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Es dauerte insgesamt sechs Tage, um den Sprungpunkt nach Hina zu erreichen. Sechs Tage, in denen sie vergeblich nach irgendwelchen Spuren suchten, die auf von Menschen oder von Aliens geschaffene Bauwerke jeglicher Art hindeuteten. Sollten inmitten der Asteroidenfelder in diesem System noch Trümmer von Syndik-Schiffen treiben, dann mussten die so alt und winzig sein, dass die Langstreckensensoren sie nicht mehr wahrnehmen konnten.

»Wenn sie Planeten übernehmen wollten, die sich auch für eine Besiedlung durch Menschen eignen, dann sind sie bei Hina«, ließ Geary seine Flotte wissen. »Und wenn sie immer noch Menschen in ihrer Gewalt haben sollten, stehen die Chancen gut, dass wir die ebenfalls bei Hina finden. Halten Sie sich für den Moment gefechtsbereit, wenn wir den Sprungraum verlassen.«

Die Sterne erfüllten einmal mehr das lebende Universum, als die Flotte Hina erreichte.

»Ja«, rief Desjani beim ersten Blick auf die aktualisierten Daten auf ihrem Display.

Ein Schiff der Aliens, dessen Umrisse genauso an eine Schildkröte erinnerten wie bei den Schiffen, denen sie bei Midway begegnet waren, befand sich gleich oberhalb des Sprungpunkts und eröffnete augenblicklich das Feuer auf die Allianz-Schiffe. Partikelstrahlen und massive Projektile trommelten auf die Relentless ein, aber dieses und alle Kriegsschiffe in der unmittelbaren Umgebung erwiderten nicht mal eine Sekunde später das Feuer. Gleich darauf war von dem Angreifer nur noch ein Wrack übrig. Ehe Geary den Befehl geben konnte, Sonden zu dem in Trümmer geschossenen Schiff zu schicken, explodierte das in winzige Fragmente.

»Überhitzung der Antriebseinheit«, meldete ein Wachhabender. »Sehr heftig für ein Schiff von dieser Größe, aber es lässt sich nicht sagen, ob das ein Unfall oder Absicht war.«

Ein drängendes akustisches Signal lenkte Gearys Aufmerksamkeit auf Informationen, die auf einer Seite des Displays angezeigt wurden. Die Relentless war von dem Beschuss nicht beschädigt worden, doch die Explosion des Schiffs hatte einem Leichten Kreuzer und einem Zerstörer leichte Schäden zugefügt und einen weiteren Zerstörer schwer in Mitleidenschaft gezogen. »Captain Smythe, schicken Sie ein Reparaturteam zur Sabar. Ich will, dass der Zerstörer so schnell wie möglich wieder zusammengeflickt wird.«

»Dieses Alien-Schiff befand sich sehr nah am Sprungpunkt«, gab Desjani zu bedenken. »Als hätte sich es auf einen Sprung vorbereitet. Aber der kann von diesem Punkt aus nur nach Pele führen.«

Geary überlegte kurz. »Ein Wachposten, der nicht schnell genug an seinem Einsatzort war?«

»Oder die Aliens haben einen Überwachungssatelliten bei Pele zurückgelassen, so niederenergetisch und als natürlicher Asteroid getarnt, dass wir ihn nicht entdecken konnten. Eine überlichtschnelle Alarmmeldung nach hier, und das Schiff könnte auf dem Weg nach Pele gewesen sein, um herauszufinden, was die Menschen in dem System zu suchen haben.«

»Ich würde sagen, Sie haben recht. Mehr scheint hier nicht zu sein, oder?« Sein Display veränderte sich und zeigte nun an, was sich jetzt in diesem Sternensystem befand, aber nicht mehr, was die Syndiks dort zurückgelassen hatten. »Drei Schiffe, die nach Frachtern oder Handelsschiffen aussehen, zwei weitere Kriegsschiffe, dazu das, was sich auf den Planeten und Monden befindet. Da dürften auch noch bewaffnete Einheiten drunter sein.«

»Und das da«, ergänzte Desjani und zeigte auf das Hypernet-Portal am anderen Ende des Systems, gut elf Lichtstunden von ihnen entfernt. »Das ist kein Syndik-Portal.«

»Es weist Modifikationen auf, die nicht zu den von uns oder von den Syndiks gebauten Toren passen«, ergänzte einer der Brückenoffiziere, »und ob es einen Schutzmechanismus hat, lässt sich so noch nicht sagen.«

»Es geht doch nichts darüber, in ein neues Sternensystem zu kommen und von einer großen Bombe empfangen zu werden«, meinte Desjani.

»Das können Sie laut sagen«, stimmte Geary ihr zu. Die fremde Spezies hatte den Tod aller Verletzten auf den beschädigten Schiffen bei Midway in Kauf genommen, nur um zu verhindern, dass die Menschen irgendetwas über sie in Erfahrung brachte. Das mochte bedeuten, dass sie ebenso kaltblütig dieses ganze Sternensystem ausradieren würden, wenn sie sich auf diese Weise der Allianz-Flotte entledigen konnten. »Wir bleiben in der Nähe des Sprungpunkts, solange wir das System analysieren.«

Rione und Charban waren auf die Brücke gekommen, der General schüttelte betrübt den Kopf. »Zu schade, dass unser Erstkontakt mit dieser Spezies zur Zerstörung all ihrer Schiffe geführt hat.«

»Unser Erstkontakt ist eine Weile her«, betonte Geary. »Das war während ihres Angriffs auf das Midway-Sternensystem. Ich nehme an, Sie beide wollen versuchen, mit den Aliens zu reden, nicht wahr?«

»Sofern die mit uns reden wollen«, entgegnete Rione.

Ein Fenster öffnete sich, das Gesicht von Dr. Setin tauchte dort auf. »Das ist wirklich erstaunlich, Admiral. Haben Sie sich den primären Planeten angesehen?«

»Dazu kommen wir jeden Moment, Doctor.«

»Von den Städten, die die Syndiks auf dem zweiten Planeten angelegt haben, ist nichts mehr zu sehen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die von ihnen bewohnten Regionen jemals besiedelt gewesen sein könnten. Die Enigma-Rasse muss sich sehr große Mühe gegeben haben, alle Spuren ehemaliger menschlicher Präsenz auszuradieren.«

Das war interessant, aber auch beunruhigend. Vielleicht war es gar nicht so verkehrt, diese Experten in der Flotte zu haben.

»Haben Sie sich mit den Bildern von den Alien-Städten auf der sichtbaren Seite des Planeten befasst?«, erkundigte sich Setin. »Die Bilder sind sehr verschwommen, aber die Städte sind nicht sehr groß, wenn man überlegt, seit wie vielen Jahren die Enigma-Rasse dieses Sternensystem bereits kontrolliert.«

»Wieso sind diese Bilder eigentlich so verschwommen?«, fragte Geary an die Wachhabenden auf der Brücke gerichtet.

»Es muss etwas Atmosphärisches sein«, antwortete der Sensorenwachhabende. »Wir versuchen, klarere Bilder zu empfangen, aber das da wirkt so, als würde ein Schleier über den Bildern liegen.«

»Unsere Systeme sind ganz sicher frei von Würmern?«, hakte Desjani sofort nach.

»Ja, Captain. Das scheint irgendetwas auf dem Planeten selbst zu sein. Möglicherweise handelt es sich um etwas, das sich über den Städten befindet, das Licht durchlässt, aber verhindert, dass man von oben Einzelheiten ausmachen kann.«

Geary gab das an Dr. Setin weiter, der sofort ganz aufgeregt das Gespräch unterbrach, um sich mit seinen Kollegen zu beratschlagen. Geary seinerseits nahm mit der Geheimdienstabteilung Kontakt auf. »Lieutenant Iger, wie sieht die Kommunikation in diesem System aus? Irgendwelche Videoaufzeichnungen, die wir für uns nutzen können?«

Iger machte einen etwas verwunderten Eindruck. »Es gibt überhaupt keine Bildübertragungen, Admiral. Es wird nur Text übermittelt, und der ist ausnahmslos verschlüsselt.«

Desjani schnaubte aufgebracht. »Kein Wunder, dass die Syndiks sie als Enigma-Rasse bezeichnet haben. Bei so viel Geheimnistuerei wird ja jeder Paranoiker neidisch.«

»Wir können sie nicht nach unseren Maßstäben beurteilen«, warnte Charban.

»Das ist mir klar«, sagte Geary. »Dennoch hat Captain Desjani recht. Es handelt sich nicht um Gegenmaßnahmen, die man nach unserem Eintreffen ergriffen hat. Das Licht von dieser Welt ist fünf Stunden alt, und die Nachrichten, die wir von dort empfangen, sind mindestens genauso alt. Was wir jetzt sehen, ist das ganz normale, routinemäßige Verhalten dieser Spezies. Lieutenant Iger, halten Sie bitte Ausschau nach irgendwelchen Hinweisen, dass sich möglicherweise noch Menschen in diesem System befinden.«

»Bislang haben wir keine Hinweise darauf entdecken können, Admiral.«

Dr. Setin war wieder da. »Sie sind sehr auf ihre Privatsphäre bedacht. Wirklich bemerkenswert. Ist Ihnen bei den Städten etwas aufgefallen? Sie befinden sich alle unmittelbar an der Küste. Auch wenn Einzelheiten nicht auszumachen sind, sieht es doch so aus, als hätte man sie genau ans Ufer gesetzt. Was?« Jemand schien mit Setin zu reden. »Ja, genau. Admiral, es sieht sogar so aus, als hätte man die Städte ins Wasser hineingebaut. Was da ins Meer ragt, könnte Piere sein, aber es macht eigentlich mehr den Eindruck, dass sich die Gebäude von der Landmasse ins Wasser fortsetzen. Diese Bilder sind noch undeutlicher, und dann ist gar nichts mehr zu erkennen, was passen würde, wenn die Bauwerke sich auch bis dort erstrecken, wo das Wasser tiefer wird.«