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Geary überprüfte die Systemempfehlung und betrachtete die lang gestreckte Kurve, die die Flotte auf ihrem Weg durch das Sternensystem beschreiben würde. Ihr Ziel war ein in Bewegung befindliches Objekt, weshalb die eigentlich zurückzulegende Strecke deutlich länger war als die momentane Entfernung zwischen Flotte und Planet. »Etwas weniger als sechs Lichtstunden, bis wir in einen Orbit um diese Welt einschwenken können.«

»Jawohl, Sir. Zwei Tage und elf Stunden Reisezeit bei 0,1 Licht.«

»Also gut.« Er wandte sich an die Flotte. »An alle Einheiten: Bei Zeit zwei null drehen Sie eins fünf Grad nach Steuerbord und null Grad nach unten. Behalten Sie die gegenwärtige Formation und Geschwindigkeit bei.«

Zweieinhalb Tage Reisezeit bis zum Planeten, vielleicht ein halber Tag in dessen Orbit, um die Kriegsgefangenen an Bord zu holen, dann weitere zweieinhalb Tage, um zum Sprungpunkt zurückzukehren. Dazu noch ein wenig Reserve für Unvorhergesehenes. Also sechs Tage. Die Regierung und das Hauptquartier wollte nicht, dass ich noch vierzehn Tage länger im Varandal-System bleibe, aber diese kleine Rettungsaktion darf unsere Mission ins Gebiet der Aliens gern um eine Woche verzögern. Dazu die Transitzeit durch Hasadan und die Zeit im Sprungraum, um Dunai zu erreichen und wieder zu verlassen, und wir kommen bei mehr als zwei Wochen Verzögerung raus. Aber wenigstens tun wir etwas Gutes, indem wir diese Gefangenen mitnehmen, um sie nach Hause zu bringen.

Die beiden Gesandten hatten ihr Pokerface aufgesetzt, als sie sich bei Geary meldeten. Zehn Stunden waren inzwischen vergangen, seit die Flotte Dunai erreicht hatte, gut vierzig Stunden lagen noch vor ihnen, ehe sie diese primäre Welt erreichen würden. »Sie hatten uns doch gebeten, dass wir uns bei Ihnen melden, wenn sich Probleme ergeben sollten«, sagte Rione und ließ dabei ein wenig von ihrem früheren Feuer erkennen.

»Und welche Probleme haben sich ergeben?«

»Vielleicht«, schlug Charban vor, »sollten Sie sich die Antwort ansehen, die wir vom zuständigen Syndik-CEO erhalten haben. Dunai ist übrigens offiziell immer noch den Syndikatwelten gegenüber loyal.«

Ein weiteres Fenster öffnete sich vor Geary, einen Moment später tauchte das Bild des Syndik-CEO auf, der auf irgendwie erschreckende Weise fast genauso aussah wie jeder andere Syndik-CEO, den er je zu Gesicht bekommen hatte. CEOs wurden nicht geklont, und bei genauem Hinsehen konnte man durchaus Unterschiede ausmachen, aber sie alle trugen identisch geschnittene Anzüge aus dem immer gleichen Stoff, der Haarschnitt war zum Verwechseln ähnlich, und jeder von ihnen stellte diesen eingeübten, nichtssagenden Gesichtsausdruck zur Schau. Es wirkte, als habe man eine große Bandbreite von unterschiedlichsten Menschen in eine Form gepresst, die ihnen fast alles Individuelle raubte.

Der Syndik-CEO präsentierte das standardmäßige und erkennbar unsichere Lächeln, das zu beherrschen sehr viel Übung erfordern musste. »Wir freuen uns, mit den Allianz-Streitkräften in Kontakt zu treten, die entsprechend dem von den Syndikatwelten unterzeichneten Vertrag agieren. Da die Gefangenen eine beträchtliche Belastung für unsere Welt darstellten, die wir gern auf uns genommen haben, um zu gewährleisten, dass diese Gefangenen ein Dach über dem Kopf und genug zu essen bekamen und darüber hinaus medizinisch angemessen versorgt waren, gehen wir davon aus, dass die Allianz bereit ist, uns für die Kosten zu entschädigen, die uns entstanden sind. Wir sind davon überzeugt, dass die Allianz nicht vor ihren eigenen Verpflichtungen zurückschrecken wird. Sobald wir uns auf eine Entschädigungssumme geeinigt haben, werden wir die Einzelheiten für die Überstellung der Gefangenen besprechen. Ich habe dieser Nachricht die entsprechenden Buchhaltungsunterlagen angefügt und eine vorläufige Summe genannt, damit wir einen Ansatzpunkt für unsere Verhandlungen haben.«

Das Fenster verschwand, Geary sah wieder zu Rione. »Und wie viel?«

Sie nannte ihm eine Summe, die ihn nur ungläubig auf das Fenster starren ließ. »Es ist eine übliche Verhandlungstaktik der Syndiks, mit einer Forderung zu beginnen, die die andere Seite niemals akzeptieren wird. Dann gehen sie mit ihren Bedingungen runter«, erklärte Rione, während Charban ihr zuhörte. »Er geht nicht davon aus, dass wir damit einverstanden sind, aber er rechnet damit, dass wir uns mit einer niedrigeren Summe anfreunden können.«

»Dann irrt er sich aber. Selbst wenn die Flotte auf solch einen Betrag zugreifen könnte, würde ich mich damit niemals einverstanden erklären.«

»Dann werden wir den Syndik-CEO darüber informieren«, entgegnete Rione, »und ihm sagen, dass wir über Geld nicht verhandeln. Allerdings wird er sehr wahrscheinlich darauf beharren, weil sich die Gefangenen auf seiner Welt befinden.«

»Obwohl der Vertrag etwas anderes sagt?«

»Ja.«

»In dem Fall«, folgerte Geary, »sollten Sie ihn vielleicht daran erinnern, dass ich mit einer ganzen Flotte von Kriegsschiffen in sein System gekommen bin.«

Charban legte skeptisch die Stirn in Falten. »Wir müssen vorsichtig sein, was eine Gewaltandrohung von unserer Seite angeht.«

»Ich bin davon überzeugt, dass zwei Gesandte, die im Auftrag des Großen Rats der Allianz handeln, in der Lage und willens sind, die richtige Formulierung zu finden.«

Charban stutzte bei diesen Worten, als sei er sich nicht sicher, ob ihn Gearys Aussage verärgern sollte oder nicht. Rione dagegen lächelte ironisch und erwiderte: »Wir werden sehen, was wir tun können, Admiral.«

Desjani wartete mit einer Bemerkung, bis die Bilder von Charban und Rione verschwunden waren, dann stöhnte sie leise auf. »Dieser arrogante kleine CEO erwartet doch tatsächlich, dass wir auch noch dafür bezahlen, dass er unsere Leute durchgefüttert hat!« Sie warf Geary einen bittenden Blick zu. »Können wir jetzt was in die Luft jagen? Nur um ihm zu zeigen, dass wir nicht mit uns spaßen lassen?«

»Tut mir leid«, gab er zurück »Noch nicht.«

»Frieden ist Mist«, grummelte sie.

Aber ihre Frage hatte ihn auf eine Idee gebracht. »Das heißt ja nicht, dass wir ihm nicht demonstrieren können, auf welche Weise wir etwas in die Luft jagen werden, wenn er uns weiter davon abhält, unsere Leute an Bord zu holen.«

Sie zog fragend eine Braue hoch. »Vielleicht ein Warnschuss?«

Geary hielt kurz inne. »Mehr ein Demonstrationsschuss, der irgendein wertloses Grundstück trifft.«

»Wir müssen schon etwas treffen, das ihnen was bedeutet.«

»Das geht nicht«, beharrte er. »Nicht solange es keine weitere Provokation von seiner Seite gibt. Ich lasse dem CEO durch unsere Gesandten mitteilen, dass wir einen Waffentest durchführen werden. Dann werden wir ja sehen, ob er begreift.«

»Ein Waffentest, der auf nichts von Wert zielt. Aber wenigstens werden diese beiden Gesandten etwas tun, um ihr Gehalt zu rechtfertigen«, meinte Desjani gerade laut genug, dass er sie noch verstehen konnte. Sichtlich verärgert starrte sie stur auf ihr Display.

Sie musste irgendwie besänftigt werden, und es gab eine Sache, mit der man Tanya Desjanis Laune immer heben konnte. »Wie wär’s, wenn Sie ein Ziel auswählen? Ich lasse Sie dann wissen, wann Sie den Stein abfeuern können.«

»Den Stein? Nur einen einzigen?«

»Also gut, zwei Steine«, lenkte er mit einem Seufzer ein.

»Drei.«

»Meinetwegen auch drei. Aber sorgen Sie dafür, dass sich in der Nähe Ihrer Ziele keine Syndiks aufhalten.«

»Jawohl, Sir.«

»Tanya …«

»Schon gut. Aber ich suche Ziele aus, die genügend Syndiks gut sehen können, damit sie sich Sorgen darüber machen, wo die nächste Salve einschlagen wird.«

Acht

Weitere zwölf Stunden waren vergangen, und einer der Monde im Orbit um einen Gasriesen wies drei neue Krater auf. In Riones Augen funkelte mühsam beherrschter Zorn. »Der Syndik-CEO hat sich wieder bei uns gemeldet.«