Das Klappern harter Absätze auf den Bodenfliesen hörte sich wie Gewehrfeuer an. Mehrere Personen näherten sich mit schnellen Schritten, ungeduldig.
Der Plastikvorhang am Fußende von Grants Bett wurde an quietschenden Metallringen ruckartig beiseite gezogen. Ellis Beech stand dort, Verärgerung unübersehbar in seinem dunklen Gesicht. Ein jüngerer Mann stand dicht hinter ihm, blass im Gesicht, mit dünnem blondem Haar. Wie Beech trug auch er einen grauen Straßenanzug. Aber Grant starrte auf die andere Person in Beechs Begleitung: Tamiko Hideshi, gekleidet in ein schwarzes, bodenlanges Seidenkleid mit einem hohen Mandarinkragen. Ihr rundes Gesicht war ausdruckslos bis auf den schwelenden Groll in ihren dunklen Mandelaugen.
»Ich nehme an, Sie halten sich für einen Helden«, sagte Beech.
Grant blickte verständnislos die Stirn runzelnd von Tamiko zu ihm. Dann fiel es ihm ein. Die letzten zwei Datenkapseln, die sie von der Zheng He abgefeuert hatten, während die Tauchsonde mit letzter Anstrengung versucht hatte, der Anziehungskraft Jupiters zu entkommen und in eine Umlaufbahn einzutreten.
»Nein«, erwiderte Grant kopfschüttelnd. »Ich tat bloß, was getan werden musste.«
»Sie haben uns verraten!«, fauchte Hideshi.
»Ich teilte dem Rest der Menschheit neues Wissen mit. Wie kann das Verrat sein?«
In jenen verzweifelten Augenblicken, als er nicht gewusst hatte, ob die Sonde es schaffen oder in einem feurigen Absturz auf den Planeten zurückfallen würde, hatte Grant die Kapseln programmiert, dass sie ihre Daten auf der weitest möglichen Bandbreite senden sollten. Er hatte Dr. Wos Worte im Gedächtnis behalten: Dann senden wir die Information zur Erde. Zum Sitz der Internationalen Astronautischen Behörde, zu den wissenschaftlichen Organisationen der Vereinten Nationen, zu allen Nachrichtendiensten und Universitäten. Gleichzeitig. Wir machen unsere Bekanntgabe so laut und so umfassend, dass sie nicht übersehen oder unterdrückt werden kann.
Genau das hatte Grant getan. Er hatte alle Daten, die sie gesammelt hatten, auf allen verfügbaren Frequenzen zur Erde ausgestrahlt.
»Drei Schiffsladungen mit Leuten der Nachrichtenmedien sind unterwegs zu dieser Station«, sagte Beech mit zornbebender Stimme. »Jeder Wissenschaftler im Sonnensystem möchte hierher kommen, um Ihre gottlosen Wale zu studieren, um aus dem wahren Glauben ein Gespött zu machen …«
»Wie kommen Sie darauf, dass die Jovianer gottlos sind?«, unterbrach ihn Grant.
Er sagte es ruhig, aber seine Worte ließen Beech mitten im Satz abbrechen.
»Glauben Sie nicht, dass Gott sie schuf, genauso wie Er uns schuf?«, fragte Grant.
Beech starrte ihn finster an, sprachlos.
»Als wir unten in diesem Ozean waren, kieloben in die Tiefe sanken, betete ich zu Gott um Hilfe. Eines dieser Lebewesen nahm uns auf den Rücken und trug uns empor. Es erhörte mein Gebet.«
»Das ist Blasphemie!«, zischte der junge Mann hinter Beech. Er starrte Grant feindselig ins Gesicht.
»Nein«, erwiderte Grant. »Gott wirkte durch dieses riesenhafte jovianische Geschöpf. Das ist alles, was ich zu sagen versuche.«
Beech richtete einen langen, anklagenden Finger auf Grant. »Sie werden nichts darüber zu irgendjemandem sagen. Sie werden zu keinem der Journalisten und Reporter sprechen. Sie werden ohne Verbindung zur Außenwelt gehalten, bis wir entscheiden, was mit Ihnen zu tun ist.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und marschierte davon, gefolgt von Hideshi und dem schlanken jungen Mann. Alle stapften sie in militärischem Gleichschritt.
Grant schwang die Beine vom Bett und zog den Plastikvorhang zurück, der ihn von Karlstad trennte. Der saß aufrecht in seinem Bett, hatte seinen Taschencomputer und die Kopfhörer auf der Decke. Er sah normal aus, ohne erkennbare Spuren von Verletzungen.
»Ohne Verbindung zur Außenwelt«, sagte Grant. »Sie müssen verdammt aufgeregt darüber sein, was ich getan habe.«
Karlstad grinste ihm zu. »Wenn er meint, er könne die Nachrichtenleute von Ihnen fern halten, lebt er im Traumland.«
»Meinen Sie?«
Karlstad nickte schmunzelnd. »Sie werden der Liebling der Nachrichtenmedien sein, Grant. Der brillante angehende Wissenschaftler, der seine Besatzungskollegen tief in Jupiters kochender See vor dem Untergang rettete. Es wird einen Riesenrummel um Sie geben!«
»Die anderen«, sagte Grant. »Was ist mit ihnen? Zeb? Lane?«
»Laynie ist in Ordnung.«
»Aber sie brach zusammen.«
»Man hat kein permanentes physikalisches Trauma gefunden. Sie ist zur Beobachtung in der Frauenabteilung.« Er tippte mit dem Finger an die Wand hinter dem Kopfende seines Bettes.
»Und Zeb?«
Karlstads Gesicht wurde ernster. »Er hat Lungenblutungen. Durch den Druck muss Lungengewebe gerissen sein.«
»Ist er in Lebensgefahr? Bei Besinnung?«
»Sie haben seinen Zustand stabilisiert und ihn zur Erde geschickt. Sie meinen, dass er durchkommen wird.«
»Und wie geht es Krebs?«
Egon lachte wieder. »Dieser alte Vogel lässt sich nicht so leicht in die Pfanne hauen. Sie hatte eine Gehirnerschütterung, als sie gegen das Schott knallte. Ist jetzt auch in der Frauenabteilung, hilft aber schon unserem verehrten Direktor beim Abfassen von Berichten an die IAB.«
»Wie lange sind wir schon hier?«, fragte Grant.
»Drei Tage. Wie Christus aus dem Grab auferstand, so sind Sie nach drei Tagen im Tiefschlaf wieder erwacht.«
Grant runzelte die Stirn über Karlstads höhnische Pietätlosigkeit.
»Was immer davon zu halten ist«, fuhr Karlstad fort, »keiner von uns hat Verletzungen erlitten, abgesehen vom zeitweiligen Verlust unseres Gehörs.«
Grant vernahm noch immer den unangenehmen metallischen Nachhall jedes Wortes, das Karlstad aussprach. Vielleicht liegt doch ein dauernder Gehörschaden vor, dachte er. Aber das ist nicht so schlimm, bedenkt man, was hätte geschehen können.
»Warum behalten sie uns dann in der Krankenstation, wenn uns nichts weiter fehlt?«
»Aus zwei Gründen. Die Ärzte wollen sichergehen, dass wir gründlich ausruhen. Und Ihr Freund Beech möchte uns vom Rest des Stationspersonals fern halten.«
»Aber das ist doch lächerlich«, sagte Grant.
»Erzählen Sie das Ihrem Mr. Beech. Keiner von uns hat Erlaubnis, mit den Nachrichtenmedien zu sprechen. Bis die Journalisten hier eintreffen, wird Beech uns wahrscheinlich von der Station fortgeschafft haben. Er will uns unter Verschluss halten. Dauerhaft.«
»Aber Sie sagten …«
»Die Journalisten werden Sie finden, Grant. Ganz gleich, wo dieser widerliche Frömmler Sie versteckt, die Nachrichtenleute werden es herausbringen. Glauben Sie mir, ich weiß, wie die arbeiten.«
Grant sank zurück gegen den angehobenen Kopfteil seines Bettes und überlegte angestrengt. Sie konnten die Neuigkeiten nicht geheim halten. Er hatte sie in die ganze Welt hinausposaunt. Aber Beech und seine Truppe hatten die Macht, Grant und alle anderen Mitwisser zu bestrafen. Er war erbost, und würde alles tun, um eine Begegnung mit den Medien zu verhindern. Grant hoffte, dass Karlstad Recht hatte, aber es würde für keinen von ihnen einfach sein.
Den Rest des Tages verbrachte er mit den Botschaften, die sich angesammelt hatten. Es gab ein halbes Dutzend von Marjorie und beinahe so viele von seinen Eltern. Er starrte auf Marjories Gesicht in dem winzigen Bildschirm des Taschencomputers, den eine der Schwestern ihm geliehen hatte. Sie lächelte ihn strahlend an.
»Ich bin so stolz auf dich, Grant«, sagte Marjories Stimme aus dem Kopfhörer. »Du hast eine enorme Entdeckung gemacht und das Leben deiner Kameraden gerettet …«
Sie tat so, als hätte er alles allein gemacht, dachte Grant. Es war ihm beinahe peinlich, aber im Grunde machte es ihm nichts aus. Im Falle Marjories sonnte er sich sogar in der Wärme ihrer lächelnden Bewunderung.