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»Seht ihr?«, bemerkte Geoff triumphierend. »Es funktioniert! Wir haben den Dreh raus! Wir können diesen Schweinehunden ein vorzeitiges Ende bereiten!«

Lesters Kopf versank wieder im Boden. Doch Geoff sprang in das Loch, trommelte mit den Fäusten auf den Beton und schrie: »Hörst du mich? Wir haben dich! A Righ nan reula runach!«

Sofort erschien Lesters Gesicht erneut. Er schrie sogar noch schriller in ihrem Geist.

»Hab dich!«, schrie Geoff zurück. Er war ganz aufgeregt wegen der Durchschlagskraft seiner Magie und weil das, was sie hier taten, so spannend und gleichzeitig auch gefährlich war. »Hab dich, du mörderisches Stück Scheiße! A Dhe mheinnich nan dula!«

Mit seinem Betongesicht brabbelte Lester: Nicht, nicht! Schlag mich zusammen, wenn du willst! Aber 60 Jahre! 60 Jahre des Wartens! Ich will raus hier, ich will frei sein!

»Oh, es gibt nur einen Weg für dich in die Freiheit, mein Freund«, klärte Geoff ihn auf. »Und zwar solltest du uns restlos alles erzählen, was du über Quintus Miller und deine anderen irren Freunde weißt. Wenn du es nicht tust, dann geht’s ab aufs Foltergerät mit dir. Und dann wartet die völlige Vernichtung mit freundlicher Unterstützung von Awen, dem heiligen Namen, und von Bel, dem Sonnengott, auf dich. Für immer und ewig, Amen.«

Ihr könnt sie kriegen! Ihr könnt sie kriegen! Ich verrate euch, wie!

»Na dann los!«, forderte Geoff ihn auf. »Mir reißt heute Abend schnell der Geduldsfaden und ich habe verdammt Lust darauf, geistig Umnachtete wie dich zu vernichten.«

Es stand alles in den Büchern … in Krügers Bibliothek … er schrieb auch Tagebuch. Krüger hatte die Druiden ein Leben lang studiert. Quintus brach in die Bibliothek ein und stahl die Aufzeichnungen … er verriet uns, dass wir alle entkommen könnten. Monatelang planten wir unsere Flucht. Am schwierigsten war es, eine Flöte zu finden, die richtige Art von Flöte. Wir taten so, als wollten wir eine eigene Folk-Gruppe gründen … also kaufte uns Mr. Estergomy eine.

»Flöte? Wovon redest du da?«, fragte Geoff.

Ein Instrument, mit dem man rituelle Musik spielen kann, um das Hexagramm zu öffnen … um zu fliehen. Und genau das haben wir getan … Quintus ging zuerst, kam dann wieder durch die Wand und spielte Musik. Dann folgten wir ihm. Einer spielte, der Rest folgte, so funktionierte das Ritual. Und wir schafften es! Mitten in die Wand hinein!

Geoff stand reglos da. Der spätnachmittägliche Wind zerzauste ihm die Haare. »Einer spielte, der Rest folgte«, wiederholte er nachdenklich. Dann zitierte er:

»Als plötzlich die Schar sich seitwärts schob,

Dorthin, wo der Koppelberg sich erhob.

Steil stehet der Berg; die Kinder davor –

Da öffnet sich plötzlich ein weites Tor;

Hinein geht der Spielmann, die Kinder ihm nach;

Dann schließet der Berg sich mit lautem Krach.«

Selbst Otto erkannte das Gedicht wieder. »Der Rattenfänger von Hameln«, sagte er mit heiserer Stimme. »Herrgott, das hat sich niemand ausgedacht. Es ist wahr. Und ich erlebe es hier mit eigenen Augen.«

»Ja«, bestätigte Geoff. »Die verdammte Legende ist wahr. Und es ist im Laufe der Geschichte immer wieder passiert. Es gibt keine Geister, Poltergeister oder Dämonen, sondern nur Erden- und Wandläufer – Menschen, die wahrhaftig in der Unterwelt leben.«

Lass mich frei!, insistierte Lester. Ich hab dir alles gesagt, was ich wusste. Lass mich frei!

»Jack? Was meinst du dazu?«, wollte Geoff wissen.

Jack sah Lesters Betongesicht an und dachte an Randy, Pater Bell, Essie Estergomy, Daniel Bufo und Joseph Lovelittle. Er verspürte große Lust, Lesters Gesicht mithilfe des Presslufthammers zu zertrümmern. Und er hätte es auch wirklich getan, wenn es eine Garantie dafür gewesen wäre, dass Lesters unausgeglichene Seele dadurch vernichtet wurde.

»Ich bin dafür, dass wir ihn opfern«, antwortete er. »Zeigen wir Quintus Miller, dass wir es wirklich ernst meinen.«

Ihr habt mir euer Wort gegeben!, protestierte Lester.

»Und Pater Bell starb unter den schlimmsten Schmerzen, die man sich nur vorstellen kann«, konterte Jack.

Er wollte nicht nachgeben! Er wollte uns nicht gehen lassen! Es war nicht meine Schuld!

»Wie kriegen wir ihn aus dem Beton raus?«, fragte Jack.

Geoff hielt das Weihwasser hoch. »Weihwasser gemischt mit Weihsalz. Damit obsiegten die frühen Christen letztendlich über die Druiden. Der Weg des Geistes gegen den Weg des Fleisches.«

Nein!, schrie Lester. Nein, rührt meine Seele nicht an!

Geoff öffnete die Perrier-Flasche und hob sie hoch.

Nein!, kreischte Lester. Ich verrate euch, wie ihr sie findet! Ich verrate euch, wie ihr sie findet!

Jack ging zum Betonblock herüber und starrte Lester direkt ins Gesicht.

»Jack – geh nicht zu nah ran«, warnte Geoff ihn, doch dieser war zu wütend, um auf die Warnung zu hören.

»Also gut, Lester«, begann Jack. »Du sagst uns, wie wir sie finden, und wir werden dich dafür ziehen lassen. Aber ich warne dich, Freundchen. Wenn du versuchst, uns zu verarschen … dann werde ich dich höchstpersönlich aufspüren und dein Rückgrat auf dieser Foltervorrichtung brechen – und dabei werde ich mir alle Zeit der Welt lassen.«

Also hört zu, ich sage euch die Wahrheit … Ihr müsst zurück zum Portal gehen … dorthin, wo Quintus Miller damals zum ersten Mal in die Wand eingedrungen ist … Ihr müsst die Musik spielen … die Musik wird sie alle wieder zurücklocken. Sie müssen der Musik folgen, ob sie nun wollen oder nicht. Ihr kennt sie, es ist die Beschwörungsmusik für Grian-stad.

»Grian-stad?«, wiederholte Jack. »Was ist denn Grian-stad?«

»Das keltische Wort für ›Mittsommernacht‹«, klärte Geoff ihn auf. »Ich weiß nicht, ob unser Freund hier die Wahrheit sagt, aber er kennt zumindest die druidischen Sagen. In der Mittsommernacht spielten die Druiden Musik, um alle zu den heiligen Stätten zu rufen.«

»Also müssen wir sie nicht einzeln einfangen«, stellte Jack fest. »Wir können sie alle zurück nach The Oaks beordern und uns dann dort um sie kümmern.«

Er hatte keine präzise Vorstellung davon, wie er und Geoff sich um 137 durchgeknallte Kriminelle ›kümmern‹ würden, aber vielleicht half ihnen Druggetts Druidenbuch weiter. Und selbst, wenn es Ihnen nicht gelang, sie zu vernichten, sondern sie die Entflohenen lediglich wieder in die Mauern von The Oaks einsperren konnten, war das immer noch besser, als sie auf die Stadt loszulassen, wo sie unschuldige Menschen unter die Erde zerrten.

»Diese Musik – was für eine Musik soll das denn sein? Ist es eine besondere Melodie?«, erkundigte sich Geoff.

Flötenmusik, erklärte Lester. Musik aus einer Flöte. Sie geht ungefähr so …

»Ja, schon gut, Flötenmusik, aber wie geht die Melodie genau?«

Doch in diesem Moment schrie Lester lauter als je zuvor. Ein heiserer, greller Schrei, der nach Todesangst und Verzweiflung klang. Zwei riesige Hände schoben sich an beiden Seiten seines Kopfes aus dem Beton und zerrten ihn zurück in den Abgrund.

Sie sahen, wie Lesters Hände in einer verzweifelten Geste kurz wieder aus dem Boden auftauchten, als er mit allen Mitteln versuchte, sich an der Luft festzuhalten. Doch dann verschwanden sowohl sie als auch der Rest seines Körpers endgültig unter der Erdoberfläche.