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Spartacus sah sie an, seine zerlumpte Armee. Alle waren hungrig und müde, wie betäubt von dem Wissen, dass ihre gewaltige Flucht quer durch das ganze Land endlich vorbei war. Trotzdem war er stolz auf sie alle.

Krixos gesellte sich zu ihm. Auch ihm war die Erschöpfung anzusehen. »Jetzt gibt es keinen Ausweg mehr, oder?«

»Nein. Ich glaube nicht. Ohne die Schiffe sind wir erledigt«, antwortete Spartacus.

Krixos ließ den Blick über die Männer rings um sie herum schweifen, die ohne Hoffnung auf dem Boden saßen oder im feinen Regen standen. »Es tut mir Leid. Wir hätten übers Gebirge ziehen sollen«, sagte er leise.

Spartacus zuckte die Achseln und lachte auf. »Aber wir haben sie ganz schön gescheucht, was?«, sagte er. »Bei den Göttern, wir haben ihnen eine Mordsangst gemacht.«

Dann schwiegen sie lange. Draußen auf dem Meer wurden die letzten Piratenschiffe verfolgt oder geentert, die Galeeren glitten unter dem Schlag ihrer langen Ruder hin und her. Der Rauch von den brennenden Decks stieg in den Regen empor, heiß und wild wie die Rache.

»Antonidus ist weg«, sagte Krixos plötzlich.

»Ich weiß. Er kam gestern Abend zu mir und wollte etwas von dem Gold.«

»Hast du es ihm gegeben?«

Spartacus zuckte die Achseln. »Warum nicht? Wenn es ihm gelingt, zu entkommen, dann viel Glück. Hier gibt es für uns nichts mehr zu gewinnen. Du solltest auch verschwinden. Vielleicht kommen ein paar von uns auf eigene Faust durch.«

»Er kommt nicht an den Legionen vorbei. Dieser verdammte Wall, den sie aufgeworfen haben, schneidet uns alle ab.«

Spartacus erhob sich.

»Dann müssen wir ihn eben durchbrechen und uns anschließend zerstreuen. Ich warte nicht darauf, bis wir hier wie die Lämmer abgeschlachtet werden. Ruf die Männer zusammen, Krix. Wir verteilen das Gold, damit jeder wenigstens ein oder zwei Stücke bekommt, und dann fliehen wir noch einmal.«

»Sie werden uns zur Strecke bringen«, meinte Krixos.

»Sie können uns nicht alle erwischen. Dazu ist das Land zu groß.«

Spartacus streckte die Hand aus, und Krixos schlug ein.

»Bis wir uns wiedersehen, Krix.«

»Bis dann.«

Es stand kein Mond am Himmel, der sich den Soldaten auf der großen Narbe, die sich von Küste zu Küste erstreckte, hätte zeigen können. Beim Anblick des Bauwerks hatte Spartacus in stummer Ungläubigkeit den Kopf darüber geschüttelt, dass ein römischer Feldherr die Dummheit begehen sollte, die Sklaven zwischen sich und dem Meer einzukesseln. In gewisser Hinsicht war es ein Anzeichen von Respekt gegenüber seinen Anhängern, dass die Legionen es nicht wagten, sie weiter zu verfolgen, sondern sich damit zufrieden gaben, dazusitzen und über ihre Gräben hinweg in die Dunkelheit zu spähen.

Spartacus lag im struppigen Gras auf dem Bauch, das Gesicht mit Erde geschwärzt. Krixos lag neben ihm, und hinter ihm war eine lange Schlange von Männern versteckt, die auf den Ruf zum Angriff warteten. Niemand hatte seinem letzten Vorschlag widersprochen. Sie alle hatten die Schiffe brennen sehen, und ihre Verzweiflung war in verbitterte Schicksalsergebenheit umgeschlagen. Der große Traum war ausgeträumt. Wie Flugsamen würden sie vom Wind verweht werden, und die Römer würden nicht einmal die Hälfte von ihnen erwischen.

»Der Graben ist so lang, dass die Linien nur sehr schwach besetzt sein können«, hatte Spartacus ihnen bei Sonnenuntergang gesagt. »Wir bohren uns wie ein Pfeil durch ihre Haut, und bevor sie sich sammeln können, sind die meisten von uns durch und in Sicherheit.«

Niemand hatte gejubelt, aber die Nachricht war ohne große Aufregung weitergegeben worden; dann hatten sich die Männer hingehockt, die Klingen geschärft und gewartet. Nachdem die Sonne untergegangen war, erhob sich Spartacus, und sie folgten ihm, trotteten geduckt durch die Dunkelheit.

Der Wall hinter dem Graben zeichnete sich als dunkle Linie im blassen Licht der Sterne am klaren Himmel ab. Krixos spähte hinüber und kniff dann die Augen zusammen, um die Züge seines Freundes auszumachen.

»Mindestens zehn Fuß hoch, und er sieht ziemlich stabil aus.« Er spürte Spartacus’ Nicken mehr als dass er es sah und ließ seinen verspannten Hals knacken. Die beiden Männer erhoben sich langsam, und Spartacus stieß einen leisen Pfiff aus, der die erste Gruppe zum Wall rief. Wie Schatten versammelten sie sich um ihn, die Stärksten unter ihnen bewaffnet mit schweren Hämmern und Äxten.

»Geht jetzt. Was sie errichtet haben, kann auch wieder niedergerissen werden«, flüsterte Spartacus, und sie machten sich mit langen, federnden Schritten auf den Weg, die Waffen zum ersten Schlag bereit. Dann erhoben sich die Männer hinter ihnen und rannten auf den römischen Wall zu.

43

Julius nahm die Schale mit Eintopf mit einem gemurmelten Dank entgegen. So weit sein Auge reichte, bedeckten die Soldaten der griechischen Legionen die Wiesen ringsumher und aßen; die dünnen weißen Rauchfäden ihrer Kochfeuer kräuselten sich in die Luft. Der Boden war lehmig, schwere Klumpen klebten an den Sandalen und ließen sie nur langsam vorankommen. Diejenigen, die Umhänge besaßen, setzten sich darauf und drehten die Innenseite nach unten, damit später, wenn sie wieder aufbrachen, die Schlammflecken nicht zu sehen waren. Viele andere saßen auf allem, was sie finden konnten: auf flachen Steinen, dürrem Gras oder einem Haufen losem Heu, das sie auf dem Lehm ausgebreitet hatten.

Julius wusste, dass die Rast nur kurz sein würde. Die Extraordinarii waren früh am Morgen von ihren Erkundungsritten zurückgekommen, und noch bevor die offizielle Nachricht die reguläre Kommandokette durchlaufen hatte, machten Gerüchte die Runde.

Die Berichte verhießen nichts Gutes. Julius hatte neben Pompeius gestanden, als der Heerführer vernommen hatte, dass die Sklavenarmee nach Norden zöge und somit auf sie zukäme – und dass keine Einzige von Crassus’ Adlerstandarten zu sehen gewesen sei. Pompeius hatte den Reiter, der die Neuigkeiten gebracht hatte, angefahren und Einzelheiten verlangt, die dieser ihm hatte nicht geben können. Wo Crassus auch sein mochte, er hatte es nicht geschafft, die Sklaven an der Küste festzuhalten. Julius überlegte, ob er wohl noch am Leben war, brachte es jedoch nicht fertig, sich sonderlich mit dieser Frage zu beschäftigen. Er hatte so viel Tod gesehen. Auf einen Senator mehr kam es bei diesem katastrophalen Feldzug nicht mehr an.

Cabera wischte seine Schale mit dem Finger aus und reichte sie den Küchenbediensteten, die durch das riesige Lager streiften. Es gab nie genug zu essen, und bis die Schüsseln verteilt waren, war das Essen meistens ebenso kalt wie der ganze Tag. Die Männer um sie herum warteten in jener schlafwandlerischen Ruhe vor der Schlacht. Keiner von ihnen hatte schon einmal gegen die Sklaven gekämpft, aber von dem üblichen Gemurmel und Geplauder war nichts zu hören. Es war nicht schwer, sich irgendwo weiter im Süden ein Feld auszumalen, ähnlich dem, auf dem sie kampierten, nur übersät von römischen Gefallenen und Krähen.

Als der Regen wieder einsetzte, seufzte Julius. Der Boden würde noch weicher werden. Gleichwohl. Das passte genau zu seiner Stimmung, der Himmel spiegelte die Niedergeschlagenheit, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Das Bild von dem bleichen Gesicht seiner Frau und dem von Fackeln erhellten Zimmer stand ihm stets deutlich vor Augen, als sähe er es immer noch. Tubruk, sogar Cato. Es kam ihm alles so schrecklich sinnlos vor. Zu Anfang hatte ihn der Kampf begeistert, als Marius noch der goldene Heerführer war, als sie wussten, dass sie für die Stadt und füreinander fochten, doch seither hatten sich die Grenzen verwischt. Er fühlte sich nur noch angewidert und von Schuld zerfressen.

Julius tauchte die Finger in den Eintopf und schob das Essen in den Mund, ohne etwas zu schmecken. Als Pelitas gestorben war, hatte er geweint, jetzt jedoch hatte er keine Tränen mehr für all die anderen. Er hatte keine Lügen mehr für sie, keine heldenhaften Reden. Die große Lüge war die gewesen, dass es überhaupt etwas gab, wofür man kämpfte.