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Der Zug setzte sich in Bewegung, an der Spitze der Kaiser mit Li Si und am Schluß Emma mit den beiden Freunden. Unter brausenden Hochrufen des Volkes ging es aus der Stadt hinaus, immer auf der geraden Straße, auf der Jim und Lukas einmal gekommen waren. So gelangten sie schließlich gegen Abend zur Mündung des Gelben Flusses, wo der Seehafen lag.

An der Mole lagen zwei große Segelschiffe. Matrosen kletterten in der Takelage herum, und andere zogen mit „Ho ruck! Hoooo ruck!" riesige Segel in die Höhe. Eines der beiden Schiffe war schon fast fertig zur Abfahrt und mußte nur noch auf günstigen Wind warten. Bei Einbruch der Dunkelheit sollte es mit den Kindern davonsegeln, um sie in ihre Heimatländer zu bringen. Das andere Schiff hatte noch keine Segel gesetzt. Dort waren die Matrosen noch mit dem Einladen des Proviants beschäftigt. Es war sehr viel schöner und prächtiger als das andere. An seinem haushohen Bug war eine große goldene Figur zu sehen, die ein Einhorn darstellte. Links und rechts daneben war folgender Name aufgemalt:

Pung Ging

So hieß ja der Kaiser von China. Also war das wohl das Staatsschiff, das am nächsten Morgen nach Lummerland in See stechen sollte.

Als die Sonne untergegangen war, begann plötzlich ein sanfter, aber anhaltender Wind vom Lande her zu wehen. Der Kapitän des Kinderschiffes, ein lustiger alter Seebär mit einer runden, roten Nase, kam von seinem Schiff herunter und meldete, daß alles zur Abfahrt bereit sei.

Der Kaiser rief seine kleinen Gäste zusammen und sagte:

„Meine lieben Freunde und Freundinnen! Mit Bedauern vernehme ich, daß die Stunde der Trennung geschlagen hat. Es war eine große Freude für mich, euch alle kennenzulernen. Ich wünschte, wir könnten noch eine Weile zusammenbleiben, aber ihr wollt in eure fernen Heimatländer, und das ist durchaus verständlich, wenn man bedenkt, wie lange ihr schon von zu Hause fort seid. Grüßt eure Eltern, Verwandten und Freunde von mir und schreibt bald, ob ihr gut angekommen seid. Und wenn ihr Lust habt, dann besucht mich doch bald einmal wieder. Vielleicht in den nächsten großen Ferien, ja? Ihr seid jederzeit herzlich willkommene Gäste. Und was die dreizehn Piraten betrifft, die euch geraubt haben, so könnt ihr ganz beruhigt sein. Sie werden ihrer gerechten Strafe nicht entrinnen. Ich werde in nächster Zeit ein Kriegsschiff ausrüsten, das sie gefangen nehmen wird. Und nun lebt wohl, meine Lieben!"

Danach ergriff Lukas das Wort.

„Tja, Leute", sagte er und paffte heftig, „ich kann nicht viele Worte machen. Tut mir leid, daß wir uns schon wieder trennen müssen, aber es ist ja nicht für immer -"

„Bestimmt nicht!" rief der kleine Indianerjunge dazwischen.

„Schreibt Jim und mir auch mal eine Ansichtspostkarte, damit wir sehen, wie es bei euch zu Hause ist. Und wenn ihr uns besuchen wollt, dann kommt nur nach Lummerland. Wir freuen uns. Und jetzt also gute Fahrt und auf baldiges Wiedersehen!"

Nun gab es ein allgemeines Händeschütteln und Abschiednehmen, und jedes Kind bedankte sich noch einmal bei Jim und Lukas, und natürlich auch bei der guten dicken Emma, für die Rettung und beim Kaiser von China für seine Freundlichkeit. Dann gingen die Kinder unter Führung des Kapitäns an Deck ihres Schiffes. Als alle oben an der Reling standen, begann im Hafen ein ungeheures Feuerwerk. Das war eine Überraschung, die der kleine Ping Pong sich ausgedacht hatte. Die Raketen stiegen meilenhoch in den Nachthimmel und sprühten und leuchteten in den märchenhaftesten Farben. Dazu spielte eine chinesische Musikkapelle ein Abschiedslied. Und die Wellen des Meeres rauschten wunderbar dazu. Dann wurde der Anker gelichtet und das Schiff setzte sich langsam und majestätisch in Bewegung. Alle riefen „Auf Wiedersehen!" und winkten. Jeder war gerührt und hatte Tränen in den Augen. Am meisten heulte natürlich Emma, obgleich sie wie gewöhnlich nicht ganz verstand, was eigentlich los war. Sie hatte eben ein sehr zartes Gemüt und war ganz erheblich gerührt, einfach so.

Langsam glitt das Schiff auf das nächtliche Meer hinaus und entschwand den Blicken der Zurückbleibenden. Jetzt lag der Hafen plötzlich ganz still und verlassen da.

„Es scheint mir das beste", schlug der Kaiser vor, „wenn wir heute nacht schon an Bord unseres Schiffes schlafen. Es sticht morgen noch vor Tagesgrauen in See, und wenn wir jetzt schon an Bord gehen, dann brauchen wir nicht so früh aufzustehen. Beim Frühstück sind wir schon weit draußen auf dem Meer."

Die beiden Freunde und die kleine Prinzessin waren natürlich sofort einverstanden.

„Dann wollen wir jetzt von Ping Pong, meinem Oberbonzen, Abschied nehmen", meinte der Kaiser.

„Ja, fährt er denn nicht mit?" fragte Jim.

„Das geht leider nicht", antwortete der Kaiser. „Jemand muß mich doch während meiner Abwesenheit vertreten. Ping Pong ist der Richtige dazu. Er ist zwar noch sehr klein, aber schon sehr fähig, wie ihr gesehen habt. Außerdem nehme ich nicht an, daß sich während meiner Reise hier sehr viel ereignen wird. Ping Pong kann ja ein anderes Mal nach Lummerland fahren, diesmal soll er für mich regieren."

Aber der winzige Oberbonze war nirgends zu entdecken. Sie suchten den ganzen Hafen nach ihm ab, und schließlich fanden sie ihn. Er saß in einer der kleinen Kutschen und war, von den ungeheuren Anstrengungen des Tages erschöpft, fest eingeschlafen.

„Höre, Ping Pong", sagte der Kaiser sanft.

Der Oberbonze fuhr auf, rieb sich die Augen und fragte etwas weinerlich: „Ja - bitte - ist etwas nicht in Ordnung?"

„Es tut mir leid, daß ich dich wecken muß", fuhr der Kaiser lächelnd fort. „Wir möchten uns nur von dir verabschieden. Du wirst mich während meiner Abwesenheit vertreten. Ich weiß, daß ich mich auf dich verlassen kann."

Ping Pong verneigte sich tief vor dem Kaiser und der kleinen Prinzessin. Dabei fiel er vor lauter Verschlafenheit beinahe um. Jim konnte ihn gerade noch halten. Er schüttelte ihm die winzige Hand und sagte:

„Besuch uns auch bald mal, Ping Pong!"

„Und grüße Herrn Schu Fu Lu Pi Plu von uns!" fügte Lukas hinzu.

„Sehr gern", murmelte Ping Pong, dem die Augen schon wieder zufielen. „Gewiß werde ich das tun - ich werde alles tun - alles - sobald meine Pflichten - oh, ihr ehrenwerten Lokomotivführer - lebt über alle Maßen wohl - und - und - und -" Dabei gähnte er und piepste: „Entschuldigt bitte, aber ihr wißt ja, ein Säugling in meinem Alter…"

Damit war er eingeschlafen, und sein leises Schnarchen hörte sich an wie das Zirpen einer Grille.

Als die beiden Freunde mit Li Si und dem Kaiser auf ihr Schiff gingen, fragte Lukas:

„Meinen Sie, daß Ping Pong den Regierungsgeschäften gewachsen ist?"

Der Kaiser nickte lächelnd:

„Ich habe alles vorbereitet. Es kann nichts passieren. Es soll eine Auszeichnung für den kleinen Oberbonzen sein, weil er so tüchtig war."

Dann schauten sie noch nach, ob Emma, die die Matrosen inzwischen auf das Schiff transportiert hatten, auch gut untergebracht war. Sie stand auf dem Hinterdeck und war mit Seilen fest angebunden, damit sie nicht herunterrollen konnte, wenn das Schiff auf den Wellen schaukelte. Sie schlief auch schon und schnaufte leise und regelmäßig vor sich hin.

Es war alles in bester Ordnung.

Also wünschten die beiden Freunde dem Kaiser und Li Si eine gute Nacht, dann gingen sie alle in ihre Kajüten und legten sich schlafen.

Als sie am nächsten Morgen erwachten, schwamm das Schiff schon weit draußen auf dem Meer. Es war strahlendes Wetter. Ein kräftiger, anhaltender Wind blähte die riesigen Segel. Wenn es so blieb, dann würde die Rückfahrt nach Lummerland nicht einmal halb so lange dauern wie damals die Reise auf der Emma nach China.