Выбрать главу

»Das werde ich machen.« Geary durchforstete wieder sein Gedächtnis. »Ist sonst noch jemand besonders aus der Reihe getanzt?«

»Hmm.« Sie überlegte kurz, dann sah sie Geary auf eine rätselhafte Weise an. »Die Dragon

»Die Dragon?« Commander Bradamont, einer von Tulevs Offizieren. »Was war daran überraschend? Tulevs sämtliche Schlachtkreuzer sind auf ihren Positionen geblieben.«

»Richtig«, bestätigte Desjani. »Aber auf den privaten Kanälen hat sich Bradamont ganz besonders engagiert, um mir den Rücken zu stärken.«

»Wieso ist das ein Problem?« Geary dachte nach. »Es ist ungewöhnlich, nicht wahr?« Er hatte Bradamont als eine Befehlshaberin in Erinnerung, die ihr Schiff gut und aggressiv einzusetzen wusste, die bei den Besprechungen aber stets schweigsam agierte und in Tulevs Schatten stand. Er hätte nicht sagen können, dass sie sich je zu Wort gemeldet oder auf irgendeine andere Weise während einer Besprechung die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte.

»Auch richtig. Bradamont hat sich bedeckt gehalten, seit ihr das Kommando über die Dragon übertragen wurde. Und das aus gutem Grund.«

»Augenblick mal.« Eine Erinnerung regte sich bei ihm, etwas, das er in ihrer Akte gesehen hatte, etwas Ungewöhnliches. »Sie hatte sich in Kriegsgefangenschaft befunden.«

»Sehr gut, Admiral. Sie wurde befreit, als man sie von einem Gefangenenlager in ein anderes verlegen wollte. Das war, noch bevor Sie zu uns kamen.« Wieder warf ihm Desjani einen von diesen rätselhaften Blicken zu. »Ihr Transporter wurde von einem Allianz-Verband abgefangen, was nicht sehr oft vorkam, genau wie die Verlegung von Kriegsgefangenen in andere Lager.«

Geary lehnte sich zurück und beobachtete Desjani. »Es gab einen Sicherheitsvermerk in ihrer Akte, aber nichts von besonderer Dringlichkeit. Deshalb bin ich bislang nicht dazu gekommen, mich damit zu beschäftigen.«

»Das wundert mich nicht. Was den Vermerk angeht … Es ist witzig, wie schwer es einem immer noch fällt, so etwas auszusprechen.«

»Was auszusprechen?«

»Bradamont hatte sich während ihrer Gefangenschaft in einen Syndik-Offizier verliebt.«

Diese Antwort wäre ihm wohl als letzte in den Sinn gekommen. Eher hätte er darauf getippt, dass sie eine schwierige Gefangene gewesen war, die unter den Mitgefangenen Widerstand organisierte. Oder dass sie im Besitz geheimer Informationen gewesen war, die die Syndiks aus ihr hätten herausholen wollen. Oder dass Bradamont irgendwelche familiären Verbindungen innerhalb der Allianz hatte, die die Syndiks ausnutzen wollten. »Sie hatte sich in einen Syndik verliebt? In einem Kriegsgefangenenlager?«

»Er war wohl eine Art Verbindungsoffizier im Lager.« Sie musterte Gearys Gesichtsausdruck. »Jetzt wissen Sie, warum sie bislang immer so ruhig war. Mit einer solchen Vergangenheit empfiehlt es sich nicht, sich in den Mittelpunkt zu rücken.«

Der Hass auf die Syndiks war allen während des endlosen Kriegs immer mehr in Fleisch und Blut übergegangen. Die zersetzende Wirkung auf Ehre und Professionalität hatte Geary entsetzt, als er nach dem Erwachen aus dem Kälteschlaf damit konfrontiert worden war. Aber auch unter nicht so extremen Umständen war eine solche Beziehung zwischen Offizieren aus verfeindeten Lagern nur schwer nachvollziehbar. »Wie hat sie es geschafft, das Kommando über einen Schlachtkreuzer zu bekommen?«

Desjani zuckte mit den Schultern. »Eine hervorragende Frage, Admiral, aber niemand kennt die Antwort darauf. Absolut sicher ist nur, dass der Sicherheitsdienst ihr uneingeschränkte Tauglichkeit attestiert haben muss. Natürlich hat jeder seine eigenen Theorien darüber, welche Beziehungen sie haben muss, um das zu schaffen. Manche meinen, sie sei mit einem Gefangenen in geheimer Mission unterwegs gewesen. Mit Gewissheit kann ich nur sagen, dass Bradamont eigentlich als XO auf der Dragon hatte dienen sollen. Dann wurde Captain Ming versetzt, und Bradamont erhielt das Kommando über das Schiff. Bloch führte damals noch die Flotte, und zu der Zeit hörte ich Bloch darüber klagen, dass Bradamont das Kommando von höherer Stelle erhalten hatte, obwohl er die Beförderung als Zeichen der Anerkennung für einen Offizier benutzen wollte, der ihm gegenüber loyal war.«

»Sie scheint eine gute Offizierin und eine gute Kämpferin zu sein, aber …«

»Genau«, sagte Desjani. »Aber. Eine Zeit lang hielt ich es nicht mal aus, sie nur anzusehen.«

Er betrachtete sie eindringlich und musste daran denken, wie sie ihm kurz nach ihrem Kennenlernen erklärt hatte, sie bedauere es, nicht ganze Syndik-Planeten auslöschen zu können. »Und wie ist das jetzt?«

»Sie … hat ihre Pflicht getan und tapfer gekämpft.« Desjani sah ihn etwas gereizt an. »Ich respektiere ihr Verhalten im Gefecht. Unmittelbar bevor Sie das Kommando über die Flotte übernahmen, führte Bradamont mitten im großen Chaos des Syndik-Hinterhalts ein gewagtes Manöver mit der Dragon aus, um den Beschuss durch zwei Syndik-Schiffe von der Dauntless abzulenken und auf sich zu ziehen. Vermutlich hat sie dadurch mein Schiff gerettet.«

Er nickte bedächtig. »Dann hat sie vermutlich auch uns beiden das Leben gerettet.«

»Das ist mir auch aufgefallen, aber das war für mich nicht so wichtig wie die Tatsache, dass sie so gut gekämpft hat wie Black Jack.« Desjani hielt inne. »Das ist eine alte Redewendung in der Flotte.«

»Davon habe ich gehört«, entgegnete er.

»Tut mir leid.« Sie wusste, wie wenig er für den größten Teil der Sprüche übrig hatte, die über ihn kursierten oder die ihm als Zitate aus dem Mund von Black Jack zugeschrieben wurden. »Jedenfalls ist das der Grund, wieso Bradamont seitdem bei mir einen guten Stand hat. Und … ähm … na ja, inzwischen weiß ich aus persönlicher Erfahrung auch mehr darüber, welche Streiche einem das Herz spielen kann, ob man das nun will oder nicht. Offenbar hat sie sich aber in diesem Gefangenenlager nichts zuschulden kommen lassen, sonst hätte die Sicherheitsüberprüfung bei ihr keine Freigabe ergeben. Da hätte sie sogar eine Geary sein können … ähm … Entschuldigung. Das ist auch so eine Redewendung. Aber auf jeden Fall ist das der Grund, wieso Bradamont nie die Gelegenheit genutzt hat, irgendwelche Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Und das wiederum macht es umso ungewöhnlicher, dass sie sich so engagiert hat, um die Ordnung in der Flotte wiederherzustellen. Allerdings haben sich die Umstände geändert. Vor nicht allzu langer Zeit hätten Leute wie Kila oder Faressa sie sich vorgeknöpft, wenn sie den Mund aufgemacht hätte. Aber der Krieg ist jetzt offiziell beendet, und die beiden sind tot. Mögen meine Vorfahren und die lebenden Sterne mir verzeihen, dass ich das im Fall dieser beiden nicht im Mindesten bedauere.«

Wieder folgte eine Pause, dann lächelte Desjani einen Moment lang. »Mir fehlt Jaylen Cresida. Aber Bradamont … Es fühlte sich heute mit ihr an, als würde ich von Jaylen Unterstützung erhalten.«

»Das ist ein ziemlich großes Lob.«

»Es ist mein Ernst.« Desjani sah ihn an. »Aber nicht jeder hat ihr Engagement in dieser Angelegenheit begrüßt. Wie wollen Sie Badaya und seinen Anhängern erklären, dass Sie mit der Flotte die Allianz verlassen, wenn die glauben, dass Sie in Wahrheit die Fäden in der Hand halten?«

Der abrupte Themenwechsel irritierte ihn einen Moment lang, und das galt auch für die Erkenntnis, dass er auf diese Frage keine Antwort wusste. »Ich bin offen für jeden Vorschlag.«

Sie warf einen Blick auf das Display vor ihr. »Zwanzig Minuten bis zur Dauntless. Ich würde mir die Zeit ja lieber mit meinem Ehemann vertreiben, weil die lebenden Sterne allein wissen, wann wir dazu das nächste Mal Gelegenheit haben werden, aber wie es aussieht, müssen wir jede Minute nutzen, um unser Gehirn anzustrengen.«