Выбрать главу

Banagos trat in seiner menschlichen Gestalt hinter sie und drückte ihre Schulter. Rasch legte sie ihre Hand auf die seine.

„Ich weiß nur wenig über die niederen Rassen“, sagte er. „Aber ich sehe hier alle möglichen Arten von Waffen und Anzeichen dafür, dass Magie benutzt wurde – dämonische ebenso wie arkane.“

„Jede Rasse könnte hierfür verantwortlich sein“, erklärte Kiry.

„Dann wären wir vielleicht gut beraten, wenn wir sie alle auslöschen“, brummte Banagos. Seine Stimme zitterte vor Trauer, und seine blauen Augen waren von nicht vergossenen Tränen rot. Er hatte die kleine Pelagosa geliebt, und sobald sie das richtige Alter erreicht hätte, wären sie zu Partnern geworden.

„Nein“, schnappte Kiry scharf. „Diesen Weg wählen nur die Gedankenlosen, Banagos, und das weißt du auch. Pelagosa hat ebenfalls daran geglaubt. Es sind nicht ›sie alle‹, die das hier getan haben, ebenso wenig, wie ›alle‹ Drachen die jüngeren Rassen zum Vergnügen angreifen und Unschuldige niedermetzeln. Wir wissen, warum unsere Brüder und Schwestern getötet wurden. Es war nicht der Hass auf unser Volk, der die Feinde antrieb. Jemand möchte die Fokussierende Iris für seine – oder ihre – eigenen Machenschaften einsetzen, nur darum geht es hier.“

„Fünf Drachen“, stöhnte Alagosa. „Fünf von uns. Fünf unserer Besten. Wer könnte stark genug sein, um sie zu überwältigen?“

„Das“, erklärte Kiry, „müssen wir eben herausfinden. Banagos, kehr zum Nexus zurück und überbring den anderen die traurige Nachricht! Alagosa und ich werden hierbleiben und … uns um die Leichen unserer Gefallenen kümmern.“

Sie hatte ihm dadurch weitere Pein ersparen wollen, aber Banagos schüttelte den Kopf. „Nein. Sie wäre meine Partnerin geworden. Ich … möchte mich selbst um sie kümmern. Und auch um die anderen. Du stehst Kalecgos am nächsten, also wird es wohl das Beste sein, wenn er es von dir erfährt, und zwar so bald wie möglich.“

„Wie du wünschst“, entgegnete Kiry sanft. Ein letztes Mal blickte sie auf die leblosen Körper der blauen Drachen hinab. Im Tod waren sie in ihrer menschlichen Gestalt gefangen, einer Gestalt, die die meisten von ihnen verabscheuten. Anschließend schlug sie die Augen traurig nieder und schnellte in den Himmel hinauf. Ihre Flügel peitschten die Luft, als sie nach einer Rolle zurück in Richtung des Nexus raste. Nun galten ihre Gedanken nicht länger den Gefallenen, sondern den Mördern. Wer mochte stark genug sein, um einen solchen Angriff erfolgreich durchzuführen? Und aus welchem Grund hatten sie die Drachen überfallen?

Sie konnte die schlimmsten Befürchtungen bezüglich der verschollenen Gruppe bestätigen, aber das war auch schon alles, was sich mit Gewissheit sagen ließ, und Kiry hoffte inständig, dass Kalec in ihrer Abwesenheit etwas Neues herausgefunden hatte.

Kalecgos wusste, dass die Fokussierende Iris mit jeder verstreichenden Sekunde weiter in Richtung Süden getragen wurde. So wurde es schwerer und schwerer, sie zu orten. Doch er hatte einen Vorteil, den seine Brüder nicht besaßen. Obwohl er nicht länger der Aspekt der blauen Drachen war, führte er sie noch immer an, und dieses Band zwischen ihm und seinem Schwarm, welches durch das Echo der Aspekt-Fähigkeiten noch verstärkt wurde, schien seine Verbindung mit der Iris zu vertiefen. Als Teralygos gesagt hatte, dass er das Artefakt kaum noch spüren konnte, hatte er die Augen geschlossen und tief eingeatmet. Nun stellte er es sich in seinem Geist bildlich vor, hatte sich ganz darauf konzentriert, bis er es fühlen konnte, und …

Und da war es. „Die Iris befindet sich jetzt in der Boreanischen Tundra, nicht wahr?“, fragte er Teralygos, die Lider noch immer zusammengekniffen.

„Ja, und jetzt …“ Die Worte endeten in einem kurzen, entsetzten Schrei. „Sie ist fort!“

„Nein, sie ist noch da“, widersprach Kalec. „Ich kann sie noch immer spüren.“

Einige der Drachen seufzten erleichtert. Da sagte eine leise Frauenstimme: „Sie wurden alle ermordet, Kalecgos. Alle fünf.“

Er öffnete die Augen und blickte Kirygosa traurig an, während sie beschrieb, was sie, Banagos und Alagosa entdeckt hatten. „Und du kannst nicht sagen, ob es Menschen, Elfen oder Goblins waren?“, fragte er, als sie fertig war. „Gab es da vielleicht ein Stück Stoff von einem Banner oder eine besondere Pfeilfiederung?“

Sie schüttelte den Kopf. „Die Farben, die wir fanden, machten einen willkürlichen Eindruck. Fußspuren gab es auch keine. Der Schnee war zu stark geschmolzen, und sie waren schlau genug, den weicheren Sand zu meiden und keine Blutspuren auf den Felsen zu hinterlassen. Kalecgos, alles, was wir mit Bestimmtheit sagen können, ist, dass jemand gewusst hat, wo sie zu finden war. Diese Angreifer waren stark genug, um fünf Drachen abzuschlachten, bevor sie sich mit der Fokussierenden Iris davonstahlen. Wer immer sie sind, sie wussten ganz genau, was sie taten.“

Ihre Stimme wurde bei diesem letzten Satz noch ein wenig leiser. Kalec nickte ihr zu. „Vielleicht stimmt das. Aber wir wissen auch, was wir tun müssen.“ Er sprach diese Worte mit einer Überzeugung aus, die er nicht einmal ganz empfand. „Ich kann spüren, in welche Richtung sich die Iris bewegt, und ich werde ihr folgen und sie zurückbringen.“

„Du bist unser Anführer, Kalecgos“, protestierte Kirygosa. „Wir brauchen dich hier!“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, das tut ihr lieber nicht“, erklärte er leise. „Ich bin euer Anführer, und genau aus diesem Grund muss ich gehen. Es wird Zeit, dass wir uns den Tatsachen stellen. Der Schwarm löst sich auf. Viele unserer Brüder und Schwestern sind bereits in die weite Welt davongeflogen. Früher einmal wussten wir, welche Rolle wir zu spielen hatten; aber jetzt fehlt uns dieser Antrieb. Und nun ist auch noch unser wertvollstes magisches Relikt, das uns nicht nur als Werkzeug dient, sondern auch als Symbol, gestohlen worden. Fünf Drachen liegen in ihrem Blut, weil sie es bewachten. Es ist meine Aufgabe, euch zu führen und zu schützen, aber ich … ich werde dieser Aufgabe nicht gerecht.“

Es schmerzte, das zuzugeben. „Ich habe versagt, in dieser Sache und vielleicht auch in anderen. Ihr braucht mich hier nicht, und ich kann nicht bei euch bleiben, mich sorgen und auf und ab gehen, während andere ausziehen, um unseren gestohlenen Schatz zurückzuholen. Diese Pflicht fällt mir zu – nur, indem ich mich ihr stelle, kann ich euch wirklich führen und schützen.“

Einige der Drachen wechselten Blicke, aber keiner von ihnen erhob Einspruch. Kalecgos hatte jedes Wort, das er ausgesprochen hatte, ernst gemeint. Doch in einem Punkt hatte er nicht die ganze Wahrheit gesagt; ja, es war seine Pflicht, die Iris zurückzuholen, aber er hatte verschwiegen, dass er auch gehen wollte. Wenn er sich unter die niederen Rassen mischte, fühlte er sich mehr zu Hause als hier im Nexus, wo er den Schwarm angeblich anführte. Er bemerkte, dass Kiry ihn anblickte. Zumindest sie schien seine tieferen Beweggründe zu erkennen – und sie billigte sie.

„Kirygosa, Tochter von Malygos“, sagte er, „stütze dich auf die Weisheit von Teralygos und den anderen und sei meine Stimme, solange ich fort bin!“

„Niemand kann deine Stimme ersetzen, mein Freund“, entgegnete sie sanftmütig, „aber ich werde mein Bestes tun. Falls jemand unsere Fokussierende Iris in dieser großen Welt wiederfinden kann, dann bist du es, denn keiner von uns kennt Azeroth besser als du.“

Mehr gab es nicht zu sagen. Schweigend katapultierte sich Kalecgos in die Luft, dann flog er in den kalten, verschneiten Tag hinaus, immer diesem schwachen, zerrenden Gefühl nach, das ihm sagte: Hier entlang, hier entlang. Kirygosa glaubte also, dass er Azeroth besser kannte als jeder andere blaue Drache. Er konnte nur hoffen, dass sie damit recht hatte.