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»Hat dir der Film gefallen, Adam?«

»Ich fand ihn richtig gut. Einen besseren gibt es nicht.«

»Ob er mich ein bisschen unsterblicher macht, was meinst du?«

»Ganz bestimmt.«

Er nickte und schloss die Augen.

»Stimmt das«, fragte ich, »was du ihm von seiner Tochter erzählt hast?«

»Sie ist wohlbehalten in Montreal, dafür habe ich gesorgt.«

»Das war eine gute Tat.«

»Es mildert den Ruch von Krieg und Tod. Mein kleines Opfer, das ich dem Gewissen dargebracht habe. Meinst du, es war gut genug?«, fragte er, und seine fiebrigen Augen suchten Magnus.

»Das Gewissen ist nicht kleinlich«, sagte Magnus. »Gott nimmt fast jedes Opfer an, und deines war großzügig.«

»Danke, dass du gekommen bist, Adam«, sagte Julian, der zusehends müder wurde. »Aber du solltest dich jetzt besser aufmachen. Die Goldwing wartet nicht, und das Feuer breitet sich aus.«

»Der Wind trägt glühende Asche über den Kanal. Das Haus wird bald Feuer fangen.«

»Ein Grund mehr, dich zu beeilen«, meinte Julian.

Doch keiner von beiden rührte sich vom Fleck, und ich konnte ihnen nicht den Rücken kehren.

»Ich war wohl kein guter Präsident«, sagte Julian so leise, dass man ihn kaum verstand.

»Aber du warst ein guter Freund.«

»Pass auf Flaxie auf, Adam Hazzard. Schreit sie da? Ich möchte jetzt schlafen, nur noch schlafen.«

Er schloss die Augen und nahm keine Notiz mehr von mir. Ich dankte Magnus, drehte mich um und verließ die stille, wabernde Kirche mit den leeren Bänken.

Ich trat in die flackernde, brenzlige Nacht hinaus und verabschiedete mich von Lymon Pugh. Lymon drückte mir ein letztes Mal die Hand — Julian tue ihm leid, er wünsche uns alles Gute im Ausland. Dann ritt er stadtaufwärts, ein einsamer Reiter auf einer verwaisten Straße, auf der es von herbeigewehten, glühenden Ascheflocken wimmelte.

Gegen Mitternacht erreichte ich den Kai, wo die Goldwing noch vor Anker lag. Ich schnallte die Satteltaschen ab und überließ das gesattelte Rassepferd einer vorbeikommenden ägyptischen Familie, die sich von nun an vermutlich zu den Schwerreichen zählte. Ich ging an Bord und suchte unsere Kabine auf; Calyxa deckte soeben Flaxie zu. Sie war ziemlich ungehalten und wollte wissen, wo ich so lange gewesen sei; ich nahm sie wortlos in die Arme und heulte mich an ihrer Schulter aus.

10

Im Morgengrauen, als die Flammen den Hafen erreichten, legte die Goldwing ab. Sie fuhr durch die Narrows und ankerte in der Lower Bay, um auf eine günstige Brise zu warten. Eine strahlende Dezembersonne prangte am Himmel.

Wir sahen den Rauch aus der Stadt steigen. Die Flammen verschlangen Lower Manhattan fast bis hinauf zum Palastgelände, bevor der Wind das Feuer auf sich selbst zurückwarf. Der Rauch stieg in einer riesigen, schrägen Säule in den Himmel, bis er von der oberen Luftschicht erfasst und über das Meer gefächert wurde. Ich hatte den makabren Einfall, diese Wolke aus Asche und Ruß enthalte — nein, müsse aus wissenschaftlicher Sicht Partikel meines Freundes Julian enthalten. Seine Atome, meine ich, umgeformt und keimfrei gemacht durch das Feuer, um schließlich über einem gleichgültigen Meer abgeregnet zu werden.

Der Gedanke schmerzte; aber ich glaube, er hätte Julian gefallen, denn er war philosophischer Natur — er war jedenfalls so philosophisch, wie ein Gedanke von mir nur sein konnte.

Gegen Mittag entschied sich unser Kapitän, die Fahrt anzutreten. Diese Entscheidung löste eine Reihe von Maßnahmen aus: Anker lichten, Segel setzen, Seilwinden drehen und etliches mehr. (Die Goldwing besaß nur eine kleine Dampfmaschine für präzisere Manöver. Auf hoher See war sie ein Schoner und auf Wind angewiesen.) Calyxa und ich überließen Flaxie einem Kindermädchen und stiegen aufs Achterdeck, um zuzusehen, wie die Segel gesetzt wurden; Sam und Julians Mutter waren bereits da, und wir vier gesellten uns zueinander — ohne viel zu sagen, denn wir teilten einen unsäglichen Schmerz.

»Spill bespaken!« — »Anker kurzstag holen!« Die Befehle des Kapitäns wurden die Befehlskette hinunter- und die Rückmeldungen die Befehlskette hinaufgebrüllt. Die Sonne heizte das Deck auf und ließ die Planken dampfen.

Sam trat an die Heckreling und blickte auf die brennende Stadt zurück. Wir kamen dazu, schon um den emsigen Seeleuten aus dem Weg zu gehen. Die Toppsegel waren ausgeschüttet, angeholt und säuberlich gehisst. Die Goldwing regte sich ein wenig, gerade so wie ein Lebewesen, das sich im Schlaf bewegt.

Sam wandte sich an Emily. »Hältst du es für angebracht«, fragte er, »… angemessen, meine ich … ähm … ein Gebet …?«

»Aber sicher«, sagte sie und nahm seine einzige Hand in ihre Hände.

»Eins von meinen Gebeten, meine ich.«

»Ja, Sam«, sagte sie. »Hier ist weit und breit kein Dominion, das uns bestrafen könnte, und die Crew hat bestimmt schon merkwürdigere Dinge vernommen — die Hälfte besteht aus europäischen Heiden.«

Sam nickte und fing an, das Gebet für Julian zu sprechen; er musste es in frühester Kindheit gelernt und nicht wieder vergessen haben. Die gebrüllten Befehle und Rückmeldungen überlagerten den feierlichen Singsang. Salzwasser klatschte an die Holzverschalung des Schiffes, und über uns schrien die Möwen.

Er hielt den Kopf geneigt. »Yit gid-all«, psalmodierte er, »va-yit ka-dash …«

»Klüver und Fallen besetzen!«, kam das nächste Kommando des Kapitäns, das vom Maat weitergebrüllt wurde. Die Matrosen schwärmten in die hohe Takelage.

»… Smay ra-bah balma div-ray …«

»Anker lichten! Stopp, und sperrt das Spill! Anker katten und fischen!«

»… Hero-tay ve-am-lik mal ha-tay …«

»Steuer nach backbord!«

Die Goldwing setzte sich hurtig in Bewegung.

»… Bu-chaw yay honey vi-ormy chon …«

»Ausholer besetzen! Geien los und Geeren los!«

»… Of chay-yed whole bate yis-royal by agula you viz man ka-reef …«

»Vorder- und Hauptbrassen besetzen! Loslassen und anholen! Anholen jetzt, anholen feste, ANHOLEN!«

»… vim roo ah-main«, sagte Sam; und »Amen«, sagte auch Emily; und Calyxa sagte »Amen«; und ich auch.

Dann standen wir an der Reling und sahen zu, wie sich Amerika über den westlichen Horizont davonstahl.

Epilog

(Frühling 2192)

»Doubts of all things earthly, and intuitions of some things heavenly; this combination makes neither believer nor infidel, but makes a man who regards them both with equal eye.«[121]

— Mr. Herman Melville (in einem Werk, das Julian Comstock aus dem Dominion-Archiv befreit hat)

Mit diesem Buch habe ich die Absicht verfolgt, Leben und Werdegang des Julian Comstock wahrheitsgetreu und authentisch darzustellen — nur wo die Wahrheit ungewiss oder unerreichbar war, habe ich nach besten Kräften dramatisiert; und ich lege meinen Federhalter in einer Mischung aus Stolz und Scham und Liebe und Gewissensbissen aus der Hand.

Sechzehn Jahre sind seit diesen Ereignissen vergangen.

Im taufrischen Jahr 2176 ging die Goldwing unbehelligt im Hafen von Marseille vor Anker; und obwohl wir Fremde im mediterranen Frankreich waren und von uns nur Calyxa Französisch sprach — und das mit einem Akzent, der Einheimische blinzeln oder die Lippen schürzen ließ —, sind wir hier gut vorangekommen. Das Wetter ist im Großen und Ganzen freundlich. Die Bevölkerung ist bunt gemischt, aber friedlich. — Moslems und Christen rivalisieren zwar miteinander, haben sich aber seit Jahrzehnten nicht mehr nach dem Leben getrachtet (mit wenigen Ausnahmen).

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121

»Zweifel an allen irdischen Dingen und ein intuitives Wissen um ein paar himmlische Dinge; diese Kombination macht niemanden gläubig oder ungläubig, aber sie befähigt, Gläubige und Ungläubige unparteiisch zu betrachten.«