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»Können Sie einschätzen, ob es menschlichen Ursprungs ist?«, erkundigte sich Geoff.

Otto zog eine Grimasse: »Da bin ich mir nicht so sicher. Aber es bewegt sich unter der Erde. Es macht Lärm. Als ob es etwas zermahlen würde, wissen Sie, was ich meine? Als ob man am Strand Sand zwischen die Zähne bekommt, der dann im Mund knirscht.«

Sie beobachteten mit sorgenvollen Mienen, wie die Wünschelruten sich einmal komplett im Kreis drehten. Nirgendwo auf dem Parkplatz rührte sich etwas im Beton, doch Jack wusste, dass einer der Wahnsinnigen da war, sie umkreiste, sie beobachtete und auf eine geeignete Gelegenheit wartete.

»Ich fühle mich wie eine Ziege, die jemand als Lockvogel benutzt, um einen Tiger zu fangen«, bemerkte Geoff.

»Es kommt näher«, sagte Otto. »Ich spüre eine sehr tiefe Vibration. Wie der unterste Ton einer Orgel! Ich habe so was noch nie erlebt. Es fühlt sich eiskalt an und gibt dieses malmende, knirschende Geräusch von sich.«

»Teufel noch mal, ich wünschte, ich könnte das selbst nachvollziehen«, bemerkte Jack.

»Besser nicht, glauben Sie mir«, antwortete Otto. Die Wünschelruten schwangen wieder herum und ihre Spitzen bewegten sich zitternd näher aufeinander zu, als ob sie auf etwas deuteten, das mit jeder Umdrehung näher kam.

»Du kennst das Gebet sicher?«, vergewisserte sich Jack.

Geoff nickte und starrte auf den Beton. »Ich habe es auswendig gelernt, sind nur ein paar Zeilen.« Das unaufhaltsame Herannahen des Wahnsinnigen war jetzt deutlich hörbar. Das haarsträubende Ssssschhhhhh – sssssschhhhhhh –ssssschhhhhh, das er zum ersten Mal in The Oaks gehört hatte.

»Hast du auch das Weihwasser dabei?«, fragte Jack.

Geoff klopfte mit der Hand auf die Seitentaschen seines Mantels, dann auf die Brusttasche und schließlich auf die Innentasche. »Ach du Scheiße, ich hab’s im Auto gelassen!«

»Na dann geh es holen, verdammt noch mal!«, brüllte Jack ihn an. »Der Irre kann uns jeden Moment angreifen!«

Geoff sah auf die Wünschelruten. Sie zeigten nach rechts auf die gegenüberliegende Seite des Parkplatzes. Schnell machte er einen Satz nach links auf das Absperrband zu, duckte sich darunter durch und lief über das Dach auf sein Auto zu.

Im selben Moment schwangen die Wünschelruten ebenfalls nach links, als ob ihr Gegner unter der Erde durch die Vibration, die Geoff beim Rennen verursachte, aufgeschreckt worden war.

»Geoff!«, schrie Jack. »Er verfolgt dich! Renn!«

»Ach herrje, schauen Sie, wie schnell es sich bewegt!«, warf Otto ein.

Geoff erreichte sein Auto. Die Gummisohlen seiner Turnschuhe schlitterten über den Betonboden. Er riss die Fahrertür auf und griff nach der Flasche Perrier, die er mit Weihwasser gefüllt hatte. Doch im selben Moment krachte eine Faust wie eine Granate von unten durch den Beifahrersitz und packte ihn am Handgelenk.

»Jack!«, brüllte Geoff panisch. »Jack!«

Jack wand sich unter der Absperrung hindurch und spurtete über das Parkdeck auf Geoffs Auto zu.

»Es hat mich am Handgelenk erwischt!«, schrie der ihm zu.

Jack sprang zur Beifahrertür und riss sie auf. Obwohl Geoff sich am Türrahmen festkrallte, wurde seine Hand in den Sitz hineingezogen und die Haut von den kaputten Schrauben durchbohrt. Jack zögerte nur einen Moment, dann steckte er seinen Kopf ins Auto und biss dem Irren seitlich in den Daumen. Er zertrennte Muskeln und schabte gegen Knochen.

Für den Bruchteil einer Sekunde lockerte die Hand ihren Klammergriff. Das reichte Geoff, um sich zu befreien. Jack entfernte sich Blut spuckend vom Wagen.

»Das Wasser!«, ermahnte er Geoff lautstark. »Zieh mit Wasser einen Kreis um das Auto!«

Geoff öffnete die Perrier-Flasche und verteilte die Flüssigkeit großzügig um seinen fahrbaren Untersatz. Sein Gesicht war noch ganz blass vor Schock. Während er das tat, sprach er die Worte des Exorzismusgebets: »Ab insidiis diaboli, libera nos, Domine; ut Ecclesiam tuam secura tibi facias libertate servire, te rogamus, audi nos; ut inimicos sanctae Ecclesiae humiliare digneris, te rogamus, audi nos.«

Der Beton unter dem Fahrzeug bebte bei jedem Wort, als ob jemand mit einem Presslufthammer zu Werke ging. Doch als Geoff das Gebet beendet hatte, hörte das Beben auf. Nur das Pfeifen des Windes auf dem Parkplatz, das vom Lake Michigan herrührte, sowie das Hupen und Lärmen von den Straßen waren noch zu hören.

Otto kam mit den Wünschelruten zu ihnen herüber.

»Was ist passiert? Sitzt er in der Falle?«

Mit düsterer Genugtuung verkündete Jack: »Da können Sie Gift drauf nehmen, dass wir ihn in die Falle gelockt haben. Lasst uns das Auto hier wegschaffen und dann fangen wir an zu graben. Ich habe die leise Hoffnung, dass es Quintus Miller persönlich ist.«

Geoff kletterte vorsichtig zurück in den Valiant, startete den Wagen und fuhr ihn ein paar Meter weiter. Dann standen die drei Männer da und betrachteten den Beton an der Stelle, wo gerade noch das Auto geparkt hatte. Der Boden war an einigen Stellen aufgewühlt, sonst deutete nichts darauf hin, dass sich der Angreifer immer noch dort unten befand.

»Das ist bombenfester Stahlbeton«, stellte Otto fest. »Keine leichte Arbeit, den mit dem Presslufthammer aufzuhebeln.«

»Na dann sollten wir besser loslegen«, schlug Geoff vor.

»Und wenn uns jemand fragt, was wir hier machen?«, warf Otto ein. »Die Bullen zum Beispiel.«

»Wir erledigen dringende Wartungsarbeiten«, erklärte Geoff. »Das ist ein offizieller Lastwagen eines Versorgungsunternehmens, oder etwa nicht? Und Sie sind ein offizieller Angestellter eines Versorgungsunternehmens.«

»Herrgott, hoffentlich ist es das wenigstens wert«, knurrte Otto. Er ging um den Laster herum und hievte den Presslufthammer von der Ladefläche. Dann startete er den Kompressor, setzte sich einen Ohrenschutz auf und begann, den Betonboden zu malträtieren.

Der Lärm war ohrenbetäubend und die Vibration vernebelte Jack die Sicht. Doch Otto kam schneller voran, als Jack vermutet hätte. Der Presslufthammer hackte mit seiner meißelförmigen, großen Spitze auf den Belag ein und sprengte ihn auf. Jack und Geoff räumten die entstandenen Bruchstücke mit bloßen Händen aus dem Weg. Innerhalb von nur einer Viertelstunde legte Otto eine ovale Öffnung frei, die etwa in dem Bereich endete, wo Geoff den Bannkreis mit Weihwasser gezogen hatte. Nach 30 Minuten war der Rand des Ovals gründlich ausgehoben, eine weitere halbe Stunde später konnte er mit der Tiefenbohrung beginnen.

Wenn man bedachte, was sie mit dem Presslufthammer für einen Höllenlärm verursachten, der auch noch von den Wänden des Performing Arts Centers widerhallte, war es wirklich erstaunlich, dass niemand kam, um sie zu fragen, was sie da eigentlich veranstalteten. Dutzende Menschen fuhren in das obere Deck des Parkhauses, um dort ihr Auto abzustellen – das Ballett von Milwaukee führte an dem Abend Schwanensee auf –, doch niemand würdigte sie eines Blickes. Jeder, der mit so viel Lärm so ungeniert den Boden bearbeitete, musste einen öffentlichen Auftrag haben.

Mitten in ihrer provisorischen Ausgrabung stellte Otto den Presslufthammer ab, zog den Gehörschutz vom Kopf und sagte: »Der Teufel soll mich holen, wenn da irgendwas ist. Wir graben hier ganz umsonst.«

Geoff sah zu Jack und meinte: »Was meinst du? Glaubst du, dass wir ihn verpasst haben?«

Aber Jack kickte die letzten Betonreste zur Seite und entgegnete: »Hier kann sich ein Mann sehr gut verstecken, wenn er sich nur klein genug macht und ordentlich krümmt. Kommt, vielleicht haben wir Glück. Lasst uns weitermachen!«

»Sie sind der Boss«, bestätigte Otto seufzend und setzte den Gehörschutz wieder auf.

Der Presslufthammer schlug ein Betonstück nach dem anderen heraus und plötzlich spürte Jack, wie sich seine Nackenhaare vor lauter Angst und Anspannung aufrichteten. An einer Seite des Betonhaufens wurde die nackte Ferse eines Mannes erkennbar. Jack sprang in das Loch hinunter, zupfte Otto am Ärmel und deutete triumphierend auf das Körperteil.