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Dann sah er wieder zu La Floquet und erkannte, daß der kleine Mann mühsam dabei war, sich aufzurichten. In den Armen hielt er immer noch das schlangenartige Wesen fest. Thornhill entdeckte auf dem Kopf des fremden Wesens eine Kappe aus einem Metallnetz — vermutlich hatte man sie damit kontrolliert.

La Floquet machte drei stolpernde Schritte. »Reißt ihm den Helm ab«, stieß er mühsam hervor. »Ich kenne diese Spezies… Sie kommen aus dem Andromeda-Sektor… sind Telepathen und Teleporter… tödlich gefährliche Geschöpfe. In dem Helm bündelt er seine Energien…«

Thornhill griff danach, als die beiden an ihm vorbeikamen; er verfehlte das Metallgeflecht, konnte aber einen kurzen Blick in die haßerfüllten Augen des Wächters werfen. Der Wächter war in die Hände seiner Haustiere gefallen — und es gefiel ihm gar nicht.

»Ich kann Sie nicht sehen!« rief Thornhill. »Ich komme auch nicht an den Helm!«

»Wenn er sich befreit, ist es aus mit uns«, sagte La Floquet. »Er setzt alle seine Energie ein, um mich loszuwerden…«

Die Dunkelheit lichtete sich ein wenig. Thornhill schnappte nach Luft. La Floquet, immer noch den Fremden im Arm, stolperte hart am Rand des kleinen Plateaus entlang, griff immer wieder vergeblich nach dem Helm. Ein Fuß des kleinen Mannes schwebte bereits buchstäblich über dem Nichts, verzweifelt taumelte er umher. Thornhill rannte zu ihnen hin, griff sich den eisig kalten Metallhelm, riß ihn an sich.

In diesem Augenblick verschwanden La Floquet und der Wächter vor ihm. Thornhill ging auf die Knie und starrte über den Felsrand nach unten. Er sah und hörte nichts…

Dann ertönte ein Schrei — er kam nicht aus der Kehle La Floquets, sondern von dem Fremden. Dann war Stille. Thornhill starrte auf den Helm in seiner Hand, dachte an La Floquet, und in einer impulsiven Geste schleuderte er das Metallgeflecht in die Tiefe.

Er wandte sich um, konnte noch ein letztes Mal Marga, Vellers, McKay, Lona Hardin, den Regulaner und den Spicaner sehen. Bevor er noch ein Wort sagen konnte, begannen sich die Bergspitze, die Dunkelheit und die ganze Welt aufzulösen und wie wild um ihn herum zu drehen. Er konnte nichts und niemanden mehr erkennen.

Der Raum war die Haupt-Passagierskabine des Föderations-Raumschiffs Royal Mother Helene, das von Jurinalle nach Vengamon unterwegs war. Er lag in einem Sessel in der angenehm druckbelüfteten Kabine; draußen zog der graue Hyperraum vorbei, dessen Schimmern in starkem Kontrast zu den schwach gelblich leuchtenden Wänden der Kabine stand.

Thornhill öffnete die Augen ganz, schaute auf seine Uhr. Sie zeigte zwölf Uhr dreizehn und den siebten Juli 2671 an. Gegen elf Uhr vierzig war er nach einem guten Mittagessen eingedöst. In wenigen Stunden mußten sie in Port Vengamon eintreffen, und dort mußte er sich unverzüglich um seine Erzminen kümmern. Vermutlich war alles verschlampt worden, während er auf Jurinalle Urlaub gemacht hatte.

Er blinzelte. Plötzlich tauchten seltsame Bilder vor seinem inneren Auge auf — da war ein Tal irgendwo auf einem unbelebten Wüstenplaneten irgendwo außerhalb der Galaxis. Eine Bergspitze war zu sehen, ein seltsames fremdes Wesen, ein mutiger kleiner Mann, der sich in den von ihm gefürchteten Tod stürzte, und ein Mädchen…

Es kann kein Traum gewesen sein, sagte er sich. Nein, kein Traum. Es war wohl so, daß der Wächter uns für sein Experiment aus unserem Raum-Zeit-Gefüge herausgerissen hat und wir unser Kontinuum im gleichen Augenblick wieder betraten, in dem wir es verlassen hatten, als ich den Helm zerstörte.

Plötzlich brach ihm am ganzen Körper kalter Schweiß aus. Das bedeutet, dachte er, daß bedeutet, daß La Floquet nicht tot ist. Und Marga… Marga…

Thornhill sprang von seinem Schwerkraftsessel auf, achtete nicht auf die Schrift, die aufleuchtete und ihn aufforderte BITTE BLEIBEN SIE IN IHREM SESSEL, SOLANGE SICH DAS SCHIFF IM HYPERRAUM BEFINDET. Er rannte den Gang hinter auf den Steward zu, ergriff den Mann bei der Schulter und drehte ihn um.

»Ja bitte, Mr. Thornhill? Stimmt etwas nicht? Sie hätten mich rufen können, und…«

»Schon gut. Ich möchte ein Gespräch anmelden.«

»Wir landen in zwei Stunden auf Vengamon, Sir. Ist es so dringend?«

»Ja.«

Der Steward zuckte die Schultern. »Sie wissen sicher, daß Hyperfunkrufe von einem Schiff aus eine Weile brauchen, um durchzukommen, und daß sie extrem teuer sind…«

»Ich pfeife auf den Betrag, Mann! Stellen Sie mir die Verbindung nun her oder nicht?«

»Selbstverständlich, Mr. Thornhill. An wen?«

Er schwieg kurz, sagte dann langsam: »An Miß Marga Fallis in irgendeinem Observatorium auf Bellatrix VII.« Er zog aus seiner Brieftasche einen Geldschein hervor und fügte hinzu: »Hier — Sie bekommen noch einen, wenn die Verbindung innerhalb der nächsten halbe Stunde steht. Ich werde warten.«

Schließlich ertönte eine Lautsprecherstimme. »Mr. Thornhill, Ihre Verbindung ist hergestellt. Bitte begeben Sie sich auf das Kommunikationsdeck.«

Man führte ihn in eine kleine, schwach erleuchtete Kabine. Bei einem interstellaren Hyperfunkgespräch gab es natürlich keine Bild-, sondern nur eine Tonverbindung. Aber das würde ihm reichen. »Bitte sprechen, Bellatrix-Helene«, forderte ihn die Vermittlung auf.

Thornhill fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Marga? Hier ist Sam — Sam Thornhill!«

»Oh!« Er konnte sich ihr Gesicht bei diesem Laut vorstellen. »Es… es war also doch kein Traum. Ich hatte solche Angst, daß es einer war!«

»Als ich den Helm vom Berg hinabwarf, brach der Griff des Wächters über uns zusammen. Bist du im gleichen Augenblick zurückgekehrt, in dem du verschwunden warst?«

»Ja«, berichtete sie. »Ich war wieder im Observatorium bei meinen Bildplatten und allem. Und da war ein Anruf für mich, den ich nicht annehmen wollte. Aber dann überlegte ich eine Minute, hatte plötzlich einen ganz verrückten Einfall und ging doch an den Apparat — und ich bin froh, es getan zu haben, Liebling!«

»Es kommt einem fast wie ein Traum vor, nicht wahr? Das Tal, meine ich. Und La Floquet und die anderen. Aber es war kein Traum«, sagte Thornhill. »Wir waren wirklich da — und mir war es wirklich ernst mit dem, was ich zu dir gesagt habe.«

Die Vermittlung schaltete sich abrupt ein. »Standardrufzeit ist verstrichen, Sir. Alle fünfzehn Sekunden wird eine Extra-Gebühr von zehn Kredits fällig.«

»Soll mir recht sein, Vermittlung«, sagte Thornhill. »Geben Sie mir nur die Rechnung am Schluß. Marga, bist du noch dran?«

»Natürlich, Liebling.«

»Wann kann ich dich sehen?«

»Ich werde morgen nach Vengamon kommen. Es wird einen Tag dauern, hier im Observatorium alles zu erledigen und zu klären. Gibt es auf Vengamon ein Observatorium?«

»Ich bau dir eines«, versprach Thornhill. »Und in unseren Flitterwochen können wir versuchen, das Tal zu finden.«

»Ich glaube nicht, daß wir es jemals finden werden«, sagte sie. »Aber jetzt machen wir lieber Schluß. Sonst macht dieser Anruf dich noch zu einem armen Mann.«

Nachdem der Kontakt unterbrochen war, starrte Thornhill noch lange auf den Hörer, überlegte, wie Marga wohl aussah, was aus La Floquet und all den anderen geworden sein mochte. Am wichtigsten aber war ihm Marga.

Es war kein Traum, dachte er immer wieder. Das gespenstische Tal, in dem es niemals dunkel wurde und in dem Menschen immer jünger wurden, ging ihm nicht aus dem Sinn. Am stärksten aber war das Bild eines großen Mädchens mit blitzenden Augen, das auf ihn in einem weit entfernten Teil der Galaxis wartete.

Mit zitternden Fingern öffnete er einen Ärmel seiner Tunika und starrte auf die lange, rote Narbe, die fast so lang war wie sein rechter Arm. Irgendwo im Universum gab es jetzt einen kleinen Mann namens La Floquet, der diese Wunde verursacht hatte und der gestorben und an die Stelle zurückgekehrt war, von der man ihn entführt hatte, und auch er würde sich wohl fragen, ob das alles wirklich geschehen war. Thornhill lächelte, verzieh La Floquet die breite Narbe auf seinem Arm und lief durch den Korridor zurück in den Aufenthaltsraum für Passagiere. Plötzlich konnte er es kaum noch erwarten, Vengamon wiederzusehen.