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Trollbann seufzte. „Ihr habt recht. Ich finde nur, dass sie irgendwie sühnen sollten. Alteracs Verrat hat so viele Leben gekostet.“

„Perenoldes Verrat“, korrigierte Terenas leise, aber bestimmt. „Das dürfen wir nicht vergessen. Nur sehr wenige von Alteracs Bürgern wussten vom Verrat ihres Königs. Perenolde hat sie nur von einigen Pässen abgezogen und machte so die Durchgänge der Horde zugänglich. Es ist weniger Alterac, das der Horde geholfen hat, als sein König, der den Orcs freien Durchgang gewährte und seine eigenen Bürger aus allem heraushielt.“

„Wohl wahr“, stimmte Trollbann zu. „Ich kenne viele Menschen aus Alterac, die meisten sind anständige Leute. Nicht so wie ihr doppelzüngiger König.“ Er schüttelte den Kopf, leerte den Krug und wischte sich mit dem Handrücken über den Bart. „Ich denke noch einmal darüber nach“, versprach er.

„So wie wir alle“, versicherte ihm Muradin und angelte sich ein letztes Küchlein vom Teller, als sie alle aufstanden. „Keine Angst, wir finden schon eine Lösung.“

„Das werden wir ganz bestimmt“, stimmte Terenas zu. „Ich hoffe nur, wir lösen dieses Problem, bevor uns wichtigere Angelegenheiten beschäftigen.“

Seine beiden Begleiter wussten, was er meinte. Sie hatten Khadgars Warnung erst vor wenigen Tagen erhalten und warteten nun auf Nachricht von Turalyon.

Wenn die Horde tatsächlich angriff, wenn sich das Portal erneut öffnete, dann würden schon bald alle Fragen, Alterac betreffend, irrelevant sein. Doch solange Perenolde unter Hausarrest stand und das Königreich sich unter der Kontrolle der Allianz befand, konnten sie sich später darüber Gedanken machen... falls sie überlebten.

Muradin dachte düster über die Demonstration von Arthas’ Kampfkünsten an der Rüstung nach und hoffte inständig, dass der Prinz noch nicht so bald den Geschmack echten Krieges zu spüren bekommen würde.

8

Die Wolken hingen tief über Sturmwind, berührten fast die Spitzen der vielen Türme. Ein frischer Wind bauschte die Umhänge der Wachen auf, die sich in ihren Unterständen außerhalb der Burg bibbernd zusammenkauerten.

Drinnen waren ihr Kommandant Turalyon und seine Berater noch wach. Sie studierten Karten in einer der Waffenkammern der Burg, die jetzt der Allianz als Kommandoposten diente. Die Wachen hatten der schönen Elfe zugenickt, die ihren Kommandanten begleitete und sich momentan im selben Raum wie die Strategen aufhielt. Die Spannung zwischen den beiden hatten alle bemerkt.

Sie fröstelten, schenkten einer besonders eisigen Brise aber keine Aufmerksamkeit. Sie strich durch die Stadt, kroch durch die Burgtore und glitt dann den breiten Hauptkorridor entlang, bevor sie sich nach links wandte. Sie wirbelte durch einen weiteren Gang nach oben und über einen kleinen Innenhof, über dem der bewölkte Nachthimmel zu sehen war.

Zwei Wachen standen am Eingang zur königlichen Bibliothek. Sie fröstelten, als die Brise sie erreichte und blinzelten, weil sich die Schatten um sie herum stärker zu verdunkeln schienen.

Plötzlich kam starker Wind auf, der die Schatten hinwegfegte und mehrere Gestallten enthüllte. Vier davon schienen Menschen zu sein, zumindest der Körpergröße nach. Alle trugen Kapuzenumhänge und merkwürdige Bandagen um Gliedmaßen und Torso, aber ihre Augen leuchteten in wildem Rot. Die fünfte Gestalt überragte sie, und selbst im Dunkeln leuchtete ihre Haut grün.

Eine der Wachen wollte gerade einen Alarmruf ausstoßen und ihr Schwert ziehen. Aber das sollte ihr niemals gelingen. Der Orc trat vor und schwang bereits seine schwere Axt. Die Wache starb. Ihr Kamerad konnte den Schild heben, einen Schlag von den merkwürdig gekleideten Gestalten abwehren und mit dem Speer zustechen. Doch das war nutzlos, denn ein anderer Eindringling packte den Speerschaft und zerbrach ihn. Dann wirbelte er herum und erwischte die Wache am Hals, genau über dem Schildrand. Der Mann fiel lautlos, sein Kopf wurde beinahe abgetrennt. Die Gestalten stiegen über die zuckenden Leichen, öffneten die Türen und betraten die königliche Bibliothek.

„Beeilt euch“, wies Blutschatten sie an. „Wir dürfen nicht entdeckt werden.“

Seine Todesritter nickten, ebenso wie Pargath Throatsplitter, der Orc, der die erste Wache so schnell erledigt hatte. Blutschatten hatte extra einen Krieger vom Klan des blutenden Auges mitgenommen, weil sie diese Welt besser als jedes andere Mitglied der Horde kannten. Pargath war ihm als einer der schlaueren und ruhigeren Kämpfer aufgefallen.

Die fünf teilten sich auf und durchsuchten die Bibliothek. Nach mehreren Minuten fluchte Pargath. „Es ist nicht hier!“, flüsterte er.

„Was?“ Blutschatten trat zu dem Krieger, der neben einem leeren Glaskasten stand. „Bist du dir sicher?“

Als Antwort wies Pargath auf die Vitrine und eine kleine, braune Karte, die in einer Ecke steckte. Blutschatten hatte Zugriff auf die Erinnerungen seines Gastkörpers. Und nach einigen Sekunden konnte er die Schrift entziffern: Das Buch Medivhs. Nicht öffnen ohne Sondergenehmigung des Königs oder des Kommandanten der Allianz.

„Es war hier“, vermutete Blutschatten. Er untersuchte das tiefviolette Innere der Vitrine, wo sich eindeutig der Abdruck von etwas Großem, Schwerem und Rechteckigem abzeichnete. „Aber wo ist es jetzt?“

„Hierher“, rief einer der Todesritter leise.

Blutschatten trat zu ihm. Pargath und die anderen beiden Todesritter waren direkt hinter ihm.

„Es sieht so aus, als wäre jemand auf dieselbe Idee wie wir gekommen.“ Der Todesritter wies auf eine kleine Lesenische... und den Leichnam darin. Die Leiche trug die Rüstung der Allianzwachen, ein Dolch ragte aus dem Spalt zwischen Helm und Brustplatte.

„Alterac“, flüsterte Pargath und blickte auf den toten Mann. „Die Abzeichen dort.“ Pargath wies auf die Markierungen am Dolchgriff. „Das ist die Krone von Alterac.“

Blutschattens eigene Erinnerungen bestätigten dies. „Alterac hat also das Buch“, überlegte er. Trotz seines Verrats während des letzten Krieges herrschte Lord Perenolde immer noch über Alterac. Zumindest bislang. Und das Buch war der Allianz wertvoll... Alterac konnte es als Faustpfand benutzen.

Ja, das klang logisch.

„Aber warum hat er ein so offensichtliches Zeichen hinterlassen?“, überlegte Pargath. „Um der Allianz zu zeigen, dass Alterac und sein König immer noch im Spiel sind? Oder...“ Er lächelte und zeigte seine Hauer. „... vielleicht war es nur ein allzu sorgloser Mörder?“

„Nun, wir werden jedenfalls nicht so sorglos agieren“, sagte Blutschatten. „Wir brauchen dieses Buch, deshalb müssen wir nach Alterac. Nimm den Dolch und stell sicher, dass die Allianz nicht den gleichen Hinweis wie wir erhält. Der Leichnam ist noch warm. Lassen wir die Wachen glauben, dass alle von derselben Hand getötet wurden, wenn man die Leichen am Morgen findet.“

Pargath kniete sich gehorsam hin und zog die Waffe aus dem Toten. „Dann nach Alterac?“

„Ja... aber nicht sofort. Wir müssen unserem ursprünglichen Plan so genau wie möglich folgen. Wir gehen immer noch in die Schwarzfelsberge. Wir brauchen Rend, Maim und die roten Drachen, die sie kontrollieren.“

Pargath nickte. „Schwarzfels liegt auf dem Weg nach Alterac“, merkte er an.

„Genau.“ Blutschatten grinste. „Und mit der Hilfe eines roten Drachen könnten wir dort binnen Stunden hin und wieder zurück sein und so rechtzeitig das Portal erreichen.“ Er nickte. „Aber zuerst müssen wir hier so leise wieder raus, wie wir reingekommen sind.“

Er sammelte sie um sich. Die Schatten kamen näher, die Temperatur in der Bibliothek fiel. Einen Moment später wehte ein eisiger Wind durch die Türen, an den sich abkühlenden Leichen und den Blutlachen vorbei, zurück in den Gang und aus der Burg hinaus.

So entschwanden sie in die Nacht.

Einen Tag später erreichten Blutschatten und sein Gefolge die Schwarzfelsberge. Ihre kleine Gruppe war größer geworden. Er hatte Gaz Soulripper kontaktiert, und seine Todesritter hatte ihm Fenris Wolfsbruder vom Donnerfürstenklan, Tagar Rückenbrecher vom Knochenmalmerklan und mehrere ihrer besten Krieger geschickt. Die Orcs hatten sich wie befohlen mit Blutschatten und den anderen am Fuß der Berge getroffen. Ihre Gruppe war jetzt gerade so groß, dass sie sich, Blutschattens Meinung nach, immer noch ungesehen von der Allianz bewegen konnte. Er hoffte jedoch, dass sie zahlreich genug waren, um die Aufmerksamkeit von Schwarzfausts Söhnen zu erregen.