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Und dann hörte Catherine es wieder und wusste, dass sie es nicht noch einmal ertragen konnte. Es begann mit einem leisen Summen, und dann kam eine laute Welle von Geräuschen auf sie zu. Es folgte ein plötzlicher Angstschrei, und er hallte wider und wider durch die Dunkelheit, und die anderen Geräusche wurden lauter und lauter, und in dem schwarzen Tunnel tauchte Licht auf, und sie hörte Stimmen rufen, und Hände streckten sich nach ihr aus und hoben sie auf, und sie wollte sie vor den Fledermäusen warnen, aber sie musste weiter schreien, weiter schreien ...

Noelle und Catherine

Athen 1946

Sie lag still und starr, damit die Fledermäuse sie nicht finden konnten, und lauschte auf das Schwirren ihrer Schwingen mit fest geschlossenen Augen.

Eine Männerstimme sagte: »Es ist ein Wunder, dass wir sie gefunden haben.«

»Wird sie sich wieder erholen?«

Das war Larrys Stimme.

Plötzlich überflutete Catherine neues Entsetzen. Es war, als ob ihr Körper von kreischenden Nerven erfüllt wäre, die sie drängten zu fliehen. Ihr Mörder war gekommen. Sie stöhnte: »Nein ...« Dann öffnete sie die Augen. Sie lag in ihrem Bett im Bungalow. Larry stand am Fußende des Bettes und neben ihm ein Mann, den sie noch nie gesehen hatte. Larry kam auf sie zu. »Catherine ...«

Sie zuckte zurück. »Fass mich nicht an!« Ihre Stimme war schwach und heiser.

»Catherine!« Larry sah tief besorgt aus.

»Schicken Sie ihn von hier fort«, flehte Catherine.

»Sie steht noch unter dem Schock«, sagte der Fremde. »Es ist vielleicht besser, wenn Sie im anderen Zimmer warten.«

Larry musterte Catherine einen Augenblick mit ausdruckslosem Gesicht. »Natürlich. Ich will nur ihr Bestes.« Er drehte sich um und ging hinaus.

Der Fremde trat näher. Er war ein kleiner dicker Mann mit freundlichem Gesicht und einem gewinnenden Lächeln. Er sprach englisch mit starkem Akzent. »Ich bin Doktor Kazomi-des. Sie haben ein sehr unerfreuliches Erlebnis hinter sich, Mrs. Douglas, aber ich versichere Ihnen, dass Sie sich wieder völlig erholen werden. Eine leichte Gehirnerschütterung und ein schwerer Schock, doch in wenigen Tagen sind Sie wieder ganz gesund.« Er seufzte. »Man sollte diese verdammten Höhlen schließen. Das war das dritte Unglück in diesem Jahr.«

Catherine wollte den Kopf schütteln, ließ es aber, weil er heftig zu schmerzen begann. »Es war kein Unglück«, sagte sie mit belegter Stimme. »Er hat versucht, mich zu töten.«

Er sah auf sie hinab. »Wer hat versucht, Sie zu töten?« Ihr Mund war ausgetrocknet und ihre Zunge geschwollen. Es fiel ihr schwer, die Worte herauszubringen. »M-mein Mann.«

»Nein«, widersprach er.

Er glaubte ihr nicht. Catherine schluckte und versuchte es noch einmal. »Er – er ließ mich in der Höhle zurück, damit ich sterbe.«

Er schüttelte den Kopf. »Es war ein Unglücksfall. Ich gebe Ihnen eine Spritze, und wenn Sie aufwachen, werden Sie sich viel wohler fühlen.«

Eine Welle der Angst durchflutete sie. »Nein!« flehte sie. »Begreifen Sie denn nicht? Ich werde nie wieder aufwachen. Bringen Sie mich von hier fort. Bitte!«

Der Arzt lächelte ihr aufmunternd zu. »Ich habe Ihnen gesagt, dass es Ihnen bald wieder gut gehen wird, Mrs. Douglas. Was Sie brauchen, ist ein guter langer Schlaf.« Er griff in seine schwarze Ärztetasche und suchte nach einer Spritze.

Catherine versuchte sich aufzusetzen, aber ein schneidender Schmerz schoss ihr durch den Kopf, und im gleichen Augenblick war sie schweißgebadet. Sie fiel aufs Bett zurück, und in ihrem Kopf hämmerte es unerträglich.

»Sie dürfen sich noch nicht bewegen«, sagte Dr. Kazomides. »Sie haben Entsetzliches durchgemacht.« Er nahm die Spritze heraus, zog eine bernsteingelbe Flüssigkeit auf und wandte sich ihr zu. »Drehen Sie sich bitte um. Wenn Sie erwachen, werden Sie sich wie neu geboren fühlen.«

»Ich werde nicht mehr erwachen«, flüsterte Catherine. »Er wird mich im Schlaf ermorden.«

Das Gesicht des Arztes verriet Besorgnis. Er trat zu ihr. »Drehen Sie sich bitte um, Mrs. Douglas.«

Sie starrte ihn abweisend an.

Behutsam drehte er sie auf die Seite, schob ihr Nachthemd hoch, und sie spürte den scharfen Einstich an ihrer Hüfte. »Schon passiert.«

Sie rollte sich auf den Rücken zurück und flüsterte: »Jetzt haben Sie mich umgebracht.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

»Mrs. Douglas«, sagte der Arzt ruhig. »Wissen Sie, wie wir Sie gefunden haben?«

Sie wollte den Kopf schütteln, erinnerte sich aber an den Schmerz. Seine Stimme klang sanft. »Ihr Mann hat uns zu Ihnen geführt.«

Sie starrte ihn verständnislos an, begriff nicht, was er sagte.

»Er schlug die falsche Richtung ein und verirrte sich in der Höhle«, erklärte er. »Als er Sie nicht wieder finden konnte, geriet er außer sich. Er alarmierte die Polizei, und wir organisierten auf der Stelle einen Suchtrupp.«

Sie sah ihn an. Sie verstand immer noch nicht. »Larry ... hat Hilfe holen lassen?«

»Er war in einer scheußlichen Verfassung. Er machte sich die größten Vorwürfe.«

Sie lag da und versuchte zu begreifen, versuchte, sich auf diese neue Kenntnis einzustellen. Wenn Larry sie hätte töten wollen, hätte er keinen Suchtrupp organisiert und hätte nicht um ihre Sicherheit gebangt. Sie geriet in schreckliche Verwirrung. Der Arzt beobachtete sie mitfühlend.

»Sie werden jetzt schlafen«, befahl er ihr. »Ich komme morgen früh wieder, um nach Ihnen zu sehen.«

Sie hatte geglaubt, der Mann, den sie liebte, sei ein Mörder. Sie wusste, dass sie es Larry sagen und ihn um Verzeihung bitten musste, aber ihr Kopf wurde immer schwerer, und wieder und wieder fielen ihr die Augen zu. Ich sage es ihm später, dachte sie, wenn ich aufwache. Er wird verstehen und mir verzeihen. Alles wird wieder wundervoll, wie es war ...

Sie wurde von einem plötzlichen scharfen Krachen geweckt und riss die Augen auf. Ihr Puls raste. Stürmischer Regen prasselte gegen das Schlafzimmerfenster, und ein aufzuckender Blitz erhellte alles mit einem blassen bläulichen Licht, in dem das Zimmer wie ein überbelichtetes Farbfoto aussah. Der Wind krallte sich an das Haus, versuchte es von der Stelle zu jaulen, und der Regen knatterte auf das Dach und dröhnte gegen das Fenster wie tausend winzige Trommeln. Alle paar Sekunden folgte den Blitzen grollendes Donnerrollen.

Das Donnern hatte Catherine geweckt. Sie stützte sich auf und blickte auf die kleine Uhr neben dem Bett. Sie war benommen von dem Schlafmittel, das der Arzt ihr gegeben hatte, und sie musste die Augen zusammenkneifen, um die Zahlen auf dem Zifferblatt zu erkennen. Es war drei Uhr nachts. Sie war allein. Larry war sicher im anderen Zimmer und hielt, besorgt um sie, Nachtwache. Sie musste ihn sehen, um sich zu entschuldigen. Vorsichtig schob Catherine die Beine aus dem Bett und versuchte aufzustehen. Ihr wurde schwindlig, und sie drohte zu fallen. Sie klammerte sich an den Bettpfosten, bis die Welle verebbt war. Mit unsicheren Schritten schleppte sie sich zur Tür, ihre Muskeln waren steif, und das Dröhnen in ihrem Kopf wurde zu einem quälenden, schmerzenden Pochen. Einen Augenblick stand sie da, hielt sich an dem Türknauf, um sich zu stützen, dann öffnete sie die Tür und trat in den Wohnraum.

Larry war nicht da. In der Küche brannte Licht, und sie ging schwankend darauf zu. Larry stand mit dem Rücken zu ihr in der Küche, und sie rief: »Larry!« Aber das Grollen des Donners übertönte ihre Stimme. Ehe sie noch einmal rufen konnte, kam eine Frau in ihr Blickfeld. Larry sagte: »Es ist gefährlich für dich, dass du« Der heulende Wind machte seine nächsten Worte unverständlich.