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»Mit langfristigen Problemen kann man sich immer noch befassen, wenn der Moment dafür gekommen ist«, sagte sie. Ihre Stimme verriet dabei nichts darüber, was sie selbst fühlte. »Und zwar mit weiteren billigen und kurzfristigen Lösungen, mit denen sich die Probleme weiter hinausschieben lassen, damit sich irgendwann irgendjemand anders den Kopf darüber zerbrechen darf. So denken Politiker nun mal. Ich war der Meinung, das wüssten Sie inzwischen.«

»Sie sind eine Politikerin.«

»Eine, die man aus dem Amt gewählt hat.« Sie lächelte humorlos. »Alle Regierungen in der Allianz haben im Augenblick auf Überlebensmodus umgeschaltet. Man hat Angst vor Ihnen, aber man braucht Sie auch. Darum schickt man Sie weg, damit Sie weit, weit entfernt den Helden spielen, aber hier in der Allianz nicht für Schwierigkeiten sorgen können.«

»Das wusste ich bereits. Das ist ungefähr so wie zuletzt, als ich tot war. Die Regierung konnte von dem profitieren, der ich angeblich war, aber sie musste sich keine Gedanken darüber machen, was ich tatsächlich tun könnte.«

»Ja, es ist eine ganz ähnliche Situation. Aber jetzt leben Sie, und Sie sind zu allem Möglichen fähig. General Charban und ich sollen Ihre Entscheidungen in die Richtung lenken, von der die Regierung jeweils am meisten profitiert.«

Vielleicht hatte er einfach nur zu lange mit Rione zu tun gehabt, auf jeden Fall wurde ihm die Bedeutung ihrer Worte sofort klar. »Von der die Regierung profitiert«, wiederholte er. »Nicht ›von der die Allianz profitiert‹.«

»Aber ist das nicht ein und dasselbe?«, gab sie in einem Ton zurück, der seine Erkenntnis bestätigte, ohne dass sie das sagen musste. »Jetzt wissen Sie, wo wir beide stehen.«

»Ich weiß, was Sie über Ihre Befehle gesagt haben«, stellte er fest.

Wieder lächelte sie auf eine Weise, die alles bedeuten konnte. »Ja.«

»Warum sind Sie hergekommen, Victoria? Ihnen muss klar gewesen sein, wie Tanya darauf reagieren würde.«

»Ich habe meine Gründe, und ich habe meine Befehle vom Großen Rat.« Sie machte eine wegwerfende Geste. »Da ich kurz zuvor meine Arbeit verloren hatte, befand ich mich nicht in einer Situation, in der ich das Angebot des Rats hätte ablehnen können.«

»Ich kann noch immer nicht glauben, dass man Sie abgewählt hat.«

»Die Dankbarkeit der Wähler reicht nicht allzu weit«, erwiderte sie unüberhörbar verbittert. »Ich bin bereit gewesen, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Dummerweise bin ich in diesem Punkt sehr stark von einem Relikt vergangener Zeiten beeinflusst worden, von einem Mann, der gemeinhin unter dem Namen ›Black Jack‹ bekannt ist.« Sie warf ihm einen kühlen Blick zu, der ihm nur zu gut in Erinnerung war. »Mein Kontrahent war dagegen bereit, den Wählern alles zu versprechen, was sie von ihm hören wollten, und er hat ihnen garantiert, dass niemand von ihnen dafür Opfer würde bringen müssen. Eine Mehrheit der Wähler hielt das für eine großartige Idee.«

Geary hielt ihrem Blick stand. »Also haben Sie die Wahl verloren, weil Sie ehrlich waren.«

»Ironisch, nicht wahr?«

»Wie Sie mir einmal sehr deutlich zu verstehen gaben, besteht ein Teil dieser Flotte aus Schiffen der Callas-Republik. Deren Besatzungen und auch die Besatzungen der Schiffe der Rift-Föderation rechnen stündlich mit dem Befehl, nach Hause zurückzukehren. Sie haben diesen Befehl noch nicht erhalten, aber ich versuche zu entscheiden, ob ich diese Schiffe hier bei Varandal zurücklassen soll.«

Wieder schaute Rione zur Seite und schüttelte den Kopf. »Auf einen solchen Befehl werden sie lange warten können. Die Regierung der Republik wird diese Schiffe nicht zurückrufen. Erwarten Sie nicht von mir, dass ich das öffentlich wiederhole, aber Sie müssen auch nicht damit rechnen, dass die Rift-Föderation ihre Schiffe nach Hause holt.«

Er musste an die hoffnungsvollen Mienen der Befehlshaber dieser Schiffe denken, die davon ausgingen, schon bald die Heimat wiederzusehen. »Das ergibt aber keinen Sinn. Wenn sie sich von der Allianz lösen wollen, warum sollten sie dann den größten Teil ihrer Flotte unter dem Kommando der Allianz belassen?«

»Weil sie sich vor diesen Kriegsschiffen fürchten.« Sie musterte ihn ernst. »Die neue Regierung hegt den Verdacht, die Besatzungen könnten eher zu Black Jack Geary stehen als zur Callas-Republik. Und vermutlich liegen sie damit sogar richtig.«

Wut regte sich in ihm, wie er sie zuletzt bei seiner Konfrontation mit dem Großen Rat verspürt hatte. »Mutmaßungen sind keine Entschuldigung, um diese Besatzungen so zu behandeln, nachdem die so viel Tapferkeit und Opferbereitschaft gezeigt haben! Wie kann man mit den eigenen Leuten so umgehen? Wenn sie mir misstrauen, fein. Ich habe mich daran schon gewöhnt! Aber ich werde nicht zulassen, dass diese Schiffe verstoßen werden, nur weil jemand vage Bedenken hat, was ich vielleicht eines fernen Tages einmal tun könnte!«

Sie stellte sich seinem Zorn, ohne mit der Wimper zu zucken, indem sie ihn einfach nur ansah. »Das ist doch das Gleiche, was die Allianz mit ihren eigenen Kriegsschiffen macht, oder nicht, Admiral?«

»Meine Schiffe kehren zwischen zwei Missionen heim!«

»Ja, natürlich.« Ihr Tonfall vermittelte nicht den Hauch von Zustimmung.

»Ich werde diese Schiffe nach Hause schicken«, entschied er. »Auf meinen eigenen Befehl hin. Ich werde ihnen sagen, dass sie zur Callas-Republik zurückkehren sollen und …«

»Ich habe Befehle mitgebracht, aber die Befehle von der Republik lauten, dass besagte Schiffe in der Flotte zu verbleiben haben. Die Befehle legen zwar nahe, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelt, aber ausdrücklich gesagt wird das an keiner Stelle.« Sie starrte auf einen Punkt in einer Ecke, um Gearys Blick auszuweichen. »Sie müssen eines wissen: Sie können sich über diese Befehle nicht hinwegsetzen, ohne politische Autorität über den Haufen zu werfen. Zudem hat die neue Regierung der Republik jede Menge überzeugend klingender Gründe angeführt, warum die Schiffe unter Ihrem Befehl bleiben sollten.«

»Ich verstehe das nicht.« Sein verärgerter Tonfall veranlasste Rione dazu, ihn wieder anzusehen. »Niemand in der Regierung vertraut mir, aber alle wollen, dass die Kriegsschiffe weiter meinem Kommando unterstellt bleiben. Die Callas-Republik will sich von der Allianz lösen, aber die Kriegsschiffe sollen bei mir bleiben. Sind die anderen alle verrückt … oder ich?«

Wieder schloss sie für einen Moment die Augen. »Sie dürfen die Schiffe behalten. Jeder andere Admiral würde das als ein Geschenk ansehen.«

»Aber wo ist der Haken?«

Das anschließende Schweigen zog sich so lange hin, dass Geary bereits davon überzeugt war, keine Antwort mehr zu erhalten, als Rione unvermittelt sagte: »Erwarten Sie von der Callas-Republik keine große Unterstützung für diese Schiffe. Die Besatzungen erhalten weiter ihren Sold, aber Wartung und Reparaturen werden scheibchenweise erledigt, widerstrebend und gemächlich, und es wird kein neues Personal entsendet, um die Besatzungsstärke beizubehalten.«

Es dauerte ein paar Sekunden, ehe er verstand. »Dann lässt man diese Schiffe einfach allmählich verkümmern? Bis sie in einem Gefecht zerstört werden oder bis sie der Reparatur oder Instandhaltung nicht mehr wert sind? Dann werden die Überreste der Besatzungen nach Hause geschickt, die inzwischen so dezimiert worden sind, dass sie für niemanden mehr eine Gefahr darstellen?«

Diesmal antwortete Rione überhaupt nicht.

»Was ist mit den Schiffen der Rift-Föderation?«, wollte er wissen.

»Ich komme aus der Callas-Republik …«

»Ich habe Sie nicht gefragt, woher Sie kommen. Wissen Sie etwas darüber, was deren Regierung vorhat?«

Nun loderte in ihren Augen Wut auf. »Aus recht zuverlässigen Berichten weiß ich, dass die Rift-Föderation dem Beispiel der Callas-Republik folgen wird, zumal sie nur noch wenige Schiffe in der Flotte hat.«

»Verflucht.« Mehr schien es nicht zu geben, was er dazu sagen konnte. Geary bemerkte einen Schmerz in einer Hand und stellte fest, er hatte die Faust vor Wut so fest geballt, dass er sich selbst damit wehtat. »Wie wollen diese beiden Regierungen ihren eigenen Leuten erklären, dass die Besatzungen der Schiffe nicht zu ihnen zurückkehren werden?«