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Schließlich erblickte er eine Gruppe von Orcs. Sie wirkten ausgezehrt. Es waren gerade mal drei Dutzend, aber sie gingen aufrecht und hielten ihre Waffen bereit. Vor ihnen marschierte ein älterer Orc, dessen Körper trotz seines Alters immer noch kräftig war. Sein Kopf bewegte sich ständig.

Als sie näher kamen, erkannte Blutschatten ihn und wusste sofort, warum dieser Krieger seinen Kopf derart oft bewegte: Der Orc besaß nur noch ein Auge. Das andere bestand aus Narbengewebe, und Blutschatten erinnerte sich an die zahlreichen Gerüchte darüber, wie Kilrogg Totauge sein Auge verloren... und was er stattdessen bekommen hatte.

Blutschatten trat auf den Häuptling des Klans des blutenden Auges zu. „Kilrogg!“, rief er bei dessen Eintreffen. Es war keine gute Idee, sich Kilrogg ohne Ankündigung zu nähern.

Der Kopf des Häuptlings fuhr herum, bis sein eines Auge Blutschatten entdeckte. „Blutschatten“, rief er zurück, trat vor und bedeutete seinen Kriegern, hinter ihm auszuschwärmen. „Ich hatte eine Vision, dass du hier sein würdest.“

Der Todesritter nickte. Er sah, wie Kilroggs Blick auf dem beinahe fertig gestellten Dunklen Portal lag.

„Also stimmt es“, sagte der Häuptling leise. „Das Portal wurde wieder geöffnet!“

„Ja, es stimmt“, antwortete Blutschatten. „Wir kommen von Draenor. Und du kannst dorthin zurückkehren.“

„Wurde das Land wieder mit Leben erfüllt?“

„Draenor stirbt immer noch“, entgegnete Blutschatten. „Aber Ner’zhul hat einen Plan.“

Kilroggs Blick verfinsterte sich. „Ner’zhul? Der alte Narr? Was hat er damit zu tun? Ich habe ihn auch in meiner Vision gesehen, dachte aber, das wäre nur ein Bild aus der Vergangenheit.“

„Eher ein Bild aus unserer Zukunft“, antwortete Blutschatten. „Ner’zhul hat die Führung übernommen und die Horde wieder geeint. Alle übrig gebliebenen Klans auf Draenor sind neu vereint.“ Dabei verschwieg er geflissentlich die Redwalker, die allerdings kaum noch existierten. „Und er hat den Spalt wieder geöffnet. Er verfolgt einen Plan, der das Überleben unseres Volkes sichern wird, wenn nicht sogar das unserer Welt.“

Kilrogg kratzte sich am Narbengewebe unter dem fehlenden Auge. „Ist er für all das hier verantwortlich? Dieser Plan... glaubst du, dass er funktioniert?“

Blutschatten nickte.

„Hmmm. Vielleicht hat er endlich die Schwäche und die Zweifel abgeschüttelt, die Gul’dan ihm eingepflanzt hat. Wenn er nur ein wenig wie der alte Ner’zhul ist, folge ich ihm gern.“ Kilrogg schüttelte den Kopf und senkte die Stimme. „Und mal ehrlich, ich verlasse diese Welt mit Freuden, selbst wenn unsere eigene sterben sollte. Wir waren hier zu lange abgeschnitten.“

Blutschatten nickte. „Dann geh“, drängte er den Häuptling. „Ner’zhul und die anderen warten jenseits des Portals. Ich weiß, dass deine Erfahrung und Weisheit von großem Wert für uns sein werden. Aber sag mir zuerst, was ist mit den anderen Orcs, die noch hier sind?“

„Abgesehen von den Frostwölfen, die nichts mit dem Rest von uns zu tun haben wollen, gibt es nur noch zwei Klans, die nicht in Gefangenschaft sind“, sagte Kilrogg. „Der Drachenmalklan und die Schwarzfelse.“ Er grinste. „Der Drachenmalklan versteckt sich irgendwo in den Bergen, weit weg von den Menschen, und kontrolliert immer noch die roten Drachen. Vor einem Jahr ist er ein Bündnis mit den Schwarzfelskriegern eingegangen. Rend und Maim Schwarzfaust führen den Klan an und haben die Schwarzfelsspitze zu ihrem Heim gemacht.“ Er zuckte die Schultern. „Ich hätte mir den Ort von Schicksalshammers Niederlage unter keinen Umständen als Heimatbasis ausgesucht. Aber die beiden haben sich nie an ihm gestört.“

Das waren keine guten Neuigkeiten. „Was meinst du, werden sie zum Portal kommen, um zurück nach Draenor zu gehen?“, fragte Blutschatten.

Kilrogg schüttelte den Kopf. „Nein, sie scheinen sich auf Azeroth eingerichtet zu haben“, antwortete er. „Ich rechne nicht mit ihnen.“

Blutschattens Blick verdüsterte sich, doch er nickte. „Danke, Kilrogg. Jetzt geh... Draenor wartet auf dich.“

Kilrogg nickte und wandte sich ab. Er lief die Rampe zu dem reparierten Tor hinauf, das selbst in der Dunkelheit schimmerte. „Vorwärts nach Draenor!“, rief er, und wies den Weg. Der erste Krieger lief, ohne zu zögern, hindurch, gefolgt vom Rest. Kilrogg selbst ging als Letzter, schaute zurück über das Tal und auf Azeroth. Er erhob seine Waffe.

„Ein Krieger tritt den Rückzug an... aber nur, um sich neu zu formieren. Ich komme wieder“, schwor er. „Diese Welt und ihre Bewohner werden meinen Zorn kennenlernen.“ Dann trat auch er durch das Portal und verschwand.

Grom Höllschrei beobachtete, wie die Krieger vom Klan des blutenden Auges durch das Portal schritten. Befriedigt sah er, dass Kilrogg überlebt hatte. Der alte Häuptling war immer der gerissenste Anführer der Horde gewesen und einer ihrer besten Taktiker. Er war sich sicher, dass Kilroggs Rat sich schon bald als wertvoll erweisen würde.

Er wandte sich dem Orc zu, der gerade erst eingetroffen war. Grom bedeutete ihm mit einem Nicken zu sprechen.

„Die Menschen sind nicht müßig gewesen. Eine große Festung liegt im Norden“, berichtete der Kundschafter. „Sie bewacht den Pass. Es gibt keinen anderen Weg daran vorbei.“

Grom lächelte. „Perfekt“, sagte er langsam. „Das ist unser Ziel. Wenn wir die Festung einnehmen, können wir das Tal halten, ganz egal, was die menschliche Allianz uns entgegenwirft.“ Er nickte dem Kundschafter zu. „Sag den anderen, sie sollen sich bereit machen. Wir brechen sofort auf.“

Der Kundschafter nickte, aber bevor er sich entfernen konnte, hob Grom eine Hand und bat um Ruhe.

Der Häuptling des Kriegshymnenklans lauschte angestrengt. Er hörte etwas, das wie Schritte klang, aber schneller, härter und mit einem merkwürdigen Beiklang versehen war. Es erinnerte eher an ein Tier als an einen Menschen. Aber wenn, dann waren es schwere Kreaturen, mit festen Hufen statt weichen Tatzen. Er hatte von den Menschen und ihren merkwürdigen Reittieren... diesen „Pferden“... gehört. Das musste es sein.

„Menschen nähern sich!“, rief er augenblicklich, zog Blutschrei und schwang die Klinge über dem Kopf. „Löst die Finsternis auf.“

Er wusste nicht, wo sich die Todesritter befanden oder auch nur, wer von ihnen die unnatürliche Dunkelheit aufrechterhielt, die das Tal bedeckte.

Aber sie hörten ihn. Die Finsternis begann zu weichen, Licht drang ein, Farben breiteten sich über das Tal aus, bis er den Ort deutlich erkennen konnte.

Dort stand das Dunkle Portal, vollständig repariert. Im Norden entdeckte er Steintürme. Das musste die Festung sein, die der Kundschafter erwähnt hatte.

Aber jetzt näherte sich eine Streitmacht der Menschen durch den engen Pass. Die Krieger ritten auf Tieren mit leuchtendem Fell, langen Mähnen und Schwänzen.

Vor den Soldaten ritt ein Mann, auf dessen Brust ein Zeichen prangte. Es war dunkelblau und zeigte zwei mit Gold versehene Flammen. Der Mann ließ sein Schwert über dem Kopf kreisen und trieb das Pferd unablässig vorwärts. Das also war ihr Anführer.

Grom lächelte und hob Blutschrei erneut an. Nun, da die Dunkelheit verschwunden war, schimmerte die Klinge silbern im Sonnenlicht. Er schwang sie in einem niedrigen Bogen, und sein Lächeln verbreiterte sich, als sie ihr Kriegslied vom herannahenden Tod anstimmte. Einige der Menschen zögerten.

„Für die Horde!“, rief er und stürmte vorwärts. Seine Krieger waren direkt hinter ihm.

Die Menschen warteten. Die merkwürdige Dunkelheit, die eben noch das Tal bedeckt hatte, verwirrte sie. Überrascht erblickten sie die riesige Zahl von Orcs, die auf sie zustürmte. Das Gebrüll der herannahenden grünhäutigen Krieger und das Heulen der Waffen verängstigten sie. Für die ersten Reihen der Menschen erwies sich dieses Zögern als tödlich.

Grom schlug zuerst zu. Blutschrei zerteilte den anführenden Reiter von der Schulter bis zur Hüfte. Die obere Hälfte des Leichnams fiel links vom Pferd und die untere Hälfte auf der anderen Seite. Doch Grom hatte keinen Blick dafür, er hatte bereits ein neues Ziel ausgemacht, drehte sich und schlug die Beine zweier weiterer Krieger ab, als er zwischen sie sprang.