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Nachdem er eine Erwiderung mehrere Stunden vor sich hergeschoben hatte, schickte er eine weitere Nachricht und ließ die Herrscher von Atalia wissen, dass seine Flotte zu einer Mission in einem anderen System unterwegs war, er aber die Bitte um weitere Unterstützung an die Allianz-Regierung weiterleiten werde. Nächstes Mal sollte ich vielleicht die Gesandten mit den Syndiks beziehungsweise ehemaligen Syndiks reden lassen.

Von einer weiteren Nachricht an Geary abgesehen, mit der ihm eine gute und sichere Reise sowie eine baldige Rückkehr gewünscht wurde, ereignete sich während des Flugs durch das System nichts mehr. Mit dem Sprung in Richtung Kalixa erwachte eine andere Art von Angst, ein eindringliches Unbehagen vor dem Wiedersehen mit dem verwüsteten Sternensystem. Er fragte sich, ob der Anblick diesmal nicht ganz so entsetzlich sein würde.

Aber er war genauso entsetzlich.

Das Verlassen des Sprungraums bei Kalixa kam ihm sonderbar abrupt vor, als hätte unter dem Zusammenbruch des Hypernet-Portals sogar die Struktur des Raums gelitten. Nach einer kurzen Betrachtung der Situation wurde erkennbar, dass die Intensität des Sterns weiter extrem schnell fluktuierte. Die Stürme hatten in der dünnen Atmosphäre ein wenig nachgelassen, die alles war, was der vormals bewohnten Welt noch geblieben war. Dadurch war es auch leichter, die leblose und fast völlig ausgetrocknete Landschaft zu sehen. Männer und Frauen auf der Brücke der Dauntless murmelten Gebete vor sich hin, während ihre Blicke auf der vollständigen Zerstörung ruhten. Geary ging davon aus, dass sich in diesem Moment auf allen Schiffen der Flotte die gleichen Szenen abspielten.

Er ließ die Flotte auf 0,2 Licht beschleunigen, damit sie nur die Hälfte der Zeit für die Durchquerung des Systems benötigten. Das erhöhte zwar den Verbrauch der Brennstoffzellen, aber es half, die Moral seiner Leute nicht zu tief sinken zu lassen.

Als sie das letzte Mal in Indras gewesen waren, hatte es dort keine Probleme gegeben. Und sofern das Hypernet-Portal noch existierte, würde sich die Flotte bei diesem Stern nicht lange aufhalten müssen. »Meinen Sie«, wandte Geary sich an Desjani, »wir sollen eine der Kopien des Hypernet-Schlüssels der Syndiks ausprobieren?« Das Original an Bord der Dauntless war mit der größten Sorgfalt kopiert und vervielfältigt worden, aber als die Flotte aufbrach, waren nur noch wenige Exemplare verfügbar gewesen. Einer war auf der Warspite installiert worden, der andere auf der Leviathan.

Desjani hob kurz die Schultern. »Wenn Sie wollen. Die Kopien sollten einwandfrei arbeiten. Aber ich rate davon ab.«

»Wieso?«

»Die Syndiks dürften in der Lage sein festzustellen, welches Schiff an einem Portal einen Schlüssel benutzt hat. Sie wissen, dass die Dauntless über einen Schlüssel verfügt, deshalb wäre es vielleicht gut, ihnen nicht anzuzeigen, welche Schiffe noch im Besitz eines Schlüssels sind.«

Er nickte zustimmend. Es herrschte zwar Frieden, aber es würde noch sehr lange dauern, bis eine Seite der anderen vertraute.

Indras und Hasadan waren früher einmal militärische Ziele gewesen, feindliche Sternensysteme, die einen Angriff wert waren. Inzwischen handelte es sich nur noch um Zwischenstationen, um Systeme des ehemaligen Gegners, der nur zusehen konnte, wie die Allianz-Flotte ihre Kriegsschiffe an ihm vorbeiziehen ließ. Der Hypernet-Transit von Indras nach Hasadan war … langweilig, entschied Geary. Der Sprungraum fühlte sich wenigstens noch wie ein Raum an, wenn es auch ein Raum war, in dem es außer mysteriösen Lichtern nichts zu sehen gab. Die vermittelten aber immerhin noch den Eindruck, dass dort etwas Unbekanntes existierte, dem die Menschheit womöglich niemals auf den Grund würde gehen können. Der Sprungraum war ein Ort, an dem die Menschen nichts verloren hatten, und je länger man sich dort aufhielt, umso unbehaglicher fühlte man sich.

Aber den Hypernet-Transit eines Raumschiffes empfand er als Flug im Nirgendwo, ein Gefühl, das ihm Captain Cresida einmal zu erklären versucht hatte, bevor ihm selbst die Erfahrung zuteil wurde. Unsere überzeugendste Theorie geht dahin, dass das Schiff mit Blick auf das umgebende Universum im Hypernet selbst in eine Wahrscheinlichkeitswelle umgewandelt wird, die tatsächlich keinen Raum belegt. Sie waren buchstäblich im Nichts.

Ein Nichts, das keinerlei Verlockungen zu bieten hatte, wenn man von der Tatsache absah, dass man im Hypernet erheblich schneller von einem Punkt zum anderen gelangen konnte als im Sprungraum. »Möchte wissen, wie sich der Sprungraum für die Aliens anfühlt«, überlegte Geary laut. »Haben die auch den Eindruck, sich im Nichts zu befinden?«

Desjani, die neben ihm durch einen der Korridore der Dauntless ging, setzte eine nachdenkliche Miene auf. »Interessante Frage. Wie fühlt sich das Nichts überhaupt an? Vielleicht sollten Sie das an unsere Experten weiterleiten, damit die auch mal was zu tun haben.«

Zum Glück war es von Hasadan, wo die Flotte durch das dortige Hypernet-Portal in den Normalraum zurückkehrte, bis nach Dunai nur noch ein kurzer Sprung.

Dunai war vom menschlichen Blickwinkel aus betrachtet ein durchaus brauchbares Sternensystem, aber es hatte nur wenig Besonderes zu bieten, was wohl auch der Grund dafür war, dass es kein Hypernet-Portal erhalten hatte. Drei innere Planeten, von denen der zweite in einer Entfernung von gut neun Lichtminuten um die Sonne kreiste, also auf einem Orbit, der Welten für Menschen üblicherweise bewohnbar machte. Weit draußen zogen drei Gasriesen ihre Bahnen, und ganz am Rand fanden sich zwei gefrorene Zwergplaneten, die umeinander rotierten, während sie in einem Abstand von über viereinhalb Lichtstunden ihren Stern umkreisten.

Die bewohnbare Welt machte einen guten Eindruck, Ressourcen waren im System genügend vorhanden, und zwischen den Planeten und ihren Orbitaleinrichtungen herrschte reger ziviler Flugverkehr, der Rohstoffe, fertige Produkte, Lebensmittel und Passagiere beförderte. Die Gesamtbevölkerung belief sich auf einige hundert Millionen Menschen. Aus menschlicher Sicht ein gutes, aber eben kein herausragendes Sternensystem.

»Von hier aus betrachtet sieht es gar nicht so übel aus«, urteilte Desjani, als die Flottensensoren den zweiten Planeten des Sterns Dunai analysierten. »Üblicherweise scheinen die Syndiks ihre Kriegsgefangenen auf weniger angenehmen Welten untergebracht zu haben.«

»Das ist die Erfahrung, die wir gemacht haben«, stimmte Geary ihr zu und betrachtete dabei sein eigenes Display. Diverse Klimazonen, einige davon angenehm gemäßigt, genügend Wasser, eine Atmosphäre dicht an Standardwerten für eine bewohnbare Welt, zahlreiche gepflegte größere und kleinere Städte, umgeben von großzügigen unberührten Regionen. »Es ist schön da unten.«

»Zu schön«, murmelte sie.

»Sir?« Vor Geary hatte sich ein virtuelles Fenster geöffnet, aus dem ihn sein Geheimdienstoffizier Lieutenant Iger ansah. »Wir haben die Existenz des Gefangenenlagers bestätigen können und seine Position bestimmt.« Ein Leuchtpunkt tauchte auf der Karte auf, die auf der anderen Seite in der Luft stand.

Geary merkte, dass er eine finstere Miene ziehen musste, da er sah, wie sich bei Iger Unsicherheit regte, als überlege er, ob er etwas Verkehrtes gesagt haben mochte. »Gute Arbeit, aber ist dieser Standort nicht ein wenig überraschend? Diese Welt macht einen sehr lebenswerten Eindruck, und dieses Lager befindet sich mitten in einem angenehmen Gebiet, während andere Lager die Gefangenen mit rauen und unwirtlichen Lebensbedingungen konfrontieren.«

»Ja, Sir, aber ich glaube, die Bilder, die wir vom Lager bekommen, dürften das erklären.« Ein weiteres Fenster öffnete sich, das die Draufsicht auf eine Ansammlung von Gebäuden zeigte – allerdings aus sehr großer Höhe, schließlich lagen zwischen ihnen und den optischen Sensoren der Flotte etliche Millionen Kilometer.