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»Sie fragte mich, was ich von mir halten würde - nicht von Ed, sondern von mir -, wenn ich die Beziehung fortsetzen und Ed mich wieder verprügeln würde. Und sie fragte mich, was ich von mir halten würde, wenn Ed dasselbe mit Nat machen würde. Das machte mich wütend. Es macht mich noch wütend. Ed hat ihr nie auch nur ein Haar gekrümmt, und das habe ich ihr gesagt. Sie nickte und antwortete: >Das heißt nicht, daß er es nicht einmal tun könnte, Helen. Ich weiß, Sie wollen nicht darüber nachdenken, aber Sie müssen. Nehmen wir einmal an, Sie haben recht. Angenommen, er gibt ihr niemals auch nur einen Klaps auf die Hand. Möchten Sie, daß sie aufwächst und zusehen muß, wie er Sie schlägt? Soll sie aufwachsen und so etwas mit ansehen, was sie heute mit ansehen mußte?< Und das brachte mich zur Besinnung. Eiskalt. Ich erinnerte mich, wie Ed ausgesehen hatte, als er hereinkam... daß ich wußte, als ich sein weißes Gesicht sah... wie er den Kopf bewegte...«

»Wie ein Hahn«, murmelte Ralph.

»Was?«

»Nichts. Sprich weiter.«

»Ich weiß nicht, was ihn zur Raserei gebracht hat... heutzutage weiß ich das nie, aber ich wußte, er würde es an mir auslassen. Wenn ein bestimmter Punkt überschritten wurde, kann man nichts mehr tun oder sagen. Ich lief zum Schlafzimmer, aber er packte mich an den Haaren... er hat mir ein ganzes Büschel ausgerissen... ich schrie... und Natalie saß da in ihrem Hochstuhl... saß da und beobachtete uns... und als ich schrie, schrie sie auch... «

Da brach Helen zusammen und schluchzte hemmungslos. Ralph wartete und lehnte die Stirn an den Rahmen der Tür zwischen Küche und Wohnzimmer. Mit dem Geschirrtuch, das er über der Schulter hängen hatte, wischte er sich, fast ohne es zu merken, selbst die Tränen weg.

»Wie auch immer«, sagte Helen, als sie wieder sprechen konnte, »ich redete schließlich fast eine Stunde mit dieser Frau. Sie nennen es Opferberatung, und sie verdient ihren Lebensunterhalt damit, kannst du dir das vorstellen?«

»Ja«, sagte Ralph, »das kann ich. Es ist eine gute Sache, Helen.«

»Ich werde mich morgen wieder mit ihr treffen, bei Woman-Care. Weißt du, es ist reine Ironie, daß ich dorthin gehe. Ich meine, wenn ich die Petition nicht unterschrieben hätte...«

»Wenn es die Petition nicht gewesen wäre, dann etwas anderes.«

Sie seufzte. »Ja, das wird wohl wahr sein. Es ist wahr. Wie auch immer, Gretchen sagt, ich kann Eds Probleme nicht lösen, aber ich kann anfangen, einige meiner eigenen zu lösen.« Helen fing wieder an zu weinen, dann holte sie tief Luft. »Tut mir leid - ich habe heute so oft geweint, daß ich nie wieder weinen möchte. Ich habe ihr gesagt, daß ich ihn geliebt habe. Ich habe mich geschämt, es zu sagen, und ich bin nicht einmal sicher, ob es wahr ist, aber es scheint wahr zu sein. Ich sagte, ich wollte ihm noch eine Chance geben. Sie sagte, das würde bedeuten, daß ich auch Natalie verpflichten würde, ihm noch eine Chance zu geben, und da mußte ich daran denken, wie sie da in der Küche saß, pürierten Spinat überall im Gesicht, und sich die Seele aus dem Leib schrie, während Ed mich geschlagen hat. Herrgott, ich hasse es, wie Leute wie sie einen in die Ecke treiben und nicht mehr herauslassen.«

»Sie versucht nur, dir zu helfen, mehr nicht.«

»Das stinkt mir auch. Ich bin sehr verwirrt, Ralph. Wahrscheinlich hast du das nicht gewußt, aber es ist so.« Ein müdes Kichern drang aus dem Telefonhörer.

»Schon gut, Helen. Kein Wunder, daß du verwirrt bist.«

»Kurz bevor sie gegangen ist, hat sie mir von High Ridge erzählt. Im Augenblick hört es sich an, als wäre das genau der richtige Ort für mich.«

»Was ist das?«

»Eine Art Reha-Zentrum - sie hat immer wieder darauf bestanden, daß es ein Haus ist, kein Asyl - für mißhandelte Frauen. Was ich jetzt wohl offiziell bin.« Diesmal hörte sich das müde Kichern gefährlich nach einem Schluchzen an. »Ich kann Nat mitnehmen, wenn ich hingehe, und das macht einen Großteil des Reizes aus.«

»Wo liegt es?«

»Auf dem Land. Richtung Newport, glaube ich.«

»Ja, ich glaube, ich habe davon gehört.«

Natürlich wußte er es; Harn Davenport hatte es ihm während seines Vertrags über Woman-Care gesagt. Sie machen Familienberatung, sie kümmern sich um mißbrauchte Frauen und Kinder, und sie leiten ein Frauenhaus drüben an der Stadtgrenze von Newport. Auf einmal schien Woman-Care überall in seinem Leben zu sein. Ed hätte zweifellos eine bedrohliche Verschwörung darin gesehen.

»Diese Gretchen Tillbury ist ein zähes Stück«, sagte Helen. »Kurz bevor sie ging sagte sie mir, es wäre in Ordnung, daß ich Ed liebe - >Es muß in Ordnung sein<, sagte sie, >denn Liebe kommt nicht aus einem Hahn, den man auf- und zudrehen kann, wann man will< -, aber ich dürfte nicht vergessen, daß meine Liebe ihn nicht heilen könnte, daß nicht einmal Eds Liebe zu Natalie ihn heilen könnte, und daß keine noch so große Liebe mich meiner Verantwortung für mein Kind entheben würde. Ich habe im Bett gelegen und darüber nachgedacht. Ich glaube, im Bett zu liegen und wütend zu sein, hat mir besser gefallen. Es war auf jeden Fall einfacher.«

»Ja«, sagte er, »das kann ich mir vorstellen. Helen, warum nimmst du nicht einfach deine Tablette und läßt es eine Weile dabei bewenden?«

»Mach ich, aber vorher wollte ich mich bedanken.« »Du weißt, daß das nicht nötig ist.«

»Ich glaube nicht, daß ich das weiß«, sagte sie, und Ralph war froh, die Gefühlsregung in ihrer Stimme zu hören. Es bedeutete, daß die eigentliche Helen Deepneau immer noch da war. »Ich bin immer noch wütend auf dich, Ralph, aber ich bin froh, daß du nicht auf mich gehört hast, als ich dich gebeten habe, nicht die Polizei zu rufen. Es ist nur so, daß ich Angst hatte, weißt du? Angst.«

»Helen, ich...« Seine Stimme klang belegt und brach fast. Er räusperte sich und versuchte es noch einmal. »Ich wollte nur nicht, daß du noch schlimmer verletzt werden würdest, als du es schon warst. Als ich dich mit dem blutigen Gesicht über den Parkplatz kommen sah, hatte ich solche Angst...«

»Sprich nicht mehr davon. Bitte. Ich müßte weinen, und ich kann nicht mehr weinen.«

»Okay.« Er hatte tausend Fragen über Ed, aber dies war eindeutig nicht der Zeitpunkt, sie zu stellen. »Kann ich dich morgen besuchen kommen?«

Nach kurzem Zögern sagte Helen : »Ich glaube nicht. Vorerst nicht. Ich muß viel nachdenken, mir über vieles klar werden, und das wird nicht leicht. Ich melde mich bei dir, Ralph. Okay?«

»Natürlich. Wie du willst. Was machst du mit dem Haus?«

»Candys Mann geht hin und schließt es ab. Ich habe ihm meine Schlüssel gegeben. Gretchen Tillbury sagt, Ed darf um nichts auf der Welt hingehen, nicht einmal, um sein Scheckbuch zu holen oder frische Unterwäsche anzuziehen. Wenn er etwas braucht, gibt er eine Liste und den Hausschlüssel einem Polizisten, und der Polizist geht es holen. Ich vermute, er geht nach Fresh Harbor. Dort gibt es eine Menge Unterkünfte für Laborangestellte. Diese kleinen Hütten. Irgendwie sind sie niedlich... « Das kurze Aufflackern des Feuers in ihrer Stimme, das er gehört hatte, war längst erloschen. Jetzt hörte sich Helen deprimiert, verloren und sehr, sehr müde an.

»Helen, es freut mich, daß du angerufen hast. Und ich bin erleichtert, das muß ich sagen. Und jetzt geh schlafen.«

»Was ist mit dir, Ralph?« fragte sie unerwartet. »Schläfst du neuerdings?«

Der abrupte Themenwechsel verblüffte ihn so, daß er so aufrichtig antwortete, wie es ihm andernfalls vielleicht nicht möglich gewesen wäre. »Etwas... aber vielleicht nicht soviel, wie ich brauche. Wahrscheinlich nicht soviel, wie ich brauche.«

»Nun, gib auf dich acht. Du warst heute sehr tapfer, wie ein Ritter in einer Geschichte von König Artus, aber ich glaube, selbst Sir Lancelot mußte sich ab und zu einmal ausruhen.«

Das rührte ihn und amüsierte ihn gleichzeitig. Im Geiste sah er kurz ein überaus deutliches Bild vor sich: Ralph Roberts in Rüstung und auf einem schneeweißen Pferd, während Bill McGovern, sein getreuer Knappe, in Lederwams und mit seinem kecken Panamahut auf einem Pony hinter ihm ritt.