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Ihr Lächeln nahm den gewohnt aufgesetzten Ausdruck eines Syndik-CEO an. »Sie sehen also, es ist nicht nur eine Frage des Eigeninteresses, sondern auch eine humanitäre Angelegenheit. Ich bin bereit, in dieser Sache Ihr … Ehrenwort zu akzeptieren. Sagen Sie mir nur, dass es das ist, was Sie tun wollen, und Ihnen werden die Baupläne übermittelt. Ich erwarte Ihre Zustimmung, Admiral Geary. Für das Volk. Iceni Ende.«

Er vergrub das Gesicht in seinen Händen, seine Gedanken überschlugen sich. Die Regierung wird sich an nichts gebunden fühlen, was ich mit dieser CEO vereinbare, aber sie scheint so wie Badaya und seine Gefolgsleute zu glauben, dass ich in der Allianz tatsächlich das Sagen habe. Wenn ich ihr sage, ich erhalte meine Befehle von der Allianz-Regierung, dann stimmt das zwar, aber sie wird nicht glauben, dass das der wahre Grund ist.

Jene Allianz-Regierung, die versucht haben könnte, mich mit meiner Flotte hier draußen stranden zu lassen. Was würden die Aliens machen, wenn wir in ihr Territorium vordringen? Gerade unsere Ankunft könnte sie dazu veranlassen, den Zusammenbruch des Hypernets der Syndikatwelten auszulösen. Hat sich darüber niemand Gedanken gemacht? War das boshafte Absicht oder bloße Gedankenlosigkeit? Das Fiasko mit der Ankündigung der Kriegsgerichtsverfahren war doch ein deutlicher Beleg dafür, dass da oben Leute das Sagen haben, denen die möglichen Folgen ihres Handelns gar nicht bewusst sind. Aber wenn sich solche Dinge häufen, dann entsteht ein sehr beunruhigendes Muster.

Inwieweit ist Rione in diese Geschehnisse eingeweiht worden?

Die Ironie an der momentanen Situation bestand darin, dass Geary den Syndiks die Informationen über die Würmer der Aliens und die Baupläne für den von Captain Cresida entwickelten Schutzmechanismus überlassen hatte, damit die Syndiks die Enigma-Rasse daran hindern konnte, die Portale als Waffe gegen die Allianz-Flotte einzusetzen. Und nun hatten die Syndiks daraus ein neues Schutzsystem entwickelt, das sie ihm jetzt in einem Tauschhandel überlassen wollten. Aber vielleicht war das alles gar nicht so ironisch. Sein Handeln war ihm damals richtig vorgekommen. Es war eine humanitäre Geste im wahrsten Sinne des Wortes gewesen, um den Syndiks in Midway eine Chance zu geben, sich gegen die Aliens zu verteidigen. Zugleich hatte die Geste auch darauf abgezielt, die Allianz zu schützen. Dank dieser Entscheidungen bot sich ihm nun die Gelegenheit, in den Besitz von etwas zu gelangen, das sich als ein Durchbruch von gewaltiger Tragweite entpuppen mochte. Wenn die Allianz so in ihr internes Kompetenzgerangel verstrickt war, dass ihr diese spezielle Bedrohung noch gar nicht bewusst war, oder wenn dort einfach niemand eine Ahnung davon hatte, wie man ein solches Gerät konstruieren sollte – war es dann nicht seine Pflicht, dass er diese von den Syndiks entwickelte Gegenmaßnahme der Allianz überreichte?

Iceni verlangte von ihm keine schriftlichen Zusagen, aber das war auch kein Wunder. Sie war zu klug, als dass sie irgendetwas zu Papier gebracht hätte, das von ihrer eigenen Regierung als Beweis für einen Hochverrat gegen sie verwendet werden konnte. Es war bestürzend, aber auch lehrreich, welch Mühe Iceni hatte, den Begriff »Ehrenwort« über die Lippen zu bringen, der bis dahin in ihrem Wortschatz gar nicht vorhanden gewesen zu sein schien. Einen Moment lang fragte er sich, welche Art von Garantie Syndik-CEOs benutzten, um sicherzugehen, dass das Gegenüber eine Vereinbarung auch einhalten würde.

Ich kann in dieser Sache niemanden um Rat fragen. Wenn ich mich mit Iceni einige, könnte man das als Verstoß gegen die Vorschriften einstufen, als Überschreitung meiner Befugnisse, als unrechtmäßige Handlung, mit der ich die Allianz in die inneren Angelegenheiten der Syndikatwelten hineinziehe. Und jeder, mit dem ich vor meiner Entscheidung rede, würde sich im nachhinein den gleichen Vorwürfen ausgesetzt sehen.

Ich muss es allein entscheiden, damit niemand sonst für meine Entscheidung den Kopf hinhalten muss.

Er rief einen vom Geheimdienst erstellten Bericht auf, der auf den abgefangenen Nachrichten in diesem Sternensystem basierte, und las ihn ein weiteres Mal. Iceni war hier immer noch die Senior-CEO, was ihn nicht überraschte. Zweitmächtigster CEO war der Befehlshaber der Bodenstreitkräfte, ein Mann namens Drakon. Über ihn wussten sie nicht viel, allerdings hatte er an mehreren Gefechten entlang der Grenze zur Allianz teilgenommen und war vom Allianz-Geheimdienst als äußerst tüchtiger Offizier eingestuft worden, bis man ihn dann auf einmal unter rätselhaften Umständen ans andere Ende des Syndik-Territoriums versetzt hatte.

Geary musste an Jason Boyens denken, den gefangen genommenen Syndik-CEO, der mit ihnen nach Midway gekommen war und der ihnen erzählt hatte, dass er hierher strafversetzt worden war, weit weg von der Allianz. Möchte wissen, wem Drakon auf die Füße getreten hat, dass man ihn in dieses Exil geschickt hat.

Ebenfalls aufgeführt wurde ein CEO namens Hardrad, der offenbar die internen Sicherheitskräfte unter sich hatte und der sich auf einer Ebene mit Iceni und Drakon zu befinden schien. Nach allem, was Geary wusste, verfügten die für die innere Sicherheit zuständigen Syndik-Streitkräfte über beachtliche Macht. Das war schon früher so gewesen, doch im Laufe des Krieges hatten sie diese Macht kontinuierlich ausgebaut, sodass sie in einigen Sternensystemen der Syndikatwelten sogar über Nuklearwaffen verfügt hatten, um planetenweite Rebellionen niederzuschlagen. Er fragte sich, wie Iceni diesen Hardrad in den Griff bekommen wollte. Oder hatte sie ihn bereits auf ihre Seite gezogen?

In anderen Sternensystemen hatte er aus erster Hand beobachten können, welche Folgen versuchte Unabhängigkeitserklärungen manchmal nach sich zogen: offene kriegerische Auseinandersetzungen zwischen dem Militär, Zivilisten und Sicherheitskräften. Es würde ihm missfallen, eine solche Entwicklung auch in Midway zu erleben, aber darauf hatte er keinen Einfluss.

Der Bericht listete die Namen weiterer Sub-CEOs auf, die im Nachrichtenverkehr erwähnt worden waren, über die man aber wenig wusste. Außerdem gab es noch eine Aufstellung der Syndik-Kriegsschiffe in diesem System.

Brauchbare Antworten fanden sich in diesem Bericht nicht, also unternahm Geary einen Spaziergang durch die Gänge tief im Inneren der Dauntless, dorthin, wo die Gebetskammern für jene bereitstanden, die Privatsphäre suchten. Er setzte sich in eine der Kammern und zündete eine zeremonielle Kerze an. Geehrte Vorfahren, ihr wisst, welche Entscheidung ich treffen muss. Was könnt ihr mir raten?

Er wartete, spürte aber nichts. Nachdem er die Frage anders formuliert hatte, wartete er erneut, doch auch diesmal geschah nichts, woraufhin er die Flamme ausblies und den Raum verließ. Draußen wäre er beinahe mit einem Matrosen zusammengestoßen, der in eine der Kammern eilte. Mit einem fast schon amüsanten entsetzten Blick schaute der Matrose ihn an, straffte die Schultern und salutierte. »Entschuldigen Sie, Admiral!«

»Kein Problem«, erwiderte Geary und winkte den Matrosen durch. »Sie scheinen eine sehr dringende Frage stellen wollen.«

»Nichts so Dringendes, Sir«, antwortete der Matrose und lächelte verlegen. »Nur ich und … ähm … ein Freund. Ob … Sie wissen schon … etwas Persönliches. Die wichtigen Sachen weiß ich ja bereits, weil Sie das Kommando haben. Sie werden uns zurück nach Hause bringen. Das wollten meine Eltern wissen: Wirst du wiederkommen? Und ich habe ihnen gesagt, dass Admiral Geary das Kommando hat, und damit wussten sie, dass der Flotte nichts passieren würde.«