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Malkorok packte Baine am Arm und reckte dem Tauren sein Gesicht entgegen. „Schweig! Du dienst dem Kriegshäuptling, Baine Bluthuf. Sein Wille ist für dich Gesetz! Wagst du es etwa, ihn zu beleidigen? Wagst du es? Denn falls du dies tatsächlich tust, dann fordere ich dich hier und jetzt zum Mak’gora heraus!“

Er kochte vor Wut – und betete, dass der Taure die Herausforderung annehmen möge. Wie sein Vater vor ihm war auch dieser Bluthuf ein Stachel im Fleisch der Orcs. Die Tauren waren generell zu weich, zu friedliebend, aber die Bluthufs waren die Schlimmsten, und – ganz gleich, wie Cairne nun gestorben sein mochte – soweit es Malkorok betraf, war sein Tod ein echter Glücksfall gewesen. Es wäre eine Ehre für ihn, Garrosh auch von seinem Sohn, Baine Bluthuf, zu befreien.

Die Augen des Taurenhäuptlings blitzten vor Zorn, dann brummte er leise: „Ich habe heute viele tapfere Kämpfer verloren, als wir dem Befehl des Kriegshäuptlings Folge leisteten. Ich spüre kein Verlangen danach, die Horde grundlos um einen weiteren Krieger zu bringen.“ Sein Blick richtete sich wieder auf Garrosh. „Ich erhebe meine Stimme allein aus Sorge um das, was geschehen könnte. Das wisst Ihr, Kriegshäuptling.“

Garrosh nickte. „Ich nehme deine … Bedenken zur Kenntnis, wenn sie auch unbegründet sind. Ich weiß, was ich tue. Ich weiß, wozu meine Schamanen imstande sind. Das sind meine Methoden, Häuptling. Und mein nächster Schritt wird der Marsch auf Theramore sein. Dort werde ich die Versorgungsader der Allianz auf Kalimdor durchtrennen und die Prachtmeer vernichten, diese Hündin, die Diplomatie mit Einmischung verwechselt. Auch für die Mondfederfeste, Teldrassil, die Mondlichtung und Lor’danel habe ich schon Pläne – sie werden alle fallen. Dann wirst auch du es sehen. Dann wirst du erkennen, wie die Dinge wirklich stehen.“

Er lachte. „Und dann werde ich deine Entschuldigung gerne entgegennehmen. Bis dahin aber“ – Garrosh wurde wieder ernst – „will ich aber kein Wort mehr hören über … deine Bedenken. Verstehen wir uns?“

Baine legte die Ohren an den Kopf an. Seine Nüstern zuckten. „Ja, mein Kriegshäuptling. Ihr habt Euch mehr als klar ausgedrückt.“

Malkorok blickte ihm nach, als er davonstapfte.

Baine fühlte sich, als hätte der Zorn auch sein Innerstes geschmolzen. Es hatte ihn die größte Mühe gekostet, nicht vor Wut zu explodieren, als Malkorok seine Herausforderung ausgesprochen hatte. Er hatte keine Angst, dass ihn der Orc besiegen könnte – bevor Magathas Gift ihn dahingerafft hatte, hatte Cairne in seinem Duell mit Garrosh klar die Oberhand gehabt. Nein, er hatte nur abgelehnt, weil es für ihn keine Möglichkeit gab, wirklich zu gewinnen. Es würde ohne jeden Zweifel wieder Gift verwendet werden, wenn diesmal vermutlich auch besser getarnt. Doch selbst wenn er Malkorok niederstreckte, würde man ihm in den Schatten einen Hinterhalt bereiten. Was sollte dann aus seinem Volk werden? Es gab noch keinen klaren Nachfolger für das Amt des Häuptlings, und Garrosh würde gewiss dafür sorgen, dass ein Taure gewählt wurde, der mehr nach seinem Geschmack war – oder sich leicht beeinflussen ließ.

Nein. Seine Leute brauchten ihn jetzt lebend. Also würde Baine weiterleben und tun, was man ihm befohlen hatte. Genau das, nur das, und nichts anderes. Wenn dann der Tag kam, an dem sein glorreicher Plan Garrosh das tätowierte Genick brach, würden er, Vol’jin und die anderen besonneneren Führer bereit sein, die Scherben einzusammeln und die Horde zu beschützen – oder was Garrosh dann noch von ihr übrig gelassen hatte.

Doch Baine Bluthuf war nicht hilflos. Der Gedanke, der sich während des Marsches in Richtung Nordwacht in seinem Kopf herauskristallisiert hatte, war inzwischen noch konkreter geworden, und jetzt, da er gesehen hatte, wie Garrosh gedankenlos, ohne Achtung und Respekt die Elemente missbraucht hatte, war auch sein Kopf von der Richtigkeit dieser Idee überzeugt, die seinem Herzen entsprungen war. Er blieb nicht, um den Siegesfeierlichkeiten beizuwohnen, und überließ seine Truppen Kadors fähigen Händen.

Stattdessen zog er sich zu seinem Reisetipi zurück, um diesen Plan auszuführen. Bevor er die Zeltklappe anhob, blickte er sich noch einmal sorgfältig um, konnte aber keine Spur lauschender Ohren ausmachen. Anschließend wandte er sich dem jungen Krieger zu, der vor dem Tipi Wache stand. „Schick Perith Sturmhuf her. Ich habe eine wichtige Aufgabe für ihn.“

9

„Wir sollten doch eigentlich in der Lage sein, dieser Sache auf den Grund zu gehen“, sagte Jaina, während sich Zorn – eine Emotion, die sie nur höchst selten empfand – in ihre Stimme stahl. „Wir haben einen blauen Drachen, zwei äußerst talentierte Magier und eine scharfsinnige Schülerin. Und sogar auf die Hilfe der Kirin Tor können wir bauen.“ Sie fuhr sich mit der Hand durch das blonde Haar und zwang die Emotion zurück, bevor sie ihre Gedanken trübte. Wut und Verzweiflung waren ein Luxus, den sie sich im Augenblick nicht leisten konnte. Sie musste logisch nachdenken.

„Lady, es gibt nirgendwo Aufzeichnungen über einen Zauber, der ein magisches Objekt vor den Sinnen eines überlegenen Magiers verbergen könnte“, entgegnete Kinndy. „Und wir können ja wohl davon ausgehen, dass Kalecgos hier jedem Magier der kurzlebigeren Rassen von Azeroth überlegen ist. Verzeiht mir außerdem, wenn ich sage, dass es nicht einfach ist, hier ruhig sitzen zu bleiben, nachzudenken, zu grübeln und Däumchen zu drehen, während die Nordwacht womöglich jetzt gerade der Horde in die Hände fällt!“

„Es liegt mir fern, Eure Bedenken auf die leichte Schulter zu nehmen, Kinndy“, warf Kalecgos ein, „aber falls ich die Fokussierende Iris nicht rechtzeitig wiederfinde, könnte sie eine Woge der Zerstörung über diese Welt bringen, gegen die sich der Fall der Feste Nordwacht wie ein verlorener Bauer in einem Schachspiel ausnimmt.“

Kinndy runzelte die Stirn und wandte den Blick ab. „Wir alle sind abgelenkt“, erklärte Jaina, während sie ihren Geist zur Ruhe zwang. „Aber Kalec hat recht. Je schneller wir herausfinden, wie die Diebe die Fokussierende Iris vor seinen Sinnen verbergen, desto sicherer werden wir alle sein.“

Das Gnomenmädchen nickte. „Ich weiß, ich weiß“, murmelte sie. „Es ist nur so … schwer.“

Jaina musterte ihre Schülerin und dachte dabei an das letzte Mal, als sie ihren eigenen Meister, Antonidas, gesehen hatte. Gemeinsam hatten sie in seinem auf sympathische Weise chaotischen Studierzimmer gestanden, und sie hatte ihn gebeten – oder vielmehr darum angefleht –, bleiben zu dürfen, um gemeinsam mit ihm Dalaran gegen Arthas Menethil zu verteidigen. Arthas war zu diesem Zeitpunkt bereits in der Stadt gewesen; um die Wahrheit zu sagen, er hatte sogar schon direkt vor der Tür gestanden und höhnische Bemerkungen gerufen, die Jaina so hart getroffen hatten, als wären es echte Pfeile. Wie verzweifelt ihr Wunsch doch gewesen war, die wunderschöne Stadt der Zauberer zu verteidigen – und wie bitter die Erkenntnis gewesen war, dass es Arthas, ihr Arthas, war, der sie bedrohte. Doch Antonidas hatte ihr nicht erlaubt, noch länger zu bleiben. „Du hast andere Aufgaben“, hatte er gesagt. „Schütze jene, um die dich zu kümmern du geschworen hast, Jaina Prachtmeer. Ob hier nun einer mehr oder weniger ist … das wird keinen Unterschied machen.“

Jaina war davon überzeugt, dass sie und Kalec bei der Nordwacht einen Unterschied machen konnten, falls sie rechtzeitig dort einträfen. Doch selbst wenn ihnen dies gelang, was dann? Jetzt zählte jede Minute, und sie wussten noch immer nicht, in wessen Händen sich dieses verfluchte Artefakt befand, oder was er oder sie damit plante. Ebenso, wie es damals das Richtige gewesen war, Antonidas zurückzulassen, auch wenn er gestorben und Dalaran gefallen war, so war es jetzt das Richtige, hierzubleiben und die Iris zu finden. Zumindest versuchte sie, sich das einzureden.

Auch nach all dieser Zeit spürte sie bei einer solchen Erinnerung noch Tränen in den Augen. Sie streckte den Arm aus, um Kinndys schlaff herabhängende Hand zu drücken. „Wenn man ein Magier werden und mit dieser großen Verantwortung umgehen will, dann muss man auch lernen, schwere Entscheidungen zu treffen. Ich verstehe, wie du dich fühlst, Kinndy. Aber wir sind dort, wo wir jetzt sein müssen.“