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»Warum erheben wir keine Einwände gegen diese ungeheuer kostspielige Verschwendung von Geldmitteln und Anstrengungen?«, fragte Beech rhetorisch. »Weil wir von der Neuen Ethik und ähnlichen gottesfürchtigen Organisationen in anderen Ländern es für zweckmäßig halten, einen Kompromiss mit der Internationalen Astronautischen Behörde und den globalen finanziellen Machtstrukturen zu schließen.«

»Kompromiss?«, überlegte Grant laut.

»Es geht um die Fusion«, sagte Beech. »Thermonukleare Fusion. Das wirtschaftliche Wohlergehen der Menschheit hängt von Kraftwerken ab, die mit Fusionsenergie arbeiten. Ohne diese würde die Menschheit in die Armut und das Chaos und die Korruption zurücksinken, die in früheren Jahren zu Kriegen und Terrorismus führten. Mithilfe der Fusionsenergie heben wir den Lebensstandard sogar der Ärmsten der Armen und bringen Hoffnung und Rettung bis in die trostlosesten Winkel.«

Grant glaubte zu verstehen. »Und das Brennmaterial für die Fusionsreaktoren — die Wasserstoff- und Heliumisotopen — kommen vom Jupiter.«

»Das ist richtig«, sagte Beech und nickte ernst. »Die ersten Fusionsreaktoren wurden neben Wasserstoff mit Tritium betrieben, das aus Lithium erbrütet werden musste, aber das war zu kostspielig. Die Jupiteratmosphäre ist voll von Tritium. Unbemannte automatisierte Sammlerschiffe verdichten die Isotopen an Ort und Stelle und bringen das Tritium tonnenweise zur Erde.«

»Aber was hat das mit der wissenschaftlichen Forschung zu tun, die in der Jupiterstation betrieben wird?«, fragte Grant.

Beech breitete die Hände aus. »Als wir von der Neuen Ethik darauf hinwiesen, dass das für diese Wissenschaftler ausgegebene Geld besser hier auf Erden eingesetzt werden sollte, verlangten die Anthropozentriker der IAB und der großen Finanzinstitute unserer globalisierten Wirtschaft, dass die Forschungen fortgesetzt werden müssten. Sie lehnten die Einstellung der von ihnen finanzierten Forschungsaktivitäten rundweg ab.«

Gut, dachte Grant.

»Also wurde ein Kompromiss erzielt: die Wissenschaftler können ihre Arbeit fortsetzen, solange sie aus den durch den Betrieb der Sammlerschiffe erzielten Gewinnen finanziert werden kann.«

»Der Betriebsstoff für die Fusionsreaktoren finanziert die Forschungsarbeiten«, sagte Grant.

»Ja, so ist es in den letzten zehn Jahren gehandhabt worden.«

»Aber was hat dies alles mit mir zu tun? Warum schicken Sie mich zum Jupiter?«

»Wir wissen, was die Wissenschaftler auf den Jupitermonden tun. Aber letztes Jahr schickten sie eine Sonde in den Planeten selbst.«

»Sie schicken viele Sonden zum Jupiter«, erwiderte Grant.

»Diese war bemannt«, sagte Beech.

Grant stockte der Atem. »Eine bemannte Sonde? Sind Sie sicher? Ich habe nie etwas darüber gehört.«

»Wir auch nicht. Sie taten es insgeheim.«

»Nein! Wie konnten …?«

»Darum werden Sie zur Jupiterstation geschickt. Um in Erfahrung zu bringen, was diese Gottlosen damit zu erreichen suchen«, erklärte Beech.

»Ich? Sie wünschen, dass ich ihnen nachspioniere?«

»Wir müssen wissen, was sie tun — und warum sie ihre Aktivitäten nicht melden, nicht einmal der IAB.«

»Aber ich bin kein Spion. Ich bin Student!«

Beechs ernster Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Mr. Archer, ich bin überzeugt, dass Sie gleichzeitig ein Student der Naturwissenschaften und gläubig sein können.«

»Ja! Es gibt keinen fundamentalen Konflikt zwischen Wissenschaft und Glauben.«

»Vielleicht. Aber in der Jupiter-Forschungsstation arbeiten Wissenschaftler an etwas, das sie uns verheimlichen. Und wir müssen herausfinden, was dort gespielt wird und was sie vorhaben!«

»Aber … warum ich?«

»Gottes Wege sind unerforschlich, junger Freund. Sie sind ausgewählt worden. Finden Sie sich damit ab.«

»Es wird mein Leben ruinieren«, wandte Grant ein. »Vier Jahre getrennt von meiner Frau, vier Jahre für weiß Gott was vergeudet. Ich werde nie zu meinem Doktorat kommen!«

Beech nickte. »Es ist ein Opfer, das ist mir klar. Aber es ist ein Opfer, das Sie dem Himmel mit Freuden darbringen sollten. Außerdem sind Sie jung und haben das Leben noch vor sich. Sie werden Ihr Studium eben ein paar Jahre später abschließen. Aufs Ganze gesehen macht es nicht viel aus.«

»Sie können das leicht sagen. Ich bin derjenige, dessen Leben auf den Kopf gestellt wird.«

»Ich glaube, ich muss Ihnen etwas erklären«, sagte Beech und klopfte mit einer Fingerspitze auf den Schreibtisch. »Haben Sie eine Vorstellung davon, wie die Welt aussah, bevor die Neue Ethik und ähnliche Organisationen in den meisten Ländern politische Macht errangen?«

Grant rückte unbehaglich auf seinem Stuhl. »Es gab viele Probleme …«

Beech spuckte ein einziges, scharfes »Hah!« aus. Grant bemerkte, dass die Farbe seiner Augen der eines Löwen glich. Und er starrte Grant an, wie ein Löwe eine Gazelle beobachtet.

»Ich meine, wirtschaftlich, sozial …«

»Die Welt war ein Sumpf!«, fauchte Beech. »Überall Korruption. Verfall der Werte, keinerlei moralische Vorbilder. Die Politiker bloße Marionetten mächtiger Interessengruppen. Täuschten die Wähler mit Medienspektakeln und oberflächlicher Popularitätshascherei, während die wahren Probleme der Menschen und Völker ungelöst blieben.«

»Die Kluft zwischen arm und reich wurde immer weiter«, sagte Grant in Erinnerung an seinen Schulunterricht.

»Und das führte zu Verbrechen, Terrorismus, Kriegen«, fuhr Beech mit leicht erhobener Stimme fort. »Rassenunruhen und Bürgerkriege überall auf der Welt. Terroristen mit biologischen Waffen.«

»Die Katastrophe von Kalkutta«, sagte Grant.

»Drei Millionen Tote.«

»Und Sao Paulo.«

»Weitere zwei Millionen.«

Grant hatte die Videos in der Schule gesehen: Leichenhaufen auf den Straßen, Militär und Feuerwehr in Schutzanzügen gegen die tödlichen biologischen Kampfstoffe in der Luft.

»Regierungen waren gelähmt, unfähig zu handeln«, sagte Beech. »Bis der Geist Gottes in die Korridore der Macht zurückkehrte.«

»Es war beinahe wie ein Wunder, nicht wahr?«, sagte Grant.

Beech schüttelte den Kopf. »Kein Wunder. Harte Arbeit und entschlossenes Handeln von ehrlichen, gottesfürchtigen Menschen. In allen Teilen der Welt übernahmen wir die Regierungsgewalt, die Neue Ethik, das Licht Allahs, die Jünger Gottes in Europa.«

»Die Bewegung des Neuen Dao in Asien«, ergänzte Grant.

»Richtig, ja«, sagte Beech. »Und warum waren wir erfolgreich in unserem Bemühen, die unverzichtbaren Werte der Religion, moralische Kraft und Weisheit in der politischen Arena wieder zur Geltung zu bringen? Weil Religion ein digitales System ist.«

»Digital?«

»Digital. Religiöse Gebote beruhen auf moralischen Prinzipien. Es gibt Recht und es gibt Unrecht. Nichts dazwischen. Nichts! Kein Spielraum, der den Politikern erlaubt, sich durchzuschlängeln. Recht oder Unrecht, schwarz oder weiß, ein oder aus. Digital.«

»Darum hatte die Neue Ethik Erfolg, wo andere Reformbewegungen scheiterten«, meinte Grant mit neuem Verständnis.

»Genau. Darum gelang es uns, die vom Verbrechen heimgesuchten Straßen unserer Städte zu säubern. Darum gelang es uns, all diesen Gruppierungen, die unter dem Deckmantel einer so genannten Moralität unentwegt Rechte für ihr hedonistisches und sündhaftes Treiben einforderten, ohne von Pflichten etwas wissen zu wollen, ein Ende zu machen. Darum konnten wir dem Land und der ganzen Welt Ordnung und Stabilität bringen.«

Grant musste zugeben, dass die Menschheit nach allem, was er an Geschichte gelernt hatte, mit gottesfürchtigen, moralisch rechtschaffenen Regierungen an der Macht weit besser daran war, als sie es in den alten Tagen der Korruption und Zügellosigkeit gewesen war.