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Desjani las die Meldung ebenfalls. »Jemand, den es nicht freut, dass die Politiker allesamt versuchen, das Kriegsende als ihre eigene Leistung zu verkaufen. Flottenoffiziere, die mangels Informationen davon ausgehen, dass du dem Rat drohen musstest. Für so was gibt es viele mögliche Quellen.«

»Kein Wunder, dass die Regierung mich noch immer als Bedrohung ansieht.«

»Das bist du ja auch für sie«, hielt sie ihm vor Augen. »Wenn es dir nicht gelungen wäre, Captain Badaya und seinen Gefolgsleuten weiszumachen, dass du heimlich die Regierung in der Hand hast und hinter den Kulissen die Fäden ziehst, dann wären die längst auf die Idee gekommen, in deinem Namen einen Putsch zu inszenieren. Es könnte noch viel schlimmer sein, als es im Moment ist.«

Sein Blick kehrte zu den Meldungen zurück; er versuchte zwischen den Zeilen zu lesen. »Jemandem in der Regierung muss klar sein, was die Flotte von solchen Maßnahmen zurückhält. Ein direktes Vorgehen gegen mich könnte immer noch einen Staatsstreich auslösen, den ich dann nicht mehr verhindern kann. Dann würde ein Bürgerkrieg folgen, weil sich als Reaktion darauf einige Sternensysteme aus der Allianz zurückziehen würden.« Er hatte lange benötigt, ehe er akzeptieren konnte, dass die Allianz so zerbrechlich sein sollte. Aber hundert Jahre unerbittlicher Krieg hatten unzählige Menschenleben gefordert und gewaltige Kosten verursacht, die an der Substanz der Allianz gezehrt hatten.

»Das heißt natürlich nicht, dass sie nicht doch noch irgendetwas versuchen werden«, warnte ihn Desjani.

»Sollte die Regierung tatsächlich so dumm sein?«

»Ja«, kam ihre knappe Antwort, wobei sie ihn finster anlächelte.

Bürgervereinigungen fordern, dass Black Jack die Regierung ausmistet, schrie ihn die nächste Schlagzeile an. Von einem Staatsstreich seiner fehlgeleiteten Anhänger abgesehen, wäre das sein schlimmster Albtraum. Warum glaubten bloß so viele Leute, dass man als Befehlshaber einer Flotte zwangsläufig auch in der Lage war, eine Regierung zu führen? Er betrachtete das Display, das die verbleibende Entfernung bis zur Station Ambaru und die Restzeit bis zum Andocken anzeigte. Einmal mehr fragte er sich, was ihn und Tanya dort erwartete.

»Was ist los?«, fragte sie in sanfterem Tonfall.

»Ich habe nur über etwas nachgedacht.«

»Man hat dich wieder zum Admiral befördert. Ich glaube nicht, dass es dir bei dem Dienstgrad noch erlaubt ist, viel nachzudenken.«

»Sehr witzig.« Sein Blick kehrte zu den Sternen zurück. »Vor dem Krieg habe ich mir nie Gedanken über die Zukunft gemacht. Ich hatte größtenteils keinen Einfluss auf die Zukunft. Als Offizier der Flotte und als Befehlshaber eines Schweren Kreuzers trug ich zwar große Verantwortung, aber ich musste nie entscheiden, wohin wir fliegen und was wir tun. Dann kam der Krieg, und hundert Jahre später befehligte ich auf einmal die Flotte. In den ersten Monaten war die Zukunft eine sehr eng eingegrenzte Sache. Wir mussten mit der Flotte von einem Stern zum nächsten gelangen, um nach Hause zu kommen. Als wir zu Hause waren, mussten wir uns den Syndiks widmen und die Aliens abwehren. Die Zukunft hat mir immer die Richtung vorgegeben. Tu dies, tu jenes. Finde jetzt sofort eine Lösung, sonst gibt es keine Zukunft mehr.«

Geary unterbrach sich und sah Tanya an, die eine ernste, aber ruhige Miene aufgesetzt hatte. »Und jetzt auf einmal ist die Zukunft ein riesiges, vages Etwas. Ich habe keine Ahnung, was der nächste Tag bringen und was dann von mir erwartet wird. Nach allem, was geschehen ist, weiß ich, dass die Zukunft zu einem großen Teil von meinem Handeln und von meinen Entscheidungen abhängt. Aber ich habe keine Ahnung, wohin meine Entscheidungen uns führen sollen.«

Sie reagierte darauf mit einem dieser Blicke, die grenzenloses Vertrauen in seine Fähigkeiten ausstrahlten und die ihn so sehr frustrierten. »Doch, die hast du, Black Jack. Du hast immer noch die gleichen Einstellungen wie damals, als du das Kommando über die Flotte übernommen hast. Tu das Ehrbare, das Richtige, das Kluge. Auch wenn du dich versucht fühlst, etwas anderes zu tun, halte dich an das, woran du glaubst – weil es das ist, woran auch unsere Vorfahren geglaubt haben. Außerdem glaubst du daran, dass wir alle es wert sind, gerettet zu werden. Deshalb weiß ich: Wenn uns jemand durch das hindurchführen kann, was die Zukunft für uns vorgesehen hat, dann du. Und deshalb werden ich und viele andere Leute dir folgen und dir alles geben, was wir haben.«

»Solange ich dich habe.«

»Das hatte dir die Zukunft nicht vorgegeben«, sagte Desjani. »Du hattest viele andere Möglichkeiten, aber du hast dich für die schwierigste, die ehrbarste und die einzig richtige entschieden. Deshalb sind wir jetzt zusammen.«

»Du hättest nicht …«

»Doch, das hätte ich, und das weißt du. Ich hätte es getan, weil ich dachte, dass du es brauchst. Und was du gebraucht hast, das war weitaus wichtiger als ich oder meine Ehre. Ich habe mich geirrt, du hattest recht.« Sie lächelte ihn an. »Was nun nicht heißen soll, dass du dich niemals irrst. Aber für den Fall, dass es doch mal passieren sollte, bin ich ja hier, um dich darauf aufmerksam zu machen.«

Seite an Seite verließen sie das Passagierschiff durch die Schleuse und gelangten auf die Station Ambaru. Geary und Desjani waren beide auf möglichen Ärger gefasst, gaben sich aber alle Mühe, entspannt und gelassen zu wirken.

Zwei Reihen aus Soldaten der Bodenstreitkräfte erwarteten sie, die Waffen zum Salut erhoben, und bildeten einen Korridor, den sie beide durchschreiten mussten. Handelte es sich bei den Soldaten um eine Ehrengarde? Oder war das nur eine Tarnung, um einen weiteren Versuch zu unternehmen, ihn zu verhaften? Dieses Mal wurde er schließlich nicht von Marines eskortiert, die eine Überreaktion vonseiten der Regierung hätten verhindern können.

Zumindest trugen diese Soldaten keine gepanzerten Rüstungen, sondern ihre Galauniform. Sollte man ihn doch festnehmen wollen, dann würde das von deren Seite sehr stilvoll ablaufen.

Hinter den Reihen der Ehrengarde waren weitere Soldaten damit beschäftigt, Schaulustige in den Gängen zwischen den Docks zurückzuhalten, die in lauten Jubel ausbrachen, sobald Geary in Sichtweite kam. Das war schon mal ein gutes Zeichen, denn die Regierung würde nicht so dumm sein, ihn in aller Öffentlichkeit zu verhaften. Was würde wohl geschehen, wenn die Soldaten das doch versuchen sollten und er stattdessen auf die Menschenmenge zuging? Wäre das der eine falsche Schritt, der das Auseinanderbrechen der Allianz auszulösen vermochte?

Obwohl Geary nervös war und ihm die Verehrung der Massen Unbehagen bereitete, zwang er sich, zu lächeln und zu winken. Dann entdeckte er Admiral Timbale am Ende der Rampe, und die Anspannung fiel zumindest zum Teil von ihm ab. Obwohl er genauso politisch gefärbt war wie die meisten derzeitigen Senioroffiziere, hatte Timbale einen ehrbaren Eindruck gemacht und zum Zeitpunkt von Gearys Abreise aus Varandal fest auf dessen Seite gestanden. Jetzt salutierte er vor Geary und erwiderte Desjanis Salut, wobei seine Geste die präzise und zackige Bewegung eines Mannes war, der sie gerade erst erlernt hatte und nun zeigen wollte, dass er sie beherrschte. »Willkommen zurück, Admiral Geary. Es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen, Captain Desjani.«

»Vielen Dank, Sir«, erwiderte sie und entgegnete den Salut auf eine korrekte, aber lässige Weise. Unwillkürlich bekam Geary den Eindruck, dass sie zumindest unterbewusst zeigen wollte, wie sehr ihr diese Grußform in den letzten Monaten in Fleisch und Blut übergegangen war. »Es überrascht mich, dass Zivilisten hier sind«, ergänzte sie und deutete auf die Menschenmenge.

Timbales Lächeln nahm einen versteinerten Zug an. »Von denen sollte eigentlich niemand hier sein. Ihre Ankunft sollte in aller Stille vonstatten gehen, um ›Störungen‹ zu vermeiden. Zumindest hatte man mir das so gesagt. Aber irgendwie hat es sich dann doch herumgesprochen, und nachdem die Zivilisten erst mal damit begonnen hatten, sich an den Absperrungen zu drängen, weil sie Black Jack sehen wollten, konnten wir nicht mehr viel dagegen unternehmen.« Er sah sich um. »Der Dauerbefehl vom Flottenhauptquartier ging vor zwei Wochen bei uns ein. Wir sollen alles vermeiden, was ›einen einzelnen Offizier unangemessen in den Mittelpunkt rücken könnte‹. Stattdessen sollen wir auf das verweisen, was das gesamte Personal gemeinschaftlich geleistet hat und leistet.«