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Daniel Bufo sah ihn aus großen Augen geduldig an. »Tut mir leid, Mr. Reed, ich glaube, ich verstehe nicht ganz …«

Panisch spähte Jack um das Auto herum, wo sich der Boden nun ebenfalls wölbte. Die Straßenbelag hatte sich wieder geschlossen, als wäre alles nur Einbildung gewesen.

»Wer ist hier, Mr. Reed?«, wollte Daniel Bufo wissen.

Unter seinem Auto erklang ein lautes, metallisches Scheppern. Es folgte ein Geräusch, als ob jemand ein Stahlblech bearbeitete. Das ganze Auto wurde durchgeschüttelt und knarrte an seiner Aufhängung.

»Was zum Teufel ist das denn?«, fragte Daniel Bufo verärgert.

»Mr. Bufo, wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich …«

Etwas explodierte. Zumindest hörte es sich so an. Metall, Stoff und Federn zerbarsten und Daniel Bufo zuckte auf seinem Sitz zusammen. Eine geballte Faust mit roten, blanken Knöcheln schoss durch das braune Sitzleder direkt zwischen seine Schenkel.

»Was zum Teufel!«, schrie er mit schriller Stimme. Es war ein Quietschen, das an ein Schwein erinnerte, welches erst auf dem Schlachthof bemerkte, dass seine letzte Stunde geschlagen hatte.

Ein Arm kam aus dem Sitz, dann ein weiterer. Daniel Bufo wurde an der Kehle gepackt und mit Gewalt nach unten gezogen. Seine Nase schlug gegen das Lenkrad und Jack hörte, wie die Knochen brachen.

»Graaaaaaaaaaahhh!«, keuchte Daniel Bufo und streckte Hilfe suchend einen Arm aus dem Autofenster. Jack zerrte am Türgriff, doch es gab eine Zentralverriegelung. Als er versuchte, den Knopf hochzuziehen, packte ihn Daniel Bufo am Arm und ließ ihn nicht mehr los.

Die beiden starken Hände hatten den Kopf des Maklers zwischen seine Knie gezogen, sodass er vornübergebeugt war. Er gurgelte und kämpfte, doch er kam nicht lang genug zu Atem, um schreien zu können. Jack brüllte: »Mein Arm, lassen Sie meinen Arm los!«, doch Daniel Bufo war so panisch, dass er eher noch fester zupackte.

Zwei weitere Hände – diesmal gehörten sie einem Schwarzen – wühlten sich durch die Verkleidung und packten Daniel Bufo an der Hüfte. Sofort versuchten sie, ihn durch den Sitz nach unten zu ziehen.

Jack leistete Widerstand, so gut er konnte. Doch Zentimeter für Zentimeter verschwand Daniel Bufo, Zug um Zug ohne Hoffnung auf Rettung, immer weiter in den Tiefen des Sitzes. Die Hinterseite seines Mantels wölbte sich und der Mann begann sich plötzlich vor schier unerträglichen Schmerzen aufzubäumen. Sein bloßer Rücken schabte gegen das aufgerissene Metall an der Unterseite des Autos.

Jack versuchte, die Hände der Angreifer vom Hals des Mannes zu lösen, doch sie waren so kräftig, dass sie keinen Deut nachgaben. Die ganze Zeit behielt er die Umgebung im Auge, um sicherzugehen, dass sich nicht weitere Furchen in der Straße auftaten und weitere von Quintus Millers Anhängern die Jagd auf ihn eröffneten.

Dann kam der Moment, als das Tauziehen zwischen Jack und Daniel Bufo und den Händen, die ihn nach unten zogen, einen schauderhaften Stillstand erreichte. Daniel Bufo klammerte sich mit einer Hand an Jack, mit der anderen an das Steuer des Cadillacs, um zu verhindern, dass er in den Boden gezogen wurde. Seine Knöchel traten weiß hervor und sein ganzer Körper zitterte vor Schmerz und Anstrengung.

»Aaaaahhhhhh!«, gurgelte der dicke Makler. Dann nutzte er einen kostbaren Atemzug, um zu flehen: »Helfen Sie mir!«

Das waren seine letzten Worte. Sein Brustkorb wurde zertrümmert und sein Becken zerbarst mit einem Geräusch, das Jack nie mehr vergessen würde. Es klang wie ein großes Serviertablett, das von einem Kissen gedämpft in der Mitte durchgebrochen wurde.

Blut schoss aus Daniel Bufos Mund auf seine Füße. Mit einem letzten Kraftakt wurde er in die Tiefen seines Sitzes, dann weiter durch den Unterboden des Autos in den Abgrund gezogen. Nur zerrissene Kleidung und ein paar Streifen blutiges Fett, die noch an den Sprungfedern des Sitzes hingen, blieben zurück.

Jack ging zitternd und keuchend in die Knie, um unter das Auto zu schauen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde war der Boden aufgewühlt wie ein Meer, in dem sich kurzzeitig ein Strudel bildet, wenn ein Hai sein Opfer einfordert.

Karen rief: »Jack? Jack? Was ist los? Was tust du da?«

Jack kam wieder auf die Beine und lehnte sich gegen Daniel Bufos Auto. Er wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.

Ohne Vorwarnung schnellte eine Hand aus der harten Erde vor ihm und klammerte sich um seinen Schuh.

Er trat nach ihr und wich einen Schritt zurück, als er erkannte, dass es sich gar nicht um die Hand eines der Geisteskranken handelte. An den speckigen weißen Fingern prangten schwere Goldringe. Es war Daniel Bufo, der einen letzten verzweifelten Versuch unternahm, sich zu retten.

Jack griff nach der Hand, doch sie wurde von ihm weggezogen und entfernte sich über die Straße hinweg – erst ganz langsam, dann immer schneller. Sie rauschte mit einem wuseligen Rascheln ins Gras der gegenüberliegenden Böschung, dann war sie verschwunden.

Schnell, aber irgendwie hölzern ging Jack zurück zu seinem eigenen Wagen. Karen wartete mit vor Angst geweiteten Augen und offenem Mund auf ihn. Ihr Kaugummi hing bewegungslos im Mund.

»Was ist denn passiert? Wo ist Mr. Bufo?«

Jack kletterte auf den Fahrersitz und sagte: »Mach die Tür zu. Los, schnell. Wir müssen hier weg.«

Als er den Zündschlüssel drehte, sah er, dass die Straße links von ihnen Risse bekam. Der Motor heulte auf, doch der Wagen wollte nicht anspringen. Jack versuchte es erneut, aber es tat sich nichts.

»Komm schon, du blöde Karre!«, rief er verärgert.

»Ach ja, ich wollte dir noch sagen, dass deine Innenbeleuchtung die ganze Zeit gebrannt hat«, meldete sich Karen zu Wort.

»Was?«, rief er. »Meinst du das Lese- und das Türlicht? Das habe ich angelassen?«

»Ich habe es für dich ausgeschaltet«, erklärte Karen Beifall heischend.

Ach du Scheiße, die Batterie war sowieso schon die ganze Zeit am Schwächeln. Der Ersatz liegt längst im Schreibtisch in der Werkstatt. Wieso kümmern sich ausgerechnet Leute, die ihr Geld mit Autos verdienen, immer als Letzte um solche Macken?

Jack versuchte noch einmal, den Wagen zu starten. Diesmal stotterte der Motor zweimal und erstarb dann wieder. Die Furche in der Straße bewegte sich immer näher auf sie zu. Ein Arm brach durch den Asphalt, dann ein weiterer. Jack drehte sich um. Im Wald sah er Büsche, die erzitterten, und Blätter, die aufgewirbelt wurden, und weitere Spuren im Boden, die sich in ihre Richtung ausbreiteten.

»Zieh deine Schuhe aus!«, befahl er Karen.

»Was?«

»Zieh deine Schuhe aus, wir müssen rennen.«

»Willst du mich verarschen?«

»Zieh einfach deine Schuhe aus, steig aus dem Auto und renn so schnell du kannst weg von den Rissen im Boden! Jetzt! Los!«

Karen stand wie versteinert da und starrte ihn an. Doch dann fing der Kombi wie wild an zu ruckeln und sie hörten, wie das Seil der Handbremse riss. Fäuste bearbeiteten eifrig das Metall unter den Sitzen.

»Was ist das?«, schrie Karen. »Jack, was ist das?«

»Lauf!«, brüllte Jack und sie schleuderten die Türen auf und rannten los. Vorbei an Daniel Bufos Cadillac und der Mauer, die The Oaks umgab, hinauf zur Straße.

»Wovor … rennen wir … weg?«, keuchte Karen.

Jack streckte ihr die Hand entgegen. »Nicht … reden … rennen!«

Nur einmal drehte er sich um. Sein Kombi wackelte wild hin und her und er konnte hören, wie Metall auseinanderriss. Dann platzte einer der Reifen mit einem ohrenbetäubenden Knall, der die Krähen krächzend von den nächstgelegenen Eichen aufscheuchte.