen Karateschläge umhauen. Und das ist nur der Anfang. Ich glaube, er hat auch Angst davor, daß er es vermasselt. Er hat Angst vor dem Ding - der Wesenheit -, die ihn dirigiert. Angst vor dem Scharlachroten König. Du hast Angst vor dem Boss, oder nicht, mein schmutziger kleiner Freund?

Er hielt den Ring zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand und sah wieder durch.

[»Komm und hol ihn dir, ja? Nicht so schüchtern.«]

Atropos verzerrte das Gesicht vor Wut. Der Ausdruck machte aus seinem nervtötenden, gemeinen Grinsen eine Zeichentrickgrimasse.

[Ich töte sie, Kurzer, hast du nicht gehört? Willst du das etwa?]

Ralph hob langsam und mit Bedacht die linke Hand. Er machte eine sägende Bewegung damit in der Luft und nahm dankbar zur Kenntnis, wie Atropos zusammenzuckte, als die Handkante kurz in seine Richtung zeigte.

[»Wenn du ihr auch nur einen Kratzer mit der Klinge zufügst, verpasse ich dir dermaßen eine, daß du deine Zähne mit dem Taschenmesser aus der Wand klauben mußt. Das ist ein Versprechen.«]