»Ich habe verstanden, Herr. Wir laufen mit der nächsten Flut aus.«
»Ich verlasse mich darauf«, erwiderte Pompeius, bevor er mit langen Schritten zu den wartenden Soldaten zurückging.
Gaditicus sah ihm nach, dann wanderte sein Blick zu den anderen Galeeren hinaus, die den Hafen bereits verlassen hatten. Wenn sie alle die Meerenge von Sizilien ansteuerten, waren die römischen Häfen leichte Beute. Was auch immer der Senat plante, er hoffte, es war das Risiko wert.
Als der graue Abend heraufzog, fand Clodia Julius in einem dunklen Zimmer, wo er sich vorsätzlich betrank. Als sie eintrat, hob er den Kopf und sah sie teilnahmslos an.
»Bleibst du jetzt hier?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, ich muss in ein paar Tagen zurück zu Pompeius. Aber zuerst kümmere ich mich um die Begräbnisse für die beiden.« Er sprach die Worte mit schwerer Zunge, und seine Stimme klang elend, doch sie wusste nicht, was sie ihm zum Trost sagen konnte. In gewisser Weise wünschte sie ihm, dass ihn Cornelias Verlust schmerzte, weil er sie so grausam behandelt hatte, und sie musste den ganzen Rest ihrer Kraft aufbieten, um nichts zu sagen, was ihn noch mehr verletzte. Sein Gesicht verriet, dass er sich dessen selbst nur zu gut bewusst war.
»Bleibst du hier und kümmerst dich um meine Mutter und meine Tochter?«, fragte er, ohne sie anzusehen.
»Ich bin eine Sklavin«, erwiderte sie. »Ich müsste in das Haus von Senator Cinna zurückkehren.«
Jetzt suchte er ihren Blick und winkte mit einer betrunkenen Geste ab. »Dann lasse ich dich eben frei. Ich kaufe ihrem Vater deine Papiere ab. Wenigstens das kann ich noch tun, bevor ich zurückgehe. Kümmere dich um Julia. Ist Octavian hier?«
»Im Stall. Ich war nicht sicher, ob er wieder zu seiner Mutter gehen sollte, und…«
»Kümmere dich auch um ihn. Er ist von meinem Blut, ich habe ein Versprechen gegeben. Und ich halte meine Versprechen immer.« Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz. »Ich möchte, dass du hier bleibst und diesen Haushalt führst. Ich weiß nicht, wann ich zurückkomme, aber wenn es so weit ist, möchte ich, dass du mir von ihr erzählst. Du hast sie schon vor mir gekannt, und ich möchte alles wissen.«
Er war so jung, dachte sie. Jung und dumm, und er lernte gerade, dass das Leben bitter ungerecht sein konnte. Wie lange hatte sie auf die Liebe gewartet, bevor sie ihr in Gestalt von Tubruk begegnete? Cornelia hätte sie freigelassen, damit sie heiraten konnte, und Tubruk hätte sie um ihre Hand gebeten, sobald er seinen Mut zusammengerafft hätte. Jetzt gab es nichts mehr für sie, und das Mädchen, das sie schon als Neugeborenes umsorgt hatte, lag still und stumm in einem anderen Zimmer. Sobald sie ihre Kraft wiederfand, das wusste Clodia, würde sie Tubruks geschundenen Körper eigenhändig ein letztes Mal waschen und in Tücher hüllen. Aber noch nicht gleich.
»Ich bleibe«, sagte sie und fragte sich, ob er sie gehört hatte.
42
Cato stand unter einem dunklen Himmel auf dem Forum. Seine Toga war ihm von den Schultern gerissen worden und enthüllte eine Masse weißen Fleisches, auf dem die herabperlenden Wassertropfen glitzerten. Sein Rücken war von Peitschenstriemen überzogen, doch der Schmerz war nur ein dumpfer Nachhall der Wut und der Abscheu, die er für die erbärmlichen Männer empfand, die ihn zu Fall gebracht hatten. Keiner von ihnen hätte es für unter seiner Würde gehalten, zu tun, was er getan hatte, wenn sie nur die Gelegenheit dazu gehabt hätten. Und doch starrten sie ihn an und zeigten mit den Fingern auf ihn, als wären sie nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt wie er. Er musterte sie überheblich und hielt den Kopf stolz emporgereckt, auch dann noch, als der Henker mit dem langen, glänzenden Schwert in der Hand auf ihn zukam.
Pompeius sah zu, ohne sich die Freude, die ihn erfüllte, anmerken zu lassen. Er hatte sich dem Urteil des Crassus erst nach einigem Zögern angeschlossen. Er hätte es lieber gesehen, wenn man diese fetten Hände an einen Holzbalken genagelt und den Mann bis zu seinem qualvollen Tod auf dem Forum ausgestellt hätte. Ein solches Ende hätte viel besser zu Cato gepasst. Wenigstens hatte er die Genugtuung gehabt, dass Catos Familie trotz seiner verzweifelten Schreie in die Sklaverei verkauft wurde. Sein Haus war dem Senat übergeben worden, der Erlös aus dem Verkauf würde zur Finanzierung der Legionen beitragen, die Pompeius zum endgültigen Schlag gegen die Sklaven führen wollte.
Julius saß neben Pompeius und sah dem Geschehen wie betäubt zu. Der Feldherr hatte ihn triumphierend nach vorne gebeten, damit er die Hinrichtung aus nächster Nähe mit ansehen konnte, doch er fühlte nichts dabei. Es bereitete ihm keine Freude, Catos Tod mit anzusehen. Es war nicht mehr, als das Leben eines Hundes zu beenden oder ein Insekt zu zerquetschen. Der aufgedunsene Senator begriff nicht einmal, wie viel Leid er verursacht hatte, und so sehr er auch dafür leiden musste, nichts davon konnte Cornelia zurückbringen. Lass es schnell gehen, flüsterte er leise. Lass das alles zu Ende gehen.
Cato sah sich um und spuckte auf die Steine des Forums. Er sah die Senatoren und die vielen Bürger, die sich versammelt hatten, um seiner Hinrichtung beizuwohnen. Dieses eine Mal schien keine Gefahr von der Menschenmenge auszugehen. Er war bei den Bewohnern der Stadt nie besonders beliebt gewesen, als könne irgendjemand sich darum scheren, was sie dachten oder taten. Abermals spuckte er aus und schürzte angesichts des wartenden Pöbels verächtlich die Lippen. Tiere waren sie, einer wie der andere, ohne Verständnis dafür, dass es einem großen Manne zustand, das Gesetz in seinen Händen zu formen, wie es ihm beliebte. Marius hatte das gewusst, und Sulla auch. Keiner dieser anderen würde je verstehen, dass es kein Gesetz gab, außer dem, das man in Händen halten konnte.
Cato hörte Schritte, drehte sich um und sah Pompeius auf sich zukommen. Er verzog das Gesicht. Der Mann hatte nicht einmal genug Stil, ihn sterben zu lassen, ohne noch ein paar Worte des Hohns und der Verachtung an ihn zu richten. Er war zu nichts Großem geschaffen. Sulla hätte seinem Feind die Würde eines Todes in aller Zurückgezogenheit gewährt, ganz gleich, was zwischen ihnen vorgefallen sein mochte. Er war ein Mann gewesen, der begriffen hatte, was Macht wirklich bedeutete.
Pompeius beugte sich so weit vor, dass er Cato ins Ohr flüstern konnte.
»Deine Familie wird in der Sklaverei nicht lange durchhalten. Ich habe sie alle selbst gekauft«, raunte die gehässige Stimme.
Cato sah ihn kalt an.
»Germinius auch?«, fragte er.
»Er wird die letzte Schlacht nicht überleben.«
Cato musste lächeln. Er fragte sich, ob es Pompeius leichter fallen würde als ihm selbst, Julius und Brutus zu bändigen. Trotzig hob er den Kopf. Es schien ihm passend, dass sein Geschlecht mit ihm enden sollte. Er hatte von Königen aus grauer Vorzeit gehört, die befohlen hatten, ihre Familien lebendig auf ihre Scheiterhaufen zu werfen. Pompeius war ein Narr, weil er versuchte, ihm wehzutun.
»Du wirst einen Tag wie diesen erleben«, sagte er zu Pompeius. »Du bist ein zu kleiner Mann, um eine Stadt wie diese lange in der Hand zu halten.« Als Pompeius’ Gesicht sich in einem zornigen Krampf verzerrte, lachte er laut.
»Nimm dein Schwert und bring es zu Ende«, fuhr der Feldherr den Henker an, der sich tief verbeugte, während Pompeius zu den wartenden Senatoren zurückging.
Cato nickte dem Mann zu. Auf einmal fühlte er sich sehr müde, fast benommen.
»Heute nicht, Bursche. Manche Dinge muss ein Mann mit eigener Hand erledigen«, murmelte er und zog ein schweres Armband von seinem Handgelenk. Mit dem Daumen ließ er eine rasiermesserscharfe Klinge aus dessen Rand hervorgleiten und wandte sich mit höhnischem Grinsen der Menge zu. Dann schnitt er sich mit einer kurzen Handbewegung seitlich in die Kehle, durchtrennte die große Schlagader und wartete, während das Blut über seine weiße Haut sprudelte.