Выбрать главу

«Er sieht neu aus», sagte der Mann und betastete zärtlich das weiche Fell.

«O ja, das ist er auch. Trotzdem möchte ich, wie gesagt, nur so viel haben, dass es bis Montag langt. Vielleicht fünfzig Dollar?»

«Fünfzig Dollar will ich Ihnen leihen.»

«Er ist hundertmal mehr wert, aber ich weiß, Sie werden ihn gut aufheben, bis ich wiederkomme.»

Der Mann öffnete eine Schublade, nahm einen Pfandschein heraus und legte ihn auf den Ladentisch. Der Schein sah aus wie einer jener Gepäckanhänger, die man an Koffern befestigt, er hatte die gleiche Form und Größe und war aus dem gleichen festen bräunlichen Papier. Nur war er in der Mitte perforiert, sodass man ihn auseinanderreißen konnte. Der Aufdruck auf der oberen Hälfte entsprach genau dem auf der unteren.

«Name?», fragte der Mann.

«Lassen Sie ihn weg. Und die Adresse auch.»

Sie sah, dass er stutzte und die Federspitze unschlüssig über der punktierten Linie schweben ließ.

«Sie brauchen doch Namen und Adresse nicht zu notieren, nicht wahr?»

Der Mann zuckte die Achseln, schüttelte den Kopf, und die Federspitze glitt zur nächsten Linie hinunter.

«Mir wäre das nämlich lieber», sagte Mrs. Bixby. «Es ist eine rein persönliche Angelegenheit, wissen Sie?»

«Dann passen Sie aber auf, dass Sie den Pfandschein nicht verlieren.»

«Oh, ich verliere ihn bestimmt nicht.»

«Ist Ihnen klar, dass jeder, der ihn in die Hände bekommt, den Gegenstand abholen kann?»

«Ja, das weiß ich.»

«Nur auf die Nummer hin.»

«Ja, ja, ich weiß.»

«Was soll ich als Beschreibung angeben?»

«Nichts, danke sehr. Eine Beschreibung ist auch nicht nötig. Setzen Sie nur die Pfandsumme ein, das genügt.»

Wieder zögerte die Federspitze, diesmal über der punktierten Linie neben dem Wort «Gegenstand».

«Sie sollten doch lieber eine Beschreibung angeben. Das erleichtert die Sache, wenn Sie den Schein etwa verkaufen möchten. Man kann ja nie wissen.»

«Ich habe nicht die Absicht, ihn zu verkaufen.»

«Vielleicht müssen Sie es mal tun. So was kommt vor.»

«Hören Sie», sagte Mrs. Bixby, «ich sitze nicht auf dem Trocknen, wie Sie zu glauben scheinen. Ich habe mein Portemonnaie verloren. Verstehen Sie das nicht?»

«Machen Sie, was Sie wollen», brummte der Mann. «Es ist Ihr Mantel.»

Plötzlich kam ihr ein unangenehmer Gedanke. «Sagen Sie, wenn keine Beschreibung auf meinem Schein steht, welche Sicherheit habe ich dann, dass Sie mir beim Auslösen meinen Mantel wiedergeben und nicht irgendetwas anderes?»

«Es geht durch die Bücher.»

«Aber ich habe ja nichts als die Nummer. Also könnten Sie mir doch jeden x-beliebigen Plunder andrehen, nicht wahr?»

«Wünschen Sie eine Beschreibung oder nicht?», fragte der Mann.

«Nein», antwortete sie. «Ich vertraue Ihnen.»

Der Mann schrieb «fünfzig Dollar» auf beide Abschnitte des Scheins, riss ihn dann längs der Perforierung durch und schob Mrs. Bixby die untere Hälfte hin. Dann nahm er eine Brieftasche aus seiner Jacke und zog fünf Zehndollarscheine heraus. «Die Zinsen betragen drei Prozent monatlich», sagte er.

«In Ordnung. Und vielen Dank. Sie geben doch gut acht auf den Mantel, ja?»

Der Mann nickte nur.

«Soll ich ihn wieder in den Karton packen?»

«Nein», knurrte er.

Mrs. Bixby drehte sich um, ging hinaus und stieg in das wartende Taxi. Zehn Minuten darauf war sie zu Hause.

«Liebling», sagte sie, während sie sich über ihren Mann beugte und ihm einen Kuss gab, «hast du mich vermisst?»

Cyril Bixby ließ die Abendzeitung sinken und blickte auf seine Armbanduhr. «Es ist zwölf und eine halbe Minute nach sechs», stellte er fest. «Du hast dich etwas verspätet, nicht wahr?»

«Ich weiß. Das liegt an diesen entsetzlichen Zügen. Von Tante Maude soll ich dich wie immer herzlich grüßen. Und jetzt muss ich unbedingt einen Schluck trinken. Du auch?»

Mr. Bixby faltete seine Zeitung zu einem sauberen Rechteck zusammen und legte sie auf die Armlehne des Sessels. Dann erhob er sich und ging zur Anrichte hinüber. Seine Frau blieb mitten im Zimmer stehen, zog ihre Handschuhe aus und beobachtete ihn genau, während sie überlegte, wie lange sie wohl warten müsse. Er kehrte ihr jetzt den Rücken zu, stand ein wenig gebückt, hielt das Messglas für den Gin dicht vor die Augen und starrte hinein wie in den Mund eines Patienten.

Merkwürdig, wie klein er immer nach dem Oberst wirkte. Der Oberst war ein großer, derber Mann und roch, wenn man ihm näher kam, ein wenig nach Meerrettich. Mr. Bixby dagegen war klein, sauber und knochig und roch eigentlich nur nach den Pfefferminzbonbons, die er lutschte, um für seine Patienten reinen Atem zu haben.

«Sieh mal, was ich gekauft habe, um den Vermouth abzumessen», sagte er und hielt einen Glasbecher mit eingravierter Skala hoch. «Damit kann ich das Quantum auf ein Milligramm genau bestimmen.»

«Wie hübsch, Liebling.»

Ich muss ihn dazu bringen, sich anders zu kleiden, sagte sie sich. Noch nie habe ich so etwas Lächerliches gesehen wie seine Anzüge. Früher hatte sie diese Jacketts mit den sechs Knöpfen und den breiten Aufschlägen schön gefunden, aber jetzt kamen sie ihr albern vor. Um so etwas zu tragen, musste man eine besondere Art von Gesicht haben, und eben das hatte Cyril nicht. Sein Schädel war lang, die Nase sehr schmal, das spitze Kinn sprang ein wenig vor, und über dem enganliegenden, altmodischen Jackett wirkte dieser Kopf wie eine Karikatur von Sam Weller. Cyril selbst schien sich allerdings für einen zweiten Beau Brummel zu halten. Wenn er in seinem Sprechzimmer Patientinnen empfing, trug er den weißen Kittel unweigerlich offen, damit die Aufmachung darunter zur Geltung kam; allem Anschein nach hoffte er auf diese Weise den Eindruck zu erwecken, er sei kein ganz ungefährlicher Mann. Mrs. Bixby aber wusste das besser. Das Gefieder war ein Bluff, es hatte nichts zu bedeuten. Sie musste immer an einen alternden Pfau denken, der über den Rasen stolziert und nur noch die Hälfte seiner Federn hat. Oder an eine dieser dummen, sich selbst befruchtenden Blumen – an Löwenzahn zum Beispiel. Löwenzahn braucht nicht befruchtet zu werden, damit er seinen Samen aussät, und all die schönen gelben Blumenblätter sind nur Zeitverschwendung, Prahlerei, Maskerade. Wie nennen es doch gleich die Biologen? Subsexuell. Löwenzahn ist subsexuell. Die Sommerbrut der Wasserflöhe übrigens auch. Wasserflöhe, Löwenzahn, Zahnärzte – das klingt ein bisschen nach Lewis Carroll, dachte Mrs. Bixby.

«Danke, Liebling», sagte sie, nahm den Martini und setzte sich auf das Sofa, ohne ihre Handtasche loszulassen. «Und was hast du gestern Abend gemacht?»

«Ich bin in der Praxis geblieben, habe ein paar Prothesen gegossen und dann meine Bücher in Ordnung gebracht.»

«Wirklich, Cyril, es ist höchste Zeit, dass du solche Arbeiten anderen Leuten überlässt. Für so etwas bist du viel zu schade. Warum gibst du die Prothesen nicht zum Techniker?»

«Ich mache sie lieber selbst. Du weißt, dass ich sehr stolz auf sie bin.»

«Natürlich, Liebling, sie sind ja auch Meisterwerke. Die besten Prothesen der Welt. Aber ich möchte nicht, dass du dich überanstrengst. Warum lässt du nicht deine Miss Pulteney die Rechnungen schreiben? Das gehört doch zu ihrer Arbeit, nicht wahr?»

«Sie schreibt sie ja auch. Aber zuerst muss ich die Preise festsetzen, denn sie weiß nicht, wer reich ist und wer nicht.»

«Der Martini ist ausgezeichnet», sagte Mrs. Bixby und stellte das Glas auf den Tisch. «Ganz ausgezeichnet.» Sie öffnete ihre Handtasche und zog ein Taschentuch heraus, als wollte sie sich die Nase putzen. «Ach, sieh mal!», rief sie beim Anblick des Pfandscheins. «Das hätte ich ja beinahe vergessen. Diesen Schein habe ich vorhin im Taxi auf dem Sitz gefunden. Es steht eine Nummer darauf, und ich habe ihn mitgenommen, weil ich dachte, es wäre vielleicht ein Lotterielos oder so etwas.»