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„Jaina!“ Das Wort war ein einziger gequälter, scharfer Ausruf, und er stammte aus Anduins Mund. Überrascht verstummte sie.

„Was in Theramore geschehen ist, war mehr als nur eine Tragödie“, sagte Varian, während er Jaina sanft herumdrehte, nämlich so, dass sie wieder ihn ansah. „Es war ein unwiederbringlicher Verlust und ein feiger, verabscheuungswürdiger Akt. Aber wir dürfen diesen Verlust nicht noch schlimmer machen, indem wir weitere Allianzsoldaten unnötig in den sicheren Tod schicken.“

„Gewiss gibt es auch in der Horde einige, die über diese Ereignisse wütend sind“, warf Anduin ein. „Die Tauren zum Beispiel. Und sogar die meisten Orcs schätzen nichts mehr als die Ehre.“

Jaina neigte den Kopf. „Nein. Nicht mehr. Dafür ist es zu spät, Anduin. Viel zu spät. Was geschehen ist, lässt sich nicht rückgängig machen. Du hast nicht gesehen, was …“ Ihr versagte die Stimme, und es dauerte einen Augenblick, bevor sie weitersprechen konnte. „Wir müssen zurückschlagen. Und wir dürfen nicht damit warten. Wer weiß schon, welche Grausamkeit Garrosh und seine Horde aushecken, sollten wir es doch tun? Es darf kein zweites Theramore geben, Varian! Seht Ihr das denn nicht?“

„Keine Sorge, wir werden gegen sie kämpfen – aber zu unseren Bedingungen.“

Sie wand sich aus dem Griff seiner Hände frei und trat zurück. „Ich weiß nicht, was mit Euch geschehen ist, Varian Wrynn, aber Ihr habt Euch in einen Feigling verwandelt. Und du, Anduin: Es tut mir leid, dass ich dich in dem Irrglauben an eine heile Welt gelassen habe, du Kind. Es gibt keine Hoffnung auf Frieden; und wir haben keine Zeit mehr zu taktieren. Ich habe das Werkzeug ihres Untergangs in meiner Hand. Und Ihr seid ein Narr, diese Gelegenheit nicht zu ergreifen, Varian!“

Vater und Sohn stießen gleichzeitig ihren Namen hervor, auf unterschiedliche Weise zwar, zugleich aber doch sehr ähnlich. Und dann machten sie bittend einen Schritt nach vorn.

Doch Jaina wandte ihnen beiden den Rücken zu.

21

Mit Wunden am Körper und Schmerz im Herzen kehrte Kalecgos nach Nordrend und zum Nexus zurück. Trotz Jainas Worten war er ihr gefolgt, teils, weil er um ihre Sicherheit und geistige Gesundheit fürchtete, teils aber auch, weil er gespürt hatte, dass sich die Fokussierende Iris noch immer in Theramore befand. Er war hinter ihr zurückgefallen – schließlich musste er fliegen, behindert durch die nicht unerheblichen Wunden, die er aus der Schlacht davongetragen hatte, während sie sich einfach teleportieren konnte.

Kalec hatte den gewaltigen Krater gesehen, und das wenige – das schrecklich wenige –, was die Manabombe von Theramore übrig gelassen hatte. Doch die Fokussierende Iris hatte er nirgendwo gefunden. Jemand musste sie geholt haben, und der Drache vermutete, dass es Garrosh war; die Leben von ein paar hordetreuen Untertanen waren nichts im Vergleich zur Macht dieses Artefakts. Gewiss hatte der Kriegshäuptling eine Bergungsmannschaft losgeschickt, die ihm die Iris zurückbringen sollte.

Also hatte Kalec Kalimdor verlassen und war mühsam und gequält nach Norden geflogen. Er wusste, dass seine Suche außer einer verwüsteten Stadt, die stumm Zeugnis von seinem Versagen ablegte, keine Resultate erbracht hatte, von denen er seinen Brüdern und Schwestern beim blauen Schwarm erzählen konnte. Gewiss, er hatte sich ebenso unerwartet wie unzweifelhaft verliebt, aber wegen seiner Taten – oder seiner Versäumnisse – war Jaina nun am Boden zerstört. Ein Teil von ihm wollte einfach abdrehen, in irgendeine Richtung davonfliegen und nie wieder anhalten. Doch das war natürlich unmöglich. Die blauen Drachen hatten ihr Vertrauen in Kalecgos gesetzt. Es war seine Pflicht, ihnen zu berichten, was geschehen war, außerdem musste er herausfinden, welche Vorgehensweise sie nun von ihm erwarteten.

Kirygosa flog ihm entgegen, als er sich dem Nexus von Süden näherte. Einen Augenblick lang sauste sie um ihn herum, um ihre Freude über seine Rückkehr zu zeigen, dann setzte sie sich für den Rest des Weges neben ihn.

„Du bist verwundet“, sagte sie besorgt. Viele Schuppen waren von Kalecgos azurblauem Körper gerissen worden, und auf der Haut darunter prangten hässliche Blutergüsse. Er vermochte zwar noch zu fliegen, aber jeder Flügelschlag bereitete ihm Schmerzen.

„Ein wenig tut es weh, ja“, erklärte er.

„Das glaube ich“, erwiderte sie. „Was ist geschehen? Wir haben etwas Schreckliches gespürt … und warum hast du die Fokussierende Iris nicht bei dir?“

„Das ist eine Geschichte, die ich nur einmal erzählen möchte“, erklärte er, und seine Stimme verriet, wie tief der Schmerz in seinem Herzen war. „Würdest du bitte die anderen versammeln, liebste Kiry.“

Zur Antwort ließ sie sich unter ihn sinken, wobei sie seinen Kopf zärtlich mit ihrem eigenen streifte, dann eilte sie davon, um seinen Befehl auszuführen. Als er im Nexus eintraf, wurde er bereits erwartet, und voll stiller Verzweiflung nahm er zur Kenntnis, dass der Schwarm in seiner Abwesenheit weiter zusammengeschrumpft war. Doch es freute ihn, dass zumindest Narygos, Teralygos, Banagos und Alagosa noch geblieben waren.

Er landete zwischen ihnen und blickte sich um, wobei er seine Drachengestalt beibehielt. „Ich bin zurück, doch die Nachrichten, die ich bringe, sind alles andere als erfreulich.“ Sie standen schweigend um ihn herum, während er Bericht erstattete – über die Unterstützung, die Rhonin und die Kirin Tor ihm gewährt hatten, ebenso wie Jaina; über seine Probleme, den Standort der Fokussierenden Iris zu orten; und schließlich auch darüber, wie die Horde das Artefakt auf so verheerende Weise gegen die Allianz eingesetzt hatte. Dabei hielt er seine Stimme bewusst kühl, denn er hätte es nicht ertragen, all diese Dinge noch einmal zu durchleiden.

Die anderen lauschten schweigend, niemand stellte Zwischenfragen, keiner unterbrach ihn. Er hatte erwartet, dass sie wütend sein würden, stattdessen schien der Gedanke, dass ihre Magie, ihre Fokussierende Iris, für solch bösartige Verwüstung missbraucht worden war, sie nur noch melancholischer zu machen. Es sah aus, als wäre etwas in ihrem Inneren zerbrochen. Kalec konnte sie verstehen. Er empfand denselben Schmerz.

Mehrere Minuten lang sagte niemand etwas, dann schließlich hob Teralygos den Kopf, um traurig zu Kalecgos hinüberzublicken. „Wir haben versagt“, meinte er. „Unsere Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass die Magie weise eingesetzt werde. Wir sollten sie hüten. Aber nun seht, wie wenig wir dieser Pflicht gerecht geworden sind.“

„Ich trage die Schuld für dieses Versagen, Teralygos“, entgegnete Kalec. „Ich war der Aspekt. Ich konnte die Fokussierende Iris spüren. Und ich habe es nicht geschafft, sie noch rechtzeitig zu finden.“

„Sie wurde unter unser aller Augen gestohlen, nicht nur unter deinen, Kalecgos. Wir alle müssen die Verantwortung für dieses grausige Ereignis übernehmen.“

„Ich bin euer Anführer, solange ihr mich an eurer Spitze wollt“, erklärte Kalec, obwohl die Worte in seinem Mund wie Asche schmeckten, als er sie aussprach. „Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sie wieder zurückzuholen.“ Auch wenn sie jetzt wieder verschwunden ist. Hätte ich sie doch nur zerstören können, als sie noch unter der Himmelsgaleone hing!

„Du bist genauso ratlos wie zu Beginn dieser Misere“, meinte Alagosa, und obwohl jetzt nur Trauer in ihrer Stimme lag und kein Tadel, trafen die Worte Kalecgos tief. Sie hatte recht.

„Die Iris befand sich in Theramore“, sagte er. „Sie wurde während des Angriffs nicht zerstört. Jemand hat sich wieder damit davongestohlen, und ich bin sicher, dass es die Horde gewesen ist.“

„Ich bin mir da nicht so sicher. Ich vermute, dass sie sich im Besitz von Jaina Prachtmeer befindet. Du sagtest, sie habe Theramore vor dir erreicht, und als du dann dort eintrafst, war die Fokussierende Iris verschwunden.“