Выбрать главу

Er nahm sich auch Zeit für einen kurzen Besuch bei den Gebetskammern, wo er dafür betete, nicht noch mehr sinnlose Tote betrauern zu müssen. Danach gelang es ihm zu seinem eigenen Erstaunen, zunächst einige Stunden ungestört zu schlafen und dann einen großen Teil der liegengebliebenen Arbeit zu erledigen, ehe er auf die Brücke zurückkehrte.

Desjani nahm gerade auf ihrem Sitz Platz, als er die Brücke betrat. »Ich habe mir ein Bild davon gemacht, wie die Reparaturen vorankommen«, sagte sie zu ihm. »Es ist fast alles von dem repariert, was gerade erst erneuert worden war, bevor die verdammten Enigmas es uns zerschossen haben.«

»Eine halbe Stunde, dann hat die Eingreiftruppe den Frachter eingeholt, Captain«, meldete Lieutenant Casque.

»Sehr g …« Weiter kam Desjani nicht, da sie auf ihr Display starrte.

Geary folgte ihrem Blick und hatte Mühe, einen Fluch zu unterdrücken.

»Sie haben ihn in die Luft gejagt«, sagte Casque in einem Tonfall, als könnte er selbst nicht glauben, was er da sah.

Auf Gearys Display war das kleine Symbol für den Enigma-Frachter durch eine sich ausbreitende Trümmerwolke ersetzt worden. Das Ganze hatte sich vor zwei Stunden abgespielt, aber die Wucht der Explosion fühlte sich noch immer an, als sei es gerade erst geschehen. »Wie kann ein Frachter mit solcher Gewalt hochgehen?«

»Analyse«, befahl Desjani ihrer Brückencrew. »Die Vorfahren mögen uns beistehen«, fügte sie an Geary gewandt hinzu. »Sie haben die Selbstzerstörung aktiviert, obwohl sich an Bord all die Leute befanden, die aus der Einrichtung geflohen waren. Gibt es eigentlich irgendetwas, wovor sie zurückschrecken, nur damit wir nichts über sie herausfinden?«

»Das frage ich mich allmählich auch.« Es überraschte ihn kaum, als einen Moment später der Alarm auf seinem Display erneut aufflammte. Feste Verteidigungsanlagen in der Nähe der Einrichtung auf dem Mond hatten kinetische Projektile abgefeuert, deren Flugbahnen eindeutig nicht zur Allianz-Flotte führte, sondern zu eben dieser Einrichtung, die immer noch dreißig Lichtminuten entfernt war. Die Salve war kaum entdeckt worden, da verwischte das Bild der Einrichtung und platzte aus der Mondoberfläche heraus. »Sie haben die Selbstzerstörung für die Anlage aktiviert, und sie bombardieren sie auch noch, damit außer Staub nichts übrig bleibt.«

»Charban hatte recht, nur mit dem Unterschied, dass die Aliens nicht warten wollten, bis unsere Leute da unten eingetroffen sind. Wahrscheinlich hatten sie Angst, sie könnten bis zur Auslöschung der Station doch irgendetwas in Erfahrung bringen. Und jetzt?«, fragte Desjani. »Fliegen wir einen der bewohnten Planeten an?«

»Tun Sie das bitte nicht«, warf Rione ein, die von den beiden unbemerkt soeben mit Charban auf die Brücke zurückgekehrt war. »Ich möchte lieber nicht wissen, was diese Enigmas tun, wenn wir uns einer ihrer Welten nähern.«

»Die würden bestimmt nicht …«, begann Desjani, kniff dann aber die Augen zu. »Vielleicht würden sie es doch.«

»Was glauben Sie, General Charban?«, wollte Geary wissen.

»Ich teile die Ansicht meiner Kollegin, Admiral.«

»Genau genommen trifft uns keine Schuld, wenn die sich selbst umbringen«, murrte Desjani. »Und ich werde darüber ganz sicher nicht mit den lebenden Sternen diskutieren, wenn ich ihnen begegne. Aber was sollen wir sonst machen? Wir stecken in einer Sackgasse. Entweder löschen sie uns und sich mit den Hypernet-Portalen aus, oder sie jagen sich selbst in die Luft, wenn sie uns anders nicht daran hindern können, etwas über sie in Erfahrung zu bringen. Mir ist zwar die zweite Variante lieber, aber so oder so finden wir nichts über sie heraus.«

Nachdenklich stieß Geary langsam den Atem aus. »Also gut. Wir bleiben auf unserem Kurs. Vielleicht hat ja irgendetwas die Selbstzerstörung überlebt, und mit etwas Glück überlebt es auch das kommende Bombardement.«

Einige Zeit später ging eine kurze Nachricht von der Eingreiftruppe ein. Captain Badaya machte eine mürrische Miene, als er meldete: »Wir bleiben auf unserem Kurs, um das Trümmerfeld nach irgendetwas Brauchbarem zu durchsuchen. Danach kehren wir zur Flotte zurück, Admiral.«

Von der Einrichtung auf dem Mond war so wenig übrig, dass man gerade noch die Zusammensetzung des Materials bestimmen konnte, aus der sie erbaut worden war. Carabali hatte sich dagegen ausgesprochen, Personal auf die Oberfläche zu schicken, und damit argumentiert, dass dort weitere Fallen auf sie lauerten und nur darauf warteten, einen Erkundungstrupp in Stücke zu reißen. Unbemannte Sonden hatte jedoch keinen Hinweis auf irgendwelche Fallen finden können. Die angerichtete Zerstörung war so umfassend, dass man nicht mal die Größe und Form einzelner Räumlichkeiten rekonstruieren konnte.

Captain Smythe steuerte seine Kenntnisse als Ingenieur bei: »Die müssen beim Bau schon die mögliche Selbstzerstörung vorgesehen haben. Mit ein paar Sprengladungen kann man ein Gebäude nicht so restlos zerstören. Da benötigt man jede Menge Sprengladungen, die zudem alle an genau den richtigen Stellen platziert sein müssen. Mich würde nicht wundern, wenn die Rohbauten bereits den Sprengstoff für eine mögliche Zündung enthalten.«

»Ist so etwas nicht extrem gefährlich?«, erkundigte sich Geary.

»Und das aus dem Mund des Mannes, der in einem Schiff sitzt, vollgepackt mit Waffen, gefährlichen Schaltkreisen, instabilen Brennstoffzellen und einem Antrieb, der das alles in winzige Stückchen zerreißen kann. Des Mannes, der damit durch das All reist, also einer Umgebung, wie sie für das menschliche Leben nicht feindseliger sein könnte. Wir sind daran gewöhnt, und vielleicht sind die Enigmas daran gewöhnt, dass in ihren Hauswänden Sprengstoff steckt.« Smythes Miene hellte sich auf. »Möglicherweise verfügen sie über einen extrem stabilen Sprengstoff, der sich nicht so einfach zünden lässt. Ich würde mir das Zeugs gern mal ansehen.«

»Falls wir etwas finden, erfahren Sie’s als Erster. Glauben Sie, ihre Städte könnten in der gleichen Weise gebaut sein?«

»Möglich wär’s, aber den gleichen Effekt erzielt man auch, wenn man genügend Atombomben dicht genug beieinander platziert und zündet.«

Die Eingreiftruppe hatte die sich weiter ausdehnende Trümmerwolke erreicht, die kurz zuvor noch der Frachter der Aliens gewesen war, und verlangsamte ihre Fluggeschwindigkeit, um die Überreste gründlich zu untersuchen. Als Badayas Nachricht schließlich Geary erreichte, machte der Mann einen unerklärlich gut gelaunten Eindruck, obwohl es seinen Schiffen nicht gelungen war, das fliehende Schiff unversehrt zu stellen. Aber nach den ersten Worten wurde der Grund für diese gute Laune deutlich: »Admiral, diesmal ist es den Enigmas nicht gelungen, restlos alles zu vernichten. Die Dragon hat eine nicht ganz vollständige Leiche gefunden. Wenigstens wissen wir jetzt, wie sie aussehen. Es ist ganz allein Commander Bradamonts Verdienst, weil sie auf die Idee kam, die Aliens könnten sich in Tarnmaterial kleiden und damit für uns unsichtbar sein. Sie ist mit der Dragon um das Trümmerfeld geflogen und hat in den Überresten nach kühlen Flecken gesucht, dabei hat sie eine halb erhaltene Leiche entdeckt. Aus irgendeinem Grund war dieser Alien teilweise vor der Explosion geschützt, die den Frachter zerstört hat.«

Neben Badaya tauchte ein Bild auf, das Geary zusammenzucken ließ – aber nicht vor Abscheu vor dem Alien, sondern wegen des Zustands der Leiche. Das Wesen war nicht nur von der Explosion des Schiffs in Mitleidenschaft gezogen worden, sondern auch noch durch das Vakuum zusätzlich zerrissen worden, sodass eine größtenteils blutige Masse zurückgeblieben war. Dennoch konnte er stellenweise etwas von der Haut ausmachen, die recht zäh zu sein schien und zumindest an einigen Stellen mit dünnen Schuppen überzogen war. An dem zerschmetterten Schädel war noch eine schmale Mundöffnung zu erkennen. In lebendigem Zustand war dieser Enigma offenbar so lang und so dürr gewesen, dass er auf einen Menschen so wirkten musste, als hätte man ihn am Kopf und an den Füßen gepackt und ihn dann immer weiter in die Länge gezogen. »Sorgen Sie dafür, dass unsere Mediziner und die zivilen Experten das da zu sehen bekommen«, sagte er an den Komm-Wachhabenden gerichtet, dann rief er den Chefmediziner der Flotte.