In dieser Schicht überwachte er auch die Sensoren, und hier kostete es ihn einige Mühe, sich nicht vom ständig wirbelnden Strom der organischen Partikel hypnotisieren zu lassen. Es war faszinierend, beruhigend und so einschläfernd, dass er Gefahr lief, die Triebwerke und die Kopfschmerzen zu vergessen, die hinter seinen Augen pochten.
Was war das?
Ein aufblitzender Schimmer von etwas. Zuerst glaubte Grant, er habe es sich eingebildet, doch dann sah er es wieder durch die multispektralen Kameras der Sensoren. Etwas glitzerte im Strom der organischen Partikel, kleiner als die Masse dieser Stoffe, reflektierte das Licht von den Bugscheinwerfern der Tauchsonde.
Ohne ein Wort zu sagen, öffnete Grant die Eintrittsöffnungen der Probennehmer, um einige der Partikel anzusaugen. Die meisten waren der gleiche Stoff, dem sie die ganze Zeit gefolgt waren, aber diese neuen Partikel … er fragte sich, was sie sein könnten.
Die Probennehmer fingen etwas von dieser Substanz auf und führten sie automatisch der Analyse durch Gaschromatographen und Massenspektrometer zu. Fast ohne Verzögerung empfing sein Gehirn die Daten. Er sah Diagramme, Photomikrographien, chemische Formeln.
Kohlenstoff. Nichts als Kohlenstoff. Durch den Druck kristallisiert. Dann traf ihn die Erleuchtung.
»Diamanten!«, platzte er heraus.
O'Hara, die neben ihm stand, wandte den Kopf. »Was sagten Sie?«
»Diese kleineren Partikel, die glitzernden … es sind winzige Diamanten!«
»Nein!«
»Doch, wirklich«, sagte Grant. »Rufen Sie die Analyse ab. Es ist reiner kristallisierter Kohlenstoff. Diamanten.«
»Ach du lieber Himmel«, sagte O'Hara.
Krebs, die mit allem anderen auch die Analyseausrüstung überwachte, sagte: »Glückwunsch, Mr. Archer, Sie haben eine Diamantenmine entdeckt.«
»Wir könnten einige mitnehmen«, sagte Grant. Er grinste zum ersten Mal seit Tagen.
»Ach, aber sie sind zu klein, um als Schmuck zu dienen«, meinte O'Hara traurig. »Mikroskopisch, sehen Sie nicht?«
»In Anbetracht der Kosten dieser Mission«, bemerkte Krebs hinter ihnen, »werden sie die teuersten Diamanten sein, die je gefunden wurden.«
Das dämpfte Grants Stimmung beinahe vollständig. Er wandte sich wieder der Überwachung der Sensoren zu. Trotzdem, dachte er bei sich, Ströme von Diamanten, die im Jupiterozean fließen. Ein Schneetreiben von Diamanten. Es fragt sich, ob die Jovianer zu schätzen wissen, was Gott ihnen schenkt?
Nahezu sechsunddreißig Stunden kreuzten sie in neunzig Kilometern Tiefe. Die Tauchsonde ächzte und knarrte, die Beschwerden der Besatzung nahmen mehr und mehr zu. Karlstad murrte ständig; sogar Muzorawa schien eine schwierige Zeit durchzumachen, obwohl er alle Unannehmlichkeiten in stoischer Ruhe hinnahm und sich nicht beklagte. Keine Spur von Jovianern; nichts im Ozean schien sich zu bewegen, nur die Ströme von Partikeln, die ständig vorüberzogen.
Während dieser ganzen Zeit blieb Krebs auf der Brücke, voll verbunden mit allen Bordsystemen. Grant und die anderen nahmen ihre Ruheperioden wahr, versuchten ein paar Stunden Schlaf zu finden, injizierten Analgetika in die Ventilöffnungen ihrer intravenösen Nahrungsschläuche, um den ständigen Schmerz und Druck zu lindern. Krebs aber blieb wach und im Dienst.
»Captain«, sagte Karlstad schließlich, »als Spezialist für lebenserhaltende Systeme und so etwas wie ein Ersatzmediziner muss ich Sie daran erinnern, dass Sie seit mehr als zwei Tagen ohne Ablösung Dienst tun.«
»Danke, Dr. Karlstad«, erwiderte Krebs mit unüberhörbarer Ironie. »Sie haben mich erinnert. Nun nehmen Sie Ihren Platz ein und tun Sie Ihren Dienst.«
»Es ist meine Pflicht, Sie daran zu erinnern, dass Sie ruhen müssen«, sagte Karlstad mit besorgter Miene.
»Ich bin noch nicht reif für eine Ruhepause«, sagte Krebs mit fester Stimme. »Ich brauche sie nicht.«
Grant und O'Hara waren noch mit ihren Konsolen verbunden, aber bereit, ihre Freischicht anzutreten. Muzorawa wartete bei der Luke, die zu den Kojen führte.
Karlstad schwamm hinüber zu seiner Konsole und wies auf einen der kleinen Bildschirme. »Captain, es ist nicht meine fixe Idee. Es sind die Bestimmungen der Mission. Die medizinischen Monitore zeigen ein gefährliches Niveau von Ermüdungsgiften in Ihrem Blut. Ihre Reflexe sind verlangsamt. Puls und Atmung nähern sich dem roten Bereich.«
Krebs sagte nichts. Sie trieb in der Mitte des engen Brückenraums und musterte Karlstad mit finsterer Miene.
Muzorawa sagte in ruhigem Ton: »Captain, wenn Sie nicht ruhen, wird Ihr Zustand sich weiter verschlechtern. Die Bestimmungen verlangen, dass Sie das Kommando abgeben, wenn Ihre körperlichen Parameter …«
»Ich kenne die Bestimmungen!«, fauchte Krebs.
»Sie müssen ruhen, Captain«, sagte Muzorawa wie jemand, der einem Kind gut zuredet. »Selbst wenn es nur für eine Stunde ist.«
Grant dachte, sie wolle ihre Verbindungen nicht abschalten, weil sie süchtig sei, ähnlich wie eine Drogenabhängige.
Doch zu seiner Überraschung zerfloss Krebs' unheilvolles Stirnrunzeln in Niedergeschlagenheit. »Nun gut, wenn Sie darauf bestehen.«
»Es ist zu Ihrem Besten, Captain«, sagte Muzorawa.
»Ja, ich verstehe.« Krebs begann langsam die Steckanschlüsse abzuziehen. Alles geschah mit dem größten Widerwillen, wie es Grant schien. Keiner der anderen sagte ein Wort.
Als sie endlich frei von den faseroptischen Leitungen war, sagte sie verdrießlich: »Gut. Dr. Muzorawa, ich übergebe Ihnen die Verantwortung. Dr. Karlstad, wecken Sie mich in einer Stunde.«
»In einer Stunde«, sagte Karlstad. »In Ordnung.«
Sie stieß sich mit einer Hand von der Decke ab und schwamm zur Luke. Muzorawa war noch dort und sah überrascht aus, als Krebs direkt auf ihn zusteuerte.
Sie stieß voll mit ihm zusammen und prallte mit überraschtem Keuchen zurück, riss die Augen auf.
»Verzeihung, Captain«, sagte Muzorawa. Auch er sah erschrocken aus.
»Ich … ich bemerkte Sie dort nicht«, stotterte sie. Sie tastete nach dem Rand der Luke, bekam sie mit einer fleischigen Hand zu fassen, zog sich durch und schloss die Luke vernehmlich hinter sich.
Keiner sagte etwas.
Dann flüsterte Karlstad: »Mein Gott, sie ist blind!«
»Nein«, sagte O'Hara. »Das kann nicht sein.«
»Sie haben sie gesehen«, beharrte Karlstad. »Sie prallte direkt gegen Zeb. Sie sah ihn nicht! Das sagte sie selbst.«
»Darum möchte sie mit den Bordsystemen verbunden bleiben«, meinte Muzorawa nachdenklich. »Dann kann sie durch die Bordsysteme sehen.«
Karlstad nickte grimmig. »Aber wenn sie die Verbindung unterbricht, ist sie blind wie ein Maulwurf.«
9. VERWIRRUNG
»Jetzt stellt sich die Frage, was wir tun sollen«, sagte O'Hara.
»Es geht nicht, dass eine blinde Frau die Expedition leitet«, sagte Karlstad.
Muzorawa steckte die faseroptischen Verbindungen von seiner Konsole in die Beinkontakte. Als er sich aufrichtete, sagte er: »Aber sie ist nicht blind, wenn sie angeschlossen ist.«
Auch Karlstad begann sich anzuschließen. »Was immer der Schaden war, der die Okzipitallappen ihres Gehirns betroffen hat, er ist schlimmer geworden.«