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»War er nahe daran, ein Feuer zu legen?« fragte Ralph neugierig.

Leydecker zuckte die Achseln. »Nicht sehr. Jemand aus der Gruppe hat offenbar eingesehen, daß es eher ein Akt des Terrorismus als eine politische Aktion sein könnte, die hiesige Frauenklinik anzuzünden, und einen anonymen Anruf bei der hiesigen Polizei gemacht.«

»Keine schlechte Idee«, sagte Mike. Er schnaubte wieder ein kurzes Kichern und verschränkte dann die Arme vor der Brust, als wollte er alle weiteren Geräusche im Inneren halten.

»Ja«, sagte Leydecker. Er verschränkte die Finger ineinander, streckte die Arme aus und ließ die Knöchel knacken. »Statt ins Gefängnis, schickte ein umsichtiger Richter Charlie sechs Monate zur Behandlung und Therapie nach Juniper Hill, und da müssen sie zu dem Ergebnis gekommen sein, daß er wieder auf Vordermann gebracht worden ist, denn seit Juli oder so hält er sich wieder in der Stadt auf.« »Jawoll«, stimmte Mike zu. »Er ist fast jeden Tag hier. Verbessert sozusagen die Atmosphäre. Labert praktisch jeden voll, der hier reinkommt, und hält ihnen seine kleine Predigt, wonach jede Frau, die eine Abtreibung durchführen läßt, in Schwefel vergehen wird, und daß die wirklichen Bösewichter wie Susan Day für alle Zeiten in einem See flüssigen Feuers brennen werden. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, weshalb er es auf Sie abgesehen hatte, Mr. Roberts.«

»Wie geht es Ihnen, Ralph?« fragte Leydecker. »Sie sehen blaß aus.«

»Mir geht es ausgezeichnet«, sagte Ralph, obwohl es ihm alles andere als ausgezeichnet ging; tatsächlich wurde ihm immer übler.

»Ob ausgezeichnet oder nicht, Sie haben auf jeden Fall Glück gehabt. Glück, daß diese Frauen Ihnen die Tränengasdose gegeben haben. Glück, daß Sie sie bei sich hatten. Und am meisten Glück, daß Pickering sich nicht einfach hinter Sie geschlichen und Ihnen das Messer bis zum Heft in den Hals gestoßen hat. Fühlen Sie sich kräftig genug, mit zum Revier zu kommen und eine offizielle Aussage zu machen, oder -«

Plötzlich schnellte Ralph aus Mike Hanions uraltem Drehstuhl, drückte die linke Hand vor den Mund, raste durch das Zimmer und riß die Tür in der hinteren rechten Ecke des Büros auf, wobei er verzweifelt betete, es möge sich nicht um einen Schrank handeln. In diesem Fall würde er wahrscheinlich Mikes Galoschen mit halbverdautem Käsetoast und leicht gebrauchter Tomatensuppe füllen.

Glücklicherweise handelte es sich um den Raum, den er brauchte. Ralph ließ sich vor der Toilettenschüssel auf die Knie nieder, übergab sich mit geschlossenen Augen und drückte den linken Arm fest an die Seite, in die Pickering ein Loch gemacht hatte. Die Schmerzen, als die Bauchmuskeln sich zuerst verkrampften und dann lockerten, waren trotzdem enorm.

»Ich betrachte das als Nein«, sagte Mike Hanion hinter ihm und legte Ralph dann tröstend eine Hand auf den Nacken. »Alles in Ordnung? Hat es wieder angefangen zu bluten?«

»Ich glaube nicht«, sagte Ralph. Er fing an, das Hemd aufzuknöpfen, aber dann hielt er inne und preßte den Arm noch einmal fest an die Seite, als sein Magen sich gefährlich hob und dann Ruhe gab. Er hielt den Arm hoch und betrachtete den Verband. Sah einwandfrei aus. »Scheint alles in Ordnung zu sein.«

»Gut«, sagte Leydecker. Er stand direkt hinter dem Bibliothekar. »Sind Sie fertig?«

»Ich glaube ja.« Ralph sah Mike beschämt an. »Ich entschuldige mich dafür.«

»Seien Sie nicht albern.« Mike half Ralph wieder auf die Füße.

»Kommen Sie«, sagte Leydecker, »ich fahre Sie nach Hause. Morgen ist auch noch Zeit für die Aussage. Sie sollten den Rest des Tages die Füße hochlegen und heute nacht mal richtig ausschlafen.«

»Nichts geht darüber, mal richtig auszuschlafen«, stimmte Ralph zu. Sie hatten die Tür des Büros erreicht. »Würden Se jetzt bitte meinen Arm loslassen, Detective Leydecker? Schließlich gehen wir noch nicht fest miteinander, oder?«

Leydecker sah ihn verblüfft an, dann ließ er Ralphs Arm los. Mike fing an zu lachen. »>Gehen nicht -< Das war ziemlich gut, Mr. Roberts.«

Leydecker lächelte. »Wohl nicht, aber Sie dürfen mich Jack nenne, wenn Sie wollen. Oder John. Nur nicht Johnny. Seit meine Mutter vor zwei Jahren gestorben ist, darf mich nur noch der alte Prof McGovern Johnny nennen.«

Der alte Prof McGovern, dachte Ralph. Wie seltsam sich das anhört.

»Okay - dann John. Und ihr könnt mich beide Ralph nennen. Soweit es mich betrifft, wird Mr. Roberts immer ein BroadwayStück mit Jack Lemmon bleiben.«

»Wie Sie wollen«, sagte Mike Hanion. »Und geben Sie auf sich acht.«

»Ich werde es versuchen«, sagte er, dann blieb er wie angewurzelt stehen. »Hören Sie, ich muß Ihnen noch für etwas anderes danken, abgesehen von Ihrer Hilfe heute.«

Mike zog die Brauen hoch. »Ach ja?«

»Ja. Sie haben Helen Deepneau eine Stelle gegeben. Sie gehört zumeinen besten Freunden und hat den Job dringend gebraucht. Danke.«

Mike lächelte und nickte. »Ich nehme die Lorbeeren gerne an, aber eigentlich ist sie diejenige, die mir einen Gefallen getan hat. Eigentlich ist sie überqualifiziert für die Stelle, aber ich glaube, sie möchte in der Stadt bleiben.«

»Das möchte ich auch, und Sie haben ihr geholfen, daß das möglich ist. Also, nochmals danke.«

Mike grinste. »War mir ein Vergnügen.«

Als Ralph und Leydecker hinter dem Ausgabeschalter hervorkamen, sagte Leydecker: »Ich schätze, die Honigwabe hat wirklich geholfen, was?«

Das war so weit von dem entfernt, was Ralph gerade durch den Kopf ging, daß er zunächst nicht die geringste Ahnung hatte, wovon der große Detective sprach - er hätte ihm ebensogut eine Frage in Esperanto stellen können.

»Ihre Schlaflosigkeit«, sagte Leydecker geduldig. »Sie haben sie überwunden, richtig? Bestimmt - Sie sehen eine Zillionmal besser aus als an dem Tag, als wir uns kennenlernten.«

»An dem Tag war ich ein wenig gestreßt«, sagte Ralph. Er mußte an den alten Scherz von Billy Crystal über Fernande denken - der folgendermaßen ging: Hör zu, Darling, sei kein Schluri; es geht nicht darum, wie du dich fühlst; es geht darum, wie du aussiehst! Und du... siehst... RIESIG aus!

»Und heute nicht? Kommen Sie, Ralph, ich bin es. Also raus damit - war es die Honigwabe?«

Ralph tat so, als würde er darüber nachdenken, dann nickt er. »Ja, ich glaube, die muß es geschafft haben.«

»Phantastisch! Habe ich es Ihnen nicht gleich gesagt?« sagte Leydecker fröhlich, als sie in den verregneten Nachmittag hinausgingen.

7

Sie warteten darauf, daß die Ampel auf dem Up-Mile Hill umsprang, die an der Ecke Witcham und Jackson, als Ralph sich zu Leydecker umdrehte und fragte, wie die Chancen stünden, Ed als Charlie Pickerings Komplizen festzunageln.

»Weil Ed ihn dazu angestiftet hat«, sagte er. »Das weiß ich so sicher, wie ich weiß, daß das da drüben der Strawford Park ist.«

»Sie haben wahrscheinlich recht«, antwortete Leydecker, »aber machen Sie sich nichts vor - die Chancen, ihn als Komplizen festzunageln, sind beschissen. Sie wären auch dann nicht besser, wenn der Bezirks-Staatsanwalt nicht so konservativ wäre wie Dale Cox.«

»Warum nicht?«

»Als allererstes bezweifle ich, daß wir eine innige Beziehung zwischen den beiden Männern beweisen könnten. Zweitens, Typen wie Pickering neigen zu rückhaltloser Loyalität gegenüber den Leuten, die sie als >Freunde< bezeichnen, weil sie so wenige haben - ihre Welt besteht überwiegend aus Gegnern. Ich glaube nicht, daß Pickering bei einem Verhör vieles von dem wiederholen würde, was er Ihnen gesagt hat, als er Sie mit dem Jagdmesser an den Rippen kitzelte. Drittens, Ed Deepneau ist kein Dummkopf. Verrückt, ja - verrückter als Pickering, wenn man es recht bedenkt -, aber kein Dummkopf. Er würde nichts zugeben.«

Ralph nickte. Das entsprach genau seiner Meinung von Ed.

»Wenn Pickering tatsächlich sagen würde, daß Deepneau ihm befohlen hätte, Sie zu suchen und auszuschalten - weil sie nämlich einer dieser babytötenden, embryostehlenden Zenturionen wären -, würde Ed uns anlächeln und nicken und sagen, daß er überzeugt sei, der arme Charlie hätte uns das gesagt, der arme Charlie würde es wahrscheinlich selbst glauben, aber deshalb wäre es noch lange nicht wahr.«