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Die Erinnerung an Gearys erste Eindrücke kam an die Oberfläche. »Scharfe Kanten, nachlässige Schweißnähte. Sie werden schnell zusammengebaut, und ich habe gehört, dass an ihre Lebenserwartung keine hohen Anforderungen gestellt werden.«

Smythe nickte. »Bei Kampfeinsätzen lag die Lebenserwartung bei einigen Monaten. Sollte ein Schiff nicht in Kampfhandlungen einbezogen werden, konnte man von ein paar Jahren ausgehen. Aber kaum ein Schiff hat drei Jahre schaffen können. Und fünf Jahre hat nicht ein einziges Schiff zustande gebracht.« Er machte eine ausholende Geste. »Ich schicke eine Entschuldigung an die Befehlshaberin und ihre Crew voraus, aber gemessen an den Anforderungen an ihr Design ist die Dauntless ein altes Mädchen.«

Vielleicht lag es daran, dass Geary mit dieser Denkweise noch nicht vertraut war, aber Desjani verstand die Bemerkung gut. »Die Dauntless war nie für einen so langen Einsatz vorgesehen. Ihre Systeme sind verschlissen.«

»Genau«, bestätigte Smythe. »Wenn man das Schiff mit einem lebenden Organismus vergleicht, dann stirbt es an Altersschwäche. Die Energieverteilerknoten auf der Dauntless und den anderen älteren Schiffen sind so etwas wie die Kanarienvögel in Kohlebergwerken. Sie sind die ersten Komponenten, die den Geist aufgeben, weil ihre Konstruktionsweise nicht darauf angelegt ist, dass sie überhaupt so lange hätten funktionieren sollen. Sehen Sie hier.« Ein Fenster öffnete sich neben Smythe, und er zeigte auf einige der dargestellten Informationen. »Die Energieverteilerknoten auf der Dauntless, die wir in den letzten Monaten verloren haben, sind exakt die Bauteile, die alle Raumschlachten unbeschadet überstanden hatten. Bei ihnen handelt es sich noch um Originalteile aus der Zeit, als das Schiff gebaut wurde. Ihre geplante Lebensspanne ist überschritten worden, und das gilt für alle anderen Schiffe gleichen Alters in dieser Flotte.«

Geary zuckte zusammen, als er sich das Ausmaß der erforderlichen Reparaturen vor Augen hielt. »Heißt das, wir müssen auf den älteren Schiffen den größten Teil der Systeme austauschen?«

»Nein, Admiral«, sagte Smythe und zog entschuldigend die Schultern hoch. »Alles auf diesen Schiffen ist auf eine Lebensdauer von ein paar Jahren ausgelegt.«

»Bei den Vorfahren!«

»Mit meinen habe ich schon gesprochen«, meinte Smythe. »Leider glaube ich nicht, dass unsere Vorfahren uns mit Ersatzteilen überschütten und sie auch noch für uns einbauen werden.«

Desjani sah den Mann entsetzt an. »Wenn alle älteren Schiffe diese Probleme haben …«

»… dann werden diese Probleme in den nächsten Jahren auch bei allen anderen Schiffen auftreten, genau. Das sind die schlechten Neuigkeiten.«

»Gibt es denn auch gute?«, fragte Geary, der rätselte, was diese Erkenntnis für seine Zeitplanung bedeuten würde.

»Relativ gute.« Smythe rief ein anderes Fenster auf und zeigte auf Graphen und Kurven. »Zunächst einmal werden die Ausfälle nicht alle gleichzeitig einsetzen. Sie werden in einer Kurve verlaufen, die langsam einsetzt, sobald die älteren Schiffe wie zum Beispiel die Dauntless an ihre Grenzen stoßen. Wenn unsere Hilfsschiffe sich darum kümmern und nicht dadurch abgelenkt werden, dass Gefechtsschäden zu beheben oder Waffen zu produzieren sind, dann können wir neue Komponenten nicht nur schneller herstellen, als sie benötigt werden. Wir sind auch in der Lage, bessere Qualität zu liefern, die länger hält, sodass wir imstande sind, einen kleinen Vorsprung herauszuholen. Allerdings steht uns in gut eineinhalb Jahren ein großes Problem ins Haus, weil nämlich dann der größte Teil der gegenwärtigen Flotte ein Lebensalter von zweieinhalb bis drei Jahren erreicht.«

Geary betrachtete die Daten. »Sind das alle guten Neuigkeiten?«

»Nun, die hauptsächlichen Schwierigkeiten bescheren uns die Systeme und die Sensoren. Die Schiffsrümpfe sind in guter Verfassung. Sie mussten so stabil gebaut werden, weil gewisse Toleranzen und eine bestimmte Haltbarkeit erforderlich sind, um in einem Gefecht manövrieren zu können. Da konnte die Regierung nicht zu viel einsparen, sonst wären die Schiffe beim ersten abrupten Kurswechsel auseinandergebrochen. Das heißt, wir müssen uns keine Sorgen machen, die Schiffe könnten allein wegen ihres Alters zerfallen. Allerdings empfehle ich, häufiger Inspektionen vorzunehmen und dabei auf Schwachstellen im Rumpf zu achten, die durch wiederholten Stress entstanden sein könnten.«

»Das hört sich nach einer guten Idee an.« Mit einem Finger zeichnete Geary die Kurve nach. »Wenn das hier zutrifft, dann wird in eineinhalb Jahren ein Drittel der Flotte genauso schwer in Mitleidenschaft gezogen sein wie nach einer Schlacht mit erheblichen Schäden.«

»Es könnte sogar die Hälfte der Flotte treffen«, warnte Smythe. »Ich bin von einer optimistischen Schätzung ausgegangen. Aber wenn die Konstruktionsfirmen und die Schiffswerften selbst noch fleißig gespart haben, um genug Profit zu machen, dann halten die Schiffe vielleicht nicht mal so lange durch. Und falls Sie natürlich darauf bestehen, sich mit irgendwem ein Gefecht zu liefern, macht das alles nur noch komplizierter, weil dann erst einmal diese Schäden repariert und Ersatzteile hergestellt werden müssen, ganz zu schweigen von den Waffen, die verbraucht worden sind.«

»Ich werde das im Hinterkopf behalten. Was ist mit regelmäßigen Wartungen hier im Allianz-Gebiet? Haben Sie die einkalkuliert?«

Smythe verzog den Mund. »Wartungen entsprechen heute wahrscheinlich nicht mehr dem, was Sie mal kannten. Eine Wartung bedeutete, dass alle Schäden behoben werden und dass man überprüft, ob alles funktioniert.«

Geary wurde bewusst, dass er Smythe erneut anstarrte. »Was ist mit dem Austausch von veralteten Systemen? Was ist mit Aufrüstungen?«

»Solange etwas nicht kaputt ist, wird es weder repariert noch ersetzt«, ließ der Techniker ihn wissen. »Diese Vorgehensweise hat sich natürlich im Verlauf dieses sehr langen Kriegs entwickelt, durch den die Überlebensdauer aller Schiffe drastisch schrumpfte. Warum soll man sich die Mühe machen und zudem Geld ausgeben für eine Aufrüstung, wenn das Schiff doch ohnehin innerhalb des nächsten Jahrs zerstört und durch ein neues ersetzt wird?«

Geary ließ sich in seinen Sessel sinken. »Diese Dinge müssen sich ändern. Das System muss ab sofort wieder davon ausgehen, dass Schiffe eine längere Lebensdauer haben. Und die Anforderungen an den Bau, an Wartungen und Reparaturen müssen sich entsprechend ändern.«

»Welcher Bau?«, warf Desjani ein. »Es werden nur noch ein paar Schiffsrümpfe zu Ende gebaut, alles andere hat man eingestellt.«

Smythe lächelte ironisch. »Trotzdem sagen Sie da etwas völlig Richtiges, Admiral. Aber das erfordert nicht nur ein Umdenken bei den Senioroffizieren, bei der gesamten Flottenbürokratie und bei einem Großteil der Regierung, sondern es müssen auch beträchtliche Summen zur Verfügung gestellt werden.«

»Das haben die absichtlich gemacht«, knurrte Desjani. »Die wussten, was kommen würde, und trotzdem haben sie es Admiral Geary zugeschoben.«

»Das glaube ich nicht«, wandte Smythe ein. »Oder zumindest war ihnen nicht das ganze Ausmaß klar. Wir selbst haben ja nicht mal gemerkt, was da auf uns zukommt. Im Fall von Admiral Geary ist es so, dass seine Erfahrung mit diesen Aspekten sich auf die Zeit vor dem Krieg beschränkt. Sie und ich und all die anderen konnten das nicht kommen sehen, weil wir nie zuvor in einer solchen Situation gewesen sind. Wenn je ein Schiff lange genug durchgehalten hätte, um die Lebenserwartung seiner Systeme auszuschöpfen, wäre es durch unzählige Gefechte wahrscheinlich so in Mitleidenschaft gezogen gewesen, dass man es nur noch hätte verschrotten können.«

Wieder sah sich Geary die Kurven und Graphen an, während er zu ergründen versuchte, was er in diesem Moment empfand. »Aber wenn wir das der Regierung und dem Flottenhauptquartier sagen, heißt das nicht, dass irgendjemand irgendetwas dagegen unternimmt. Stattdessen werden sie einfach die Flotte aus Altersgründen zusammenschrumpfen lassen.« Was allerdings nicht bedeutete, dass sie auch die Missionen in ihrem Umfang schrumpfen lassen würden, nur weil dann weniger Schiffe zur Verfügung standen. Er fragte sich, wie lange es her sein mochte, seit zum allerersten Mal jemandem gesagt worden war, dass er mit weniger mehr leisten sollte. Vermutlich waren das irgendwelche Steinzeitmenschen gewesen, die über zu wenig Faustkeile verfügt hatten. »Geld ist ein Faktor, sagen Sie. Wie viel können wir uns leisten, dass wir es von Ihren Hilfsschiffen erledigen lassen? Ich weiß, diese Schiffe können alles herstellen und installieren, was wir benötigen, aber wie viel wird das kosten?«