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„Gibt es etwas Neues, Dentarg?“, rief Ner’zhul, als sein Assistent über die Lichtung kam, die das Portal von den anwesenden Orcs trennte. „Ich hatte dich ausgeschickt, um die anderen Klans zu suchen und sie hier zu versammeln. So wie ich es auch euch beiden aufgetragen hatte“, erinnerte er Grom und Kargath. „Aber bislang sehe ich nur Krieger vom Schattenmondklan, vom Kriegshymnenklan und vom Klan der zerstörten Hand. Wo ist der Rest?“

„Die Lightning Blades haben versprochen zu kommen“, versicherte ihm Grom. „Aber sie haben einen langen Anreiseweg, weshalb es noch ein oder zwei Tage dauern kann.“ Er schüttelte den Kopf. „Weder die Donnerfürsten noch die Lachenden Schädel haben zugehört.“ Er knurrte. „Sie waren zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig abzuschlachten.“

„Das ist genau der Grund, warum wir handeln müssen!“, rief Ner’zhul. „Wir vernichten uns selbst und jeden anderen, wenn wir hier nur herumsitzen und nichts tun.“ Er bleckte die Zähne. „All die Arbeit, alles, was ich unternommen habe, um die Horde zu formen, bricht weg, die Klans zerfallen und bekämpfen sich untereinander. Wenn wir dagegen nicht bald etwas unternehmen, werden wir wieder in die alten Zeiten zurückfallen, als die Klans sich nur zum Kämpfen gesehen haben, abgesehen von den jährlichen Treffen... wenn überhaupt!“

„Was hast du geglaubt, was während der zwei Jahre, in denen du dich versteckt hast, passiert ist?“, zischte Grom. „Wir verstehen, dass du von der Explosion verwundet wurdest. Aber selbst nachdem deine Wunden verheilt waren, kamst du niemals zu uns. Wir warteten lange auf deinen Rat, doch vergebens. Natürlich haben wir dann alles auf unsere Art geregelt! Natürlich haben wir einander bekämpft. Du hast uns verlassen, damit du vom Tod träumen konntest, Ner’zhul. Und das ist das Ergebnis.“

„Ich weiß“, sagte Ner’zhul leise und voller Schmerz.

Grom verkniff sich weitere wütende Worte im Angesicht von des Schamanen Scham und Schande.

„Der Bladewindklan wird sich mit uns vereinen“, brach Kargath die unangenehme Stille. „Aber die Redwalker verweigerten sich uns. Sie sagten, dass die Horde jetzt nichts anderes mehr sei als eine Erinnerung und dass jeder Klan sich nun um sich selbst kümmern müsse.“ Er knurrte wütend. „Ich hätte ihren Häuptling an Ort und Stelle erschlagen, wenn du es nicht anders befohlen hättest.“

„Du wärst im Gegenzug getötet worden“, erklärte Ner’zhul. „Oder du hättest auf deiner Flucht den gesamten Klan abschlachten müssen. Ich wollte dein Leben nicht riskieren oder das der anderen, solange es noch eine Chance gibt, dass sie zur Vernunft gebracht werden können.“ Er spitzte den Mund. „Wir werden sie uns bald vornehmen, keine Angst.“ Er sah sich um. „Was ist mit den anderen?“ Seine Augen zogen sich zusammen. „Was ist mit den Knochenmalmern?“

Grom knurrte erneut. „Ich habe einen Boten zu Hurkan Skullsplinter gesendet“, sagte er. „Er schickte mir dessen Körperteile zurück.“

„Die Knochenmalmer wären eine große Hilfe in der Schlacht“, bemerkte Kargath und strich über seine Sense. „Sie sind exzellente Kämpfer auf dem Schlachtfeld.“ Dann schüttelte er den Kopf. „Sie wurden sogar noch wilder, seit das Portal zerstört wurde. Aber man kann sie weder kontrollieren noch ihnen trauen.“

Ner’zhul nickte. „Was ist mit dem Weißklauenklan?“, fragte er Dentarg.

Der Oger blickte finster. „Tot, die meisten davon“, antwortete er. „Sehr viele wurden von den anderen Klans getötet, bevor die Wahrheit über Gul’dan und seine Hexenmeister ans Licht kam. Selbst nach Durotans Exil und Tod machten die Weißklauen nie ein Hehl aus ihrer Sympathie für die Frostwölfe. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Die Überlebenden sind weit verstreut.“ Er schüttelte den Kopf. „In Wahrheit sind sie eigentlich kein Klan mehr.“

Ner’zhul verspürte einen Hauch von Schuld bei Durotans Erwähnung. Er hatte den jetzt toten Häuptling der Frostwölfe einst gewarnt und versucht, einiges von dem Schaden, den er angerichtet hatte, wiedergutzumachen. Aber am Ende hatte es nichts genützt. Gul’dans Schattenrat hatte Durotan gefunden und einen der ehrenhaftesten Orcs, den er kannte, getötet.

Aber Bedauern und Selbstmitleid führten zu nichts. Er konzentrierte sich wieder auf Dentargs Worte und wurde wütend.

„Der Weißklauenklan war einer der ältesten und stolzesten. Jetzt sind sie kaum mehr als klanlose Barbaren! Ist unsere Rasse so verkommen? O nein! Wir müssen die Horde neu entstehen lassen und den Bund zwischen allen Orcs erneuern! Nur als geeinte Rasse können wir darauf hoffen, ehrenhaft zu überleben.“

Dentarg fiel auf die Knie. „Du weißt, ich lebe, um dir zu dienen, Meister“, sagte er schlicht.

Grom sah den älteren Orc an. Seine Augen verengten sich. „Berichte von deinem Plan, Ner’zhul“, verlangte er und achtete darauf, dass seine Worte von den Orcs auf der Lichtung verstanden wurden. „Erkläre ihn uns. Und wenn er gut ist... werden wir dir folgen.“

Kargath neigte den Kopf. „Ich stimme Höllschrei zu“, sagt er.

Ner’zhul betrachtete die drei einen Moment lang, dann nickte er. „Wir warten, bis die Lightning Blades und die Bladewinds eintreffen“, sagte er. „Dann gehen wir erneut zu den anderen, den Donnerfürsten, den Lachenden Schädeln und den Redwalkern und selbst zum Knochenmalmerklan. Unser Volk muss vereint werden.“

„Und was, wenn sie sich trotzdem verweigern?“, knurrte Kargath.

„Dann werden wir sie überreden“, antwortete Ner’zhul. Sein grimmiger Tonfall ließ keinen Zweifel an der Bedeutung dieser Worte.

Kargath brüllte zustimmend und hob seinen Sensenarm so hoch, dass er das Sonnenlicht reflektierte.

Ner’zhul wandte sich an Grom. „Nun zu dir, Grom“, sagte er leise. „Während wir auf die anderen Klans warten, offenbare ich dir die Einzelheiten meines Plans und gebe dir eine Aufgabe.“

Groms rote Augen leuchteten. „Sag mir, was du von mir erwartest.“

Die Totenmaske auf Ner’zhuls Gesicht ließ sein Lächeln zu einer Grimasse werden. „Da gibt es etwas, das du für mich suchen sollst...“

4

„Kämpfer des Kriegshymnenklans – zum Angriff!“

Grom riss Blutschrei hoch und ließ das Sonnenlicht auf dem Axtblatt glitzern. Dann stürmte er vorwärts und schwang die Waffe in hohem Bogen. Sie sang förmlich, als die Klinge durch die Luft schnitt.

Seine Krieger kämpften tapfer und erzeugten dabei die Kampfgeräusche, nach denen der Klan benannt war. Viele begannen auch zu singen, wobei es weniger um die Worte als um den Rhythmus ging. Die pulsierenden Schläge brachten ihr Blut in Wallung und ließen gleichzeitig den Mut ihrer Feinde sinken.

Allerdings blieb die erhoffte Wirkung diesmal aus – denn dieser Gegner kannte keine Angst.

Der Erste kam in Reichweite und brüllte etwas Unverständliches. Blutschrei traf ihn am Hals und schnitt glatt durch das Fleisch, durchtrennte Knochen und Sehnen. Der Kopf fiel, den Mund noch zum Schrei geöffnet, der Schaum vor den Lippen rot vor Blut. Der grüne Körper brach zusammen, obwohl er den sinnlosen Versuch unternahm, noch im Sturz mit dem Hammer zuzuschlagen.

Blut spritzte wie ein warmer, roter Regen über Groms Gesicht. Er grinste und leckte es sich von den Lippen.

Ein Knochenmalmer weniger, um den man sich sorgen musste.

Um ihn herum metzelten die Kriegshymnenkrieger den Knochenmalmerklan nieder. Normalerweise waren die Knochenmalmer selbst wild genug, um ihre Gegner in Angst und Schrecken zu versetzen. Aber Grom hatte seine Krieger vorbereitet. „Sie sind wie wilde Tiere“, hatte er sie gewarnt. „Sie sind stark und haben keine Angst vor Schmerz. Doch sie sind auch nicht sonderlich schlau, sie koordinieren ihre Angriffe nicht. Sie greifen einfach instinktiv an. Ihr seid die besseren Kämpfer. Konzentriert euch, achtet auf die Flanken, arbeitet mit euren Brüdern zusammen, und wir werden sie wie Grashalme ummähen.“ Seine Leute hatten gejubelt, und bislang schienen sie sich an seine Taktik zu halten. Aber er fragte sich, wie lange es noch dauern mochte, bis ihr eigener Blutrausch sie überwältigte und jeden klaren Gedanken beiseitefegte, so wie bei ihren Vettern vom Knochenmalmerklan.