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»Das« war Lois, die eine regenwaldgrüne Flut aus Georginas Aura saugte.

Ralph hob die rechte Hand, krümmte sie zu einer Röhre um die Lippen und inhalierte einen ähnlichen blauen Strom aus der Aura von Stan Eberly. Er spürte auf der Stelle, wie ihn frische Energie erfüllte; es war, als wären Neonröhren in seinem Gehirn eingeschaltet worden. Aber das gewaltige versunkene Schiff, bei dem es sich überwiegend um vier Monate weitgehend schlafloser Nächte handelte, war immer noch da und versuchte, ihn dorthin hinunterzuziehen, wo es lag.

Und auch die Entscheidung war noch da - sie war weder so noch so getroffen worden, sondern nur aufgeschoben.

Stan sah sich ebenfalls um. So viel Ralph auch von seiner Aura nahm (und ihm kam es so vor, als hätte er eine gewaltige Menge genommen), die Quelle blieb so hell strahlend wie immer. Offenbar entsprach alles, was sie über die fast endlosen Energievorräte eines jeden menschlichen Wesens erfahren hatten, der Wahrheit.

»Nun«, sagte Stan, »ich hab auch was gehört -«

»Ich nicht«, sagte Faye.

»Logisch, du bist ja auch eine taube Nuß«, antwortete Stan. »Hör auf, einen ständig zu unterbrechen, ja? Ich wollte sagen, es war kein Treibstofftank, weil kein Feuer und kein Rauch zu sehen sind. Kann auch nicht sein, daß Don gefurzt hat, weil keine toten Eichhörnchen mit versengtem Fell von den Bäumen fallen. Muß eine Fehlzündung von einem der großen Lastwagen der Air National Guard gewesen sein. Keine Bange, Liebling. Ich werd dich beschützen.«

»Beschütz das da«, sagte Georgina, schlug eine Hand in die Ellbogenbeuge und ballte die Faust in seine Richtung. Aber sie lächelte dabei.

»O Mann«, sagte Faye, »seht euch mal den alten Dor an.«

Sie sahen alle zu Dorrance, der lächelte und n Richtung der Harris Avenue Extension winkte.

»Wen siehst du denn da, altes Haus?« fragte ihn Don Veazie grinsend.

»Ralph und Lois«, sagte Dorrance und lächelte strahlend. »Ich sehe Ralph und Lois. Sie sind gerade unter dem alten Baum hervorgekommen!«

»Klar«, sagte Stan. Er schirmte die Augen ab, dann zeigte er direkt auf sie. Das jagte einen Stromschlag durch Ralphs Nervensystem, der erst abflaute, als ihm klar wurde, daß Stan nur auf die Stelle zeigte, wohin Dorrance winkte. »Und seht doch! Elvis und Glenn Miller kommen gleich hinter ihnen! Gottverdammt!«

Georgina stieß mit dem Ellbogen nach ihm, und Stan wich grinsend einen Schritt zur Seite.

[»Hallo, Ralph! Hallo, Lois!«]

[»Dorrance! Wir gehen zum Strawford Park? Ist das richtig?«]

Dorrance, glücklich grinsend: [»Weiß nicht. Das sind jetzt alles langfristige Angelegenheiten, und ich bin fertig damit. Ich geh bald nach Hause und lese Walt Whitman. Es wird eine stürmische Nacht werden, und Walt Whitman ist immer am besten, wenn der Wind weht.«]

Lois, beinahe hysterisch: [»Dorrance, hilf uns!«]

Dors Grinser verlosch, und er sah sie ernst an.

[»Ich kann nicht. Es wurde mir aus den Händen genommen. Was getan werden muß, müssen du und Ralph jetzt tun.«]

»Bäh«, sagte Georgina. »Ich hasse es, wenn er so glotzt. Man könnte fast meinen, daß er wirklich jemanden sieht.« Sie griff nach der Grillgabel mit dem langen Stiel und grillte ihren Hot Dog weiter. »Übrigens, hat jemand Ralph und Lois gesehen?«

»Nein«, sagte Don.

»Die haben sich mit einem Kasten Bier und einer Flasche Johnson's Babyöl in einem der Stundenhotels an der Küste verbarrikadiert«, sagte Stan. »Einer großen Flasche. Das hab ich euch gestern schon gesagt.«

»Schmutziger alter Mann«, sagte Georgina, die ihre Ellbogengeste diesmal nachdrücklicher und akkurater ausführte.

Ralph: [»Dorrance, kannst du uns überhaupt keine Hilfe geben? Uns wenigstens sagen, ob wir auf der richtigen Spur sind?«]

Einen Augenblick war er überzeugt, daß Dor antworten würde. Dann ertönte ein summendes Dröhnen am Himmel, das langsam näherkam, und der alte Mann sah auf. Sein strahlendes, wunderschönes Lächeln tauchte wieder auf. »Seht!« rief er. »Eine alte Grauman Yellow Bird! Was für ein toller Vogel!« Er lief zum Maschendrahtzaun, um die Landung der kleinen gelben Maschine zu verfolgen, und drehte ihnen den Rücken zu.

Ralph ergriff Lois' Arm und versuchte, selbst zu lächeln. Es fiel ihm schwer - er glaubte, daß er sich in seinem ganzen Leben noch nie so ängstlich und verwirrt gewesen war -, aber er versuchte es trotzdem.

[»Komm mit, Liebste. Gehen wir.«]

Ralph erinnerte sich, wie er gedacht hatte - als sie sich auf dem stillgelegten Gleis fortbewegten, das sie zuletzt zum Flughafen zurückgeführt hatte -, daß Gehen nicht der richtige Ausdruck für ihre Art von Fortbewegung war; es war mehr ein Gleiten gewesen. Sie bewegten sich auf dieselbe Weise vom Picknickplatz am Ende der Startbahn 3 zum Strawford Park zurück. Nur war das Gleiten jetzt schneller und ausgeprägter. Es war, als würden sie von einem unsichtbaren Förderband transportiert werden.

Er hörte versuchsweise einmal auf zu gehen. Die Häuser und Geschäftsfassaden glitten weiter vorbei. Er sah auf seine Füße hinunter, um ganz sicherzugehen, und tatsächlich, sie blieben völlig reglos. Es schien, als würde sich der Bürgersteig bewegen, nicht er.

Da kam Mr. Dugan, Leiter der Kreditabteilung der Derry Trust's, in seinem üblichen dreiteiligen Anzug und der randlosen Brille. Wie immer sah er für Ralph wie der einzige Mann der Menschheitsgeschichte aus, der ohne Arschloch zur Welt gekommen war. Er hatte einmal Ralphs Antrag auf einen Ratenkredit abgelehnt, und Ralph vermutete, daß das ein Grund für seine negative Einstellung dem Mann gegenüber sein mochte. Jetzt sah er, daß Dugans Aura die stumpfe, graue Farbe der Flure in einem Militärkrankenhaus hatte, und Ralph überlegte sich, daß ihn das nicht sonderlich überraschte. Er hielt sich die Nase zu wie ein Mann, der gezwungen ist, durch einen verschmutzten Kanal zu schwimmen, und ging direkt durch den Banker hindurch. Dugan zuckte nicht einmal zusammen.

Das war irgendwie lustig, aber als Ralph Lois ansah, verflog seine Heiterkeit schlagartig. Er sah ihren besorgten Gesichtsausdruck und die Fragen, die sie stellen wollte. Fragen, auf die er keine zufriedenstellenden Antworten hatte.

Vor ihnen lag der Strawford Park. Vor Ralphs Augen gingen plötzlich die Straßenlampen an. Der kleine Spielplatz, wo er und McGovern - oft in Gesellschaft von Lois - den Kindern beim Spielen zugesehen hatten, war fast verlassen. Zwei Kids der Junior High saßen nebeneinander auf den Schaukeln, rauchten Zigaretten und unterhielten sich, aber die Mütter und Kleinkinder, die tagsüber hierher kamen, waren alle fort.

Ralph dachte an McGovern - an sein unablässiges morbides Geschwätz und sein Selbstmitleid, die einem kaum auffielen, wenn man ihn kennenlernte, aber allgegenwärtig schienen, wenn man länger mit ihm zusammen war, allerdings durch seinen respektlosen Witz und seine überraschenden, impulsiven Freundlichkeiten gemildert und in etwas Besseres verwandelt wurden - und spürte, wie ihn eine tiefe Traurigkeit überkam. Kurzfristige waren vielleicht Sternenstaub, und sie waren vielleicht golden, aber wenn sie fort waren, dann waren sie fort, genau wie die Mütter und Babys, die an sonnigen Sommernachmittagen für kurze Zeit zum Spielen hierher kamen.

[»Ralph, was machen wir hier? Das Leichentuch ist über dem Bürgerzentrum, nicht über dem Strawford Park!«]

Ralph führte sie zu der Parkbank, wo er sie vor mehreren Jahrhunderten gefunden hatte, als sie wegen eines Streits mit ihrem Sohn und ihrer Tochter weinte... und wegen ihrer verlorenen Ohrringe. Unten am Hügel glänzten die beiden Port-O-Sans in der zunehmenden Dämmerung.

Ralph machte die Augen zu. Ich werde verrückt, dachte er, und ich bin mit dem Schnellzug dorthin unterwegs, nicht mit der Bummelbahn. Was wird es sein? Die Dame... oder der Tiger?

[»Ralph, wir müssen etwas tun. Die Menschen... Tausende von Menschen...«]