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»Was ist passiert?«, fragte Jack entsetzt. »Wo ist er hin?«

Geoff schrie: »Otto! Die Wünschelruten!«

»Was ist damit?«, fragte Jack.

»Raus aus dem Loch!«, befahl ihm Geoff. »Ich verwette meinen Arsch, dass das Quintus Miller war!«

Sie kletterten aus der Spalte und eilten zum Kompressorwagen zurück.

Otto fuchtelte mit seinen Wünschelruten herum, versuchte sie parallel voneinander zu halten und murmelte dabei in sich hinein: »Nichts als Ärger hat man hier. Ich wünschte, ich wäre nie mitgekommen.«

Jack suchte den Parkplatz in Windeseile mit den Augen ab, hielt Ausschau nach Wölbungen im Boden und nach Armen, die wie Haifischflossen aus dem Untergrund ragten.

»Irgendetwas stimmt nicht!«, stellte Otto entsetzt fest. »Sie spielen total verrückt!«

Die Wünschelruten drehten sich hektisch wie ein Kompass am Nordpol. Otto versuchte, sie ruhig zu halten, aber es gelang ihm nicht. »Die Kräfte sind zu stark! Sie kommen von überall! Ich kann nichts dagegen tun!«

Ganz abrupt hörten die Wünschelruten mit ihrem wilden Karussellspiel auf und berührten einander. Es folgte das laute, heftige Knistern einer elektrischen Entladung. Otto wurde heftig gegen die Seite seines Wagens geworfen. Sein Kopf schmetterte mit einem dumpfen, knirschenden Geräusch, das an ein überfahrenes Eichhörnchen erinnerte, gegen den Wagen. Er fiel zu Boden, zitterte und grummelte etwas in sich hinein.

Jack kniete sich neben ihn. Ottos Wollmütze war blutbefleckt und seine Augen nach oben verdreht.

»Fass ihn nicht an«, warnte Geoff ihn. »Natürlicher Magnetismus hat ihn erwischt … und zwar ziemlich heftig. Du würdest wohl selbst einen ziemlich starken elektrischen Schlag bekommen, wenn du ihn berührst.«

»Hast du noch Weihwasser?«, fragte Jack ihn, während er weiterhin den Parkplatz im Auge behielt. Sein Herz pochte fast so stark in der Brust, wie Lester gegen sein Betongrab geschlagen hatte.

»Klar, aber ich bin mir nicht mehr so sicher, ob es uns wirklich nützt«, antwortete Geoff. »Wer auch immer Lester da in den Boden hineingezogen hat … der Bannkreis schien ihn nicht davon abzuhalten.«

»Du musst bedenken, dass du kein Priester bist«, warf Jack ein. »Vielleicht hängt es damit zusammen. Vielleicht fehlt dir die nötige spirituelle Kraft.«

»Na gut, ich bin kein Priester«, bestätigte Geoff verärgert. »Aber verdammt noch mal, so ein großer Sünder bin ich nun auch wieder nicht.«

»Vielleicht sollten wir besser sehen, dass wir von hier wegkommen«, schlug Jack vor.

»Damit könntest du recht haben. Manchmal ist ein würdevoller Rückzug besser als eine Niederlage.«

Sie standen auf und gingen vorsichtig auf Geoffs Valiant zu. Doch genau in diesem Moment kam es zu einer ohrenbetäubenden Explosion. Der Betonberg, in dem sie Lester gefangen hatten, stob in einer Fontäne aus Kies und Schotter auseinander. Betonsteine prasselten gegen die um sie herum geparkten Autos, ließen die Scheiben zu Bruch gehen und zerbeulten das Blech.

Während er seine Augen mit den Händen gegen den entstandenen Staub abschirmte, warf Jack einen Blick auf das Loch, das sie gegraben hatten. Der Berg in der Mitte war komplett weggesprengt worden, doch genau an seiner Stelle stand jetzt ein gänzlich gehäuteter, nackter Mann, dessen Körper blutrot glänzte. Seine Adern pochten wild und unkontrolliert.

Im allmählich schwindenden Tageslicht sah er fast schön aus, wie eine surrealistische Skulptur, bei der Muskeln und Sehnen deutlich hervortraten. Arterien wanden sich um seinen Körper wie Schlangen. Trotz der Tatsache, dass seinem Gesicht die Haut fehlte, erkannte Jack sofort Lester in ihm wieder.

Dieser versuchte sich zu bewegen, zu schreien, doch die Schmerzen, die er erleiden musste, schienen zu stark. Er gab ein einziges gequältes Blöken von sich, das mehr nach einem Tier auf der Schlachtbank als nach einem Menschen klang. Dann griff eine Hand aus dem Boden nach oben an seine Füße, packte ihn an den Knöcheln und zog ihn in einer grässlichen Detonationswelle aus Fleisch und Blut wieder in den Schlund herab.

»Allmächtiger Gott!«, keuchte Jack.

»Jack, das Auto!«, erinnerte ihn Geoff mit einer Stimme, in der so viel Schock mitschwang, dass sie fast schon überdeutlich klang. »Lass uns hier abhauen, schnell!«

Sie rannten die letzten paar Schritte zum Valiant, rissen die Türen auf und kletterten hinein. Geoff holte mit zitternden Fingern seinen Schlüssel aus der Tasche und ließ ihn prompt fallen.

»Scheiße!«, rief er panisch, während er auf dem Boden herumtastete und versuchte, ihn wiederzufinden.

Im selben Moment hörte Jack ein Pochen und wandte sich nach rechts. Das in ihrer Reihe am weitesten entfernte Auto hob sich einen ganzen Meter in die Luft und kollidierte bei seiner Landung lautstark mit dem benachbarten Fahrzeug. Schon kam das nächste Auto, das hochgehoben wurde und mit dem Nachbarauto zusammenstieß, dann das übernächste und dann das daneben. Es sah aus, als ob etwas Großes, Starkes sich den Weg zu ihnen bahnte – eine Flutwelle aus Beton, die unweigerlich alles mitriss, was ihr in die Quere kam.

»Geoff, beweg diesen Blechhaufen hier raus!«, rief Jack ihm zu.

Geoff fand endlich den Schlüssel und stocherte ihn ins Zündschloss. Doch da spürte er bereits, wie der Valiant erbebte und das Metall am Boden der Karosserie auseinanderbrach. In Jacks Kopf überschlugen sich die Erinnerungen an Daniel Bufo. Er trat die Tür auf und sprang aus dem Auto. Geoff tat es ihm gleich.

Fast in der gleichen Sekunde hörte das Auto auf zu wackeln. Sie wichen einige Schritte zurück und verharrten.

»Der hier ist echt stark«, stellte Geoff fest, während er sich mit der Hand über die Stirn wischte. »Das ist Quintus Miller, daran gibt es keinen Zweifel.«

Vor ihren Augen begann sich die Windschutzscheibe von Geoffs Auto zu biegen und zu verformen. Ein Gesicht aus Glas erschien. Es war nur sichtbar, weil die Lichter der MECCA sich auf seinen Wangen, seiner Nase und seinen Lippen spiegelten. Es war eine scharfkantige, grausame Fratze; genau wie Pater Bell sie Jack damals in Green Bay beschrieben hatte. Eine Fratze wie ein Felsen. Ein stechender Blick und völlig ausdruckslose Augen ohne jede Spur von Mitleid.

»Quintus Miller«, flüsterte Jack.

Korrekt, antwortete eine schroffe, kultivierte Stimme. Quintus Miller höchstpersönlich. Sehr erfreut, Sie endlich kennenzulernen.

»Ich will meinen Sohn zurück«, forderte Jack. »Hast du mich verstanden? Ich will meinen Sohn wiederhaben! Ich will ihn hier und jetzt, sonst mache ich dir die Hölle heiß, das schwör ich dir.«

Ihr Sohn ist für mich sehr wichtig, Mr. Reed. Nun, nicht so sehr für mich persönlich, wenn Sie verstehen, was ich meine, sondern eher für meinen Glauben. Ihr Sohn wird in die Geschichte eingehen als das bedeutendste Opfer des Heidentums seit 2.000 Jahren. Geschichte, Mr. Reed! Nicht viele Jungen erhalten die Gelegenheit, Geschichte zu schreiben. Nicht in diesem Alter. Nicht, wenn sie noch so empfindlich sind.

»Ich will ihn sehen!«, verlangte Jack.

Sie können ihn gerne sehen, wenn Sie möchten.

Die Windschutzscheibe verzog sich, als ob sie von einem erfahrenen Glasbläser bearbeitet würde. Kopf und Schultern eines starken Mannes erschienen im Glas. Auf den Schultern von Quintus Miller, offensichtlich festgebunden oder mit Handschellen an ihn gekettet, saß ein Glasjunge, der genauso aussah wie Randy. Seine Augen schienen geschlossen zu sein, doch als Jack sich langsam dem Valiant näherte, konnte er sehen, dass der Junge noch atmete. Er musste vor lauter Erschöpfung eingeschlafen sein.

»Randy?«, rief er. »Randy?«