Julius hieb sein Schwert in einen entblößten Nacken und wurde dann nach hinten umgerissen, als ein anderer Gegner gegen seinen Schild fiel und die Riemen an seinem Arm zerrissen. Er ließ den Schild fallen und packte seinen Angreifer blindlings mit der Linken, bis er mit der Rechten den Gladius tief in ihn hineinbohren konnte, fühlte jedoch einen Stich im Rücken, als der Mann versuchte, noch einen Hieb anzubringen. Als der Mann starb, konnte er den Knoblauch seiner letzten Mahlzeit riechen.
Rings um ihn fielen die Legionäre der Primigenia, und er sah, wie noch mehr Gladiatoren herbeieilten, um den Vorteil der Bresche zu nutzen, die noch immer nicht geschlossen war. Er schaute sich kurz um und sah mit einem Seufzer der Erleichterung, dass sich Lepidus’ Legion neu formiert hatte und zum Angriff bereitstand.
»Primigenia! Manipelordnung! Neuformieren in der Fünften!«, schrie er und tötete zwei weitere wütende Sklaven, die sich die Veränderung zunutze machen wollten, wild gegen die Linie der Primigenia anstürmten und ebenso rasch starben. Es waren so viele, und wenn nicht rasch frischere Männer nach vorne gebracht wurden, würde die Primigenia nicht mehr lange standhalten.
Brutus ließ sich zu ihm zurückfallen, und Julius empfand eine eigenartige Genugtuung, als er den Freund schwer atmen sah. Eine Zeit lang hatte Brutus schier unbesiegbar gewirkt, und es war beruhigend, zu wissen, dass auch er müde wurde, so wie alle anderen. Julius sah anerkennend, wie Lepidus’ Männer den Angriff übernahmen und den Vormarsch weitertrieben. Es war höchste Zeit, sich auf ihre ursprüngliche Position zurückzuziehen. Die linke Flanke war gesichert.
»Herr?«, sagte eine Stimme neben Julius. Er drehte den Kopf jäh zur Seite, zu angespannt, um etwas anderes als Gefahren zu sehen. Dort stand ein Zenturio ohne Helm. Ein rasch wachsender Bluterguss an der Wange und seine blutigen Unterarme zeugten davon, dass er mitten im Kampfgetümmel gewesen war.
»Was gibt es?«, fragte Julius.
»Lepidus ist tot, Herr. Es ist niemand da, der die linke Flanke kommandiert.«
Julius schloss einen Augenblick die Augen, wollte die Müdigkeit einfach vergessen, die sich mit jedem Schritt, den er sich vom Gemetzel entfernte, auf seine schmerzenden Muskeln senkte. Er sah Brutus an, der ihn anlächelte.
»Immer noch das Glückskind, Julius«, sagte er mit einer Spur von Verbitterung.
Julius packte die Hand des Freundes mit festem Griff, eine stumme Anerkennung dessen, was er aufgegeben hatte, dann wandte er sich an den wartenden Soldaten.
»Gut, Zenturio. Ich übernehme das Kommando. Bring mir den Adler, damit die Männer wissen, nach wessen Befehlen sie sich richten sollen. Und lass sie wissen, dass ich jeden Einzelnen von ihnen kreuzigen lasse, sobald das hier vorüber ist, wenn sie unter meinem Kommando noch einmal nachgeben.«
Der Zenturio sah blinzelnd in die Augen des jungen Feldherrn. Dann salutierte er und rannte los, um den Standartenträger zu holen. Vier Reihen vor ihnen tobte die Schlacht ununterbrochen weiter.
Pompeius und Crassus beobachteten den Verlauf der Schlacht vom erhöhten Aussichtspunkt der Pferderücken. Die Sonne stieg immer höher, und immer noch wimmelte es auf den Hügeln ringsum von der Armee der Sklaven. Pompeius hatte den Speerschleudern und Katapulten befohlen, weiter über die Frontlinie hinweg zu feuern, bis sie ihre gesamte Munition verschossen hatten. Nach den ersten drei Stunden waren sie verstummt, und seither hatte die Wildheit der Schlacht noch zugenommen.
Die Senatoren konnten das Geschehen in relativer Sicherheit verfolgen, mehr als hundert Fuß hinter den ersten Reihen der rechten Flanke. Eine Zenturie schützte die Stellung und ließ nur den Boten der Extraordinarii zu den beiden Feldherren. Nach einer Weile trafen die Pferde mit weißem Schweiß und Schaum bedeckt ein. Ein Reiter eilte im Laufschritt auf die Senatoren zu und salutierte makellos, trotz seiner Müdigkeit.
»Die Bresche ist geschlossen, Herr. Cäsar kommandiert die Linke. General Lepidus ist tot«, sagte er schwer atmend.
»Gut«, beschied ihn Pompeius barsch. »Das entbindet mich von der Aufgabe, den Narren nach der Schlacht zu töten. Geh hinüber zu Martius und richte ihm aus, er soll tausend Mann zu Cäsars Unterstützung hinunterbringen. Er soll ihm aber das Kommando überlassen. Ich würde sagen, er hat es sich verdient.«
Der Reiter salutierte und galoppierte durch die Wachen. Seine Erschöpfung zeigte sich nur in der Nachlässigkeit, mit der er im Sattel saß. Pompeius gab einem anderen Extraordinarius das Zeichen, näher zu kommen, und schickte sich an, den nächsten Befehl zu geben. Er warf einen Blick auf die Schlacht und versuchte, ihre Entwicklung zu beurteilen.
Er wusste, dass die Römer die Sklaven eigentlich hätten in die Flucht schlagen müssen. Tausende waren gefallen, aber sie schienen wie besessen, und die Legionen wurden allmählich müde. So sehr sie sich auch abwechselten und durch Manipelbefehle die vordersten Linien austauschten, es mangelte nirgends an ausgeruhten Feinden, die ihre Kraft und ihren Willen untergruben. Er hatte seinen Bogenschützen den Dauerbefehl gegeben, auf jeden zu schießen, der Gladiatorenrüstung trug, doch es war so gut wie unmöglich, einzelne Ziele zu treffen.
Crassus ließ den Blick über die rechte Flanke wandern, wo die Reiterei zweier Legionen sich abmühte, den beim ersten Angriff gewonnenen Boden nicht wieder preiszugeben. Pferde stießen schrille Schmerzensschreie aus, und schon strömten die ersten Männer um sie herum.
»Pompeius! Die Rechte!«, fuhr er seinen Kollegen an.
Pompeius ging das Risiko ein und entsandte einen Boten, der Verstärkung bringen sollte. Es war gefährlich, zu viele Männer aus dem Zentrum abzuziehen. Wenn es dort zum Durchbruch kam, würde die Armee in zwei Hälften geteilt werden, und das wäre das Ende. Pompeius merkte, wie so etwas wie Verzweiflung in ihm aufstieg. Diese Sklaven waren einfach unerschöpflich. Trotz allem römischen Geschicks und Disziplin sah er keine Möglichkeit, den Sieg herbeizuführen. Seine Männer töteten, bis sie erschöpft waren, und wurden dann ihrerseits niedergemacht, wieder und wieder.
Pompeius gab den Signalbläsern das Zeichen zu einem weiteren Manipelbefehl. Er zählte schon nicht mehr mit, wie oft er den Ruf hatte erschallen lassen, und er konnte sich vorstellen, wie sich seine Männer fühlten, wenn sie abermals in die vorderste Reihe gerufen wurden, noch ehe sie sich vollständig vom letzten Mal erholt hatten. Er musste die Intervalle verkürzen, um sie zu schonen, aber das bedeutete wiederum weniger Zeit zum Ausruhen.
Als ein Warnruf von rechts ertönte, wandten sich Pompeius und Crassus um. Die Sklaven hatten sich durch die Reiterei gekämpft und schwärmten jetzt vorwärts, verursachten Panik in den Reihen der Legionäre, denn jetzt drohten sie, die Flanke zu umfassen und den Soldaten sogar in den Rücken zu fallen. Pompeius stieß einen Fluch aus und rief den nächsten Reiter zu sich.
»Die Rechte soll sich in Schlachtordnung zurückziehen. Die Linke weiter nach vorne. Wir müssen das gesamte Feld drehen, ehe sie uns einschließen. Die Bläser sollen ›Rechte Kehre‹ blasen! Sofort!«
Der Mann galoppierte davon, und die beiden Feldherren ließen alle Würde fahren und knieten sich auf ihre Sättel, um einen besseren Blick auf die einsetzende Aktion zu gewinnen. Pompeius’ Hände umklammerten verkrampft und weiß die Zügel, denn er wusste, dass der Ausgang der Schlacht von dieser Entscheidung abhing. Wenn der Rückzug in Panik umschlug, würde das Sklavenheer durchbrechen und die Römer einschließen. Sein Mund war von der kalten Luft ausgetrocknet, und er atmete rasselnd.